Ernährungsmythen
Fett ist ungesund und Zucker macht süchtig – oder?
Das Angebot an Nahrungsmitteln ist so groß wie nie und ein neuer Ernährungstrend jagt den nächsten. Auf die Frage, was wirklich gesund ist und tatsächlich das Leben verlängert, scheint ein jeder seine ganz eigene Antwort zu haben. Am Ende bleibt bei vielen Verbrauchern nur Verwirrung und im Zweifelsfall hält man sich eben an bewährte Empfehlungen. Die sind meistens entweder durch Erfahrung oder die Wissenschaft erwiesen, am besten sogar durch beide. Das Problem: Viele Ernährungsempfehlungen muten bei genauerer Betrachtung eher als Ernährungsmythen an, die trotzdem bis heute unseren Umgang mit Lebensmitteln prägen.
Die Verwirrung könnte für die Verbraucher kaum größer sein: Auf jede Studie, die sich mit einem aktuellen Ernährungstrend befasst und diesen für gut befindet, folgt innerhalb kürzester Frist eine weitere Untersuchung, die das Gegenteil behauptet. In Zeiten, in denen sich viele Menschen gerne bewusster ernähren wollen - weil sie ihrem Körper etwas Gutes tun wollen oder dabei gleich noch die Umwelt schützen möchten -, wird die Suche nach der „richtigen“ Lebensmittelauswahl dadurch nicht gerade erleichtert.
Die oft widersprüchlichen Erkenntnisse zu Lebensmitteln und Ernährungsformen sind andererseits auch kein neues Phänomen. Sie zeigen eigentlich nur, dass die Ernährungswissenschaften sich mit einem ziemlich dynamischen Feld befassen und dementsprechend immer wieder neue Ergebnisse zu Tage fördern. Was gestern also noch richtig war, stellt sich morgen vielleicht schon als völlig falsch heraus oder wird zumindest stark relativiert. Bleibt also die Frage, wie man als Verbraucher seine Ernährung zwischen Fakten und Mythen überhaupt noch ausrichten soll.
Statistisch gesehen lässt sich alles verdrehen
Eines der Probleme, das sich beim Umgang mit Ernährungsstudien auftut, sind die statistischen Werte, mit denen diese arbeiten. Natürlich ist jedem, der sich auch nur oberflächlich mit dem Thema Statistik auseinandergesetzt hat klar, dass bei aller Genauigkeit und Akribie letztendlich doch kaum mehr als Näherungswerte herauskommen. Repräsentative Studien und Umfragen basieren immer noch auf einem gesellschaftlichen Ausschnitt, gepaart mit verallgemeinernden Aussagen.
Wer daher Schwierigkeiten hat, sich in einer bestimmten Statistik wiederzufinden, muss deswegen nicht überrascht sein. Toleranzen und Abweichungen gehören nun einmal dazu, schließlich sind die Menschen nur vor dem Gesetz gleich - ansonsten sind individuelle Voraussetzungen und Lebensumstände naturgemäß recht verschieden. Es geht also vor allem darum, Statistiken und Studien richtig zu lesen und zu interpretieren. Dazu nur zwei Beispiele, worauf es in diesem Zusammenhang zu achten gilt:
- Es gibt einen großen Unterschied zwischen einer Korrelation oder einer Kausalität verschiedener untersuchter Variablen. Ganz plakativ zur Veranschaulichung: Zuckerkonsum und Übergewicht. Eine Korrelation würde erst einmal nur etwas über das Verhältnis der beiden Variablen zueinander aussagen. Mehr Zucker steht dann auf der einen, eine größere Wahrscheinlichkeit von Übergewicht auf der anderen.
- Beim Betrachten von Statistiken ist auf den ersten Blick nicht immer gleich klar, wie die Messergebnisse zustande gekommen sind. Beim Nachweis von Schadstoffen etwa ist es nicht unüblich, alle Werte, die mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht mehr gemessen werden können, in der Statistik mit dem Wert Null zu versehen. Damit werden die Schadstoffmengen aber lediglich statisch gesehen nicht-existent, die Belastung ist aber nach wie vor vorhanden.
Ernährungsstudien und wie man damit umgehen sollte
Ganz ähnlich verhält es sich mit Ernährungsstudien, deren Ergebnisse ebenfalls auf verschiedenen Ebenen hinterfragt werden sollten. Besonders problematisch: Selbst Experten müssen einräumen, dass es im Prinzip keine sichere Methode gibt, mit der sich die Ergebnisse einer Studie zweifelsfrei als richtig (oder falsch) ausmachen ließen. Das macht es außerdem schwierig, relevante von irrelevanten Studien zu trennen.
Ernährungsstudien und wie man damit umgehen sollte
Ganz ähnlich verhält es sich mit Ernährungsstudien, deren Ergebnisse ebenfalls auf verschiedenen Ebenen hinterfragt werden sollten. Besonders problematisch: Selbst Experten müssen einräumen, dass es im Prinzip keine sichere Methode gibt, mit der sich die Ergebnisse einer Studie zweifelsfrei als richtig (oder falsch) ausmachen ließen. Das macht es außerdem schwierig, relevante von irrelevanten Studien zu trennen.
Es ist aber nicht nur Vorsicht bezüglich der Studienergebnisse gefragt, sondern auch im Hinblick auf die Verantwortlichen. Im Bereich Ernährung gibt es schließlich eine Menge Geld zu verdienen, weshalb es bei wissenschaftlichen Studien durchaus zu Interessenkonflikten kommen kann - oft genug geht es nicht in erster Linie um die Erkenntnisgewinnung, sondern um zielgerichtete Ergebnisse, die den Vorstellungen der Geldgeber am besten passen.
Für den Verbraucher ist es aber nicht immer möglich, die Hintergründe einer Studie im Detail in Erfahrung zu bringen. Deshalb ist die Arbeit von Internetseiten wie cochrane.org umso wichtiger, weil sie die Art von verständlichem Gesundheitswissen vermitteln, dass Verbraucher benötigen, um sich eine Meinung bilden zu können.
Eine weitere Möglichkeit, sich in dieser Richtung mit Informationen zu versorgen, ist Testing Treatments interactive. Die Seite basiert auf dem gleichnamigen Buch (im Deutschen erschienen unter „Wo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierte Medizin“), das dort zur interaktiven Nutzung vollständig zur Verfügung gestellt wird. Die Beispiele beziehen sich zwar auf medizinische Studien, vermitteln aber trotzdem einen guten Eindruck davon, worauf auch bei ernährungswissenschaftlichen Untersuchungen geachtet werden sollte.
Viele Köche verderben den Brei: Das Problem der medialen Aufarbeitung von Ernährungsfragen
Da Ernährung also ein stets populäres Thema ist, wird es selbstverständlich nicht nur von Experten behandelt, sondern auch von sämtlichen Medien. Vorbei sind die Zeiten, in denen ernährungswissenschaftliche Aufklärung vornehmlich eine Angelegenheit der einschlägigen Freizeitblättchen war, die ihrer Leserschaft im saisonalen Wechsel das breite Repertoire möglicher Diäten präsentierten. Die Printmedien tun dies natürlich auch weiterhin, ganz abgesehen von verschiedenen Magazinen, die sich mit Ernährung im Allgemeinen oder speziellen Ernährungsformen im Besonderen auseinandersetzen.
Allerdings spielen Internet und vor allem Blogs (beispielsweise die steigende Zahl von Food Blogs) eine immer größere Rolle bei der Behandlung von Ernährungsthemen. Das ist einerseits ein nicht zu übersehender Vorteil, denn die meisten Menschen suchen ohnehin dort nach Informationen. Andererseits ist genauso wenig zu übersehen, dass in vielen Bereichen eine gewisse Expertise vorausgesetzt werden muss, um fundiert Auskunft geben zu können - und die fehlt bisweilen, so dass die an sich lobenswerte Berichterstattung über neue Erkenntnisse oder Trends in vielen Fällen an den Zielgruppen vorbeiläuft.
Im schlimmsten Fall werden Ungenauigkeiten oder falsche Informationen weitergegeben, die sich dann auf digitalem Wege rasch weiterverbreiten und so zu neuen Ernährungsmythen führen. Die müssen dann erst wieder mühselig entkräftet werden, was nicht unbedingt ein einfaches Unterfangen ist. Ein Blick auf die nachfolgend vorgestellten Irrtümer und Halbwahrheiten macht schnell deutlich, wie hartnäckig sich vermeintlich gesicherte Erkenntnisse halten können, obwohl sie erwiesenermaßen nur wenig bis gar nichts mit dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu tun haben.
Populäre Ernährungsmythen
Es gibt hinsichtlich der Vielzahl der kursierenden Ernährungsmythen ein vergleichsweise einfaches Prinzip, nach dem diese unterschieden werden können: Auf der einen Seite stehen die positiven Mythen, die einen bestimmten Ernährungsaspekt als besonders gesund darstellen wollen.
Auf der anderen Seite wartet, wenig überraschend, das genaue Gegenteil: Also all jene mutmaßlichen Erkenntnisse, laut denen einige Nahrungsmittel, Nährstoffe oder gar Ernährungsweisen falsch und ungesund bis hin zu schädlich sind. (Das österreichische Testmagazin „Konsument“ hat übrigens gleich 100 davon zusammengetragen. Hier gibt es eine Leseprobe für einen kleinen Einblick.)
Die Guten
Das grundsätzliche Problem: Die meisten der hier genannten Ernährungsmythen können auf eine lange Tradition zurückblicken. Entsprechend fest verankert sind sie in den Köpfen der Menschen. Allgemeinwissen, wenn man so will, nur dass es mit dem Wissen oftmals kritisch ist. Es lohnt sich in jedem Fall, selbst über Jahrzehnte gültige Maßgaben für die Ernährung beizeiten noch einmal genauer zu betrachten. Erinnert sei an dieser nur an die Dynamik (ernährungs-)wissenschaftlicher Erkenntnisprozesse.
Mythos 1: Obst und Gemüse sind gesund
Bevor ein Aufschrei der Empörung losbricht: Mit der Bezeichnung dieser Aussage als Mythos ist keineswegs gesagt, dass Obst und Gemüse ungesund sind. Unter diesen Vorzeichen müsste man sich schließlich fragen, welche Berechtigung all die alternativen Ernährungsformen noch hätten, die hauptsächlich oder sogar ausschließlich auf pflanzliche Lebensmittel setzen.
Konkret geht es in diesem Fall um die in Deutschland schon vor etlichen Jahren initiierte Kampagne „5 am Tag“, mit der unter anderem gegen ein erhöhtes Krebsrisiko vorgegangen werden sollte. Die positive Wirkung von Obst und Gemüse bei der Krebsprophylaxe seien durch mehrere Studien bewiesen, so auch die einhellige Meinung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V.
Beim Stichwort „Studien“ muss allerdings jeder Verbraucher stutzig werden und im Interview erklärt Ernährungsexperte Uwe Knop noch einmal die Schwierigkeiten mit ernährungswissenschaftlichen Untersuchungen: Da diese als Beobachtungsstudien angelegt sind und hauptsächlich mit den schon genannten Korrelationen, Kausalitäten und Statistiken arbeiten, ist es um die harten Fakten meistens dünn bestellt.
Ebenso gut könnte der staatlich forcierte Mehrverzehr von Obst und Gemüse zu einer Erhöhung von Magen-Darm-Erkrankungen, Verstopfungs- und Durchfallsymptomen bis hin zu Blähungen geführt haben - statistisch ließe sich diese Verbindung jedenfalls herstellen (und der Anteil der deutschen Bundesbürger, die solche Beschwerden im Laufe des Jahres haben, liegt laut Statistik immerhin bei über 70 Prozent). Die Aussagekraft bleibt aber ebenso vage.
Fakt ist allerdings, dass es mitunter eine ziemliche Herausforderung sein kann, die angemahnte Tagesration Obst und Gemüse im Alltag wirklich zu sich zu nehmen. Immerhin, es scheint machbar zu sein.
Mythos 2: Superfoods haben heilende Kräfte
Augenscheinlich ist die Lebensmittelindustrie ebenfalls der Meinung, dass eine allein auf herkömmlichen Obst- und Gemüsesorten basierende Gesundheitsvorsorge nicht ausreichend ist. Zumindest lässt das seit einigen Jahren immer größere Aufkommen sogenannter Superfoods diesen Schluss zu. Wie der Name schon erahnen lässt, sind diese nämlich besser als die übliche Pflanzenkost, die es zu kaufen gibt, die ihnen zugeschriebenen Wirkungen sind schon beinahe medizinisch zu nennen.
Das ändert aber nur wenig an der Tatsache, dass hinter dem Begriff zunächst mal griffiges Marketing steckt. Wie sich Goji-Beeren, Chia-Samen und der ganze Rest der exotischen Superlebensmittel tatsächlich auf den Körper und die Gesundheit auswirken, ist meist wissenschaftlich gar nicht erwiesen. Umgekehrt ist schon länger klar, dass
- in Superfoods keine Nährstoffe enthalten sind, die nicht auch über regionale Lebensmittel dem Körper zugeführt werden können (was zu der irritierenden Bezeichnung verschiedenster Obst- und Gemüsesorten als „Superfoods“ geführt hat, wie zum Beispiel beim Grünkohl).
- Superfoods in vielerlei Hinsicht eher bedenklich sind: Das gilt zum einen für den ökologischen Bereich, denn die Superlebensmittel müssen meistens aus allen Teilen der Welt erst eingeflogen werden, bevor sie in die Supermarktregale wandern; zum anderen muss beim Kauf sehr genau darauf geachtet werden, wie das jeweilige Produkt angebaut wurde - ansonsten drohen hohe Schadstoffbelastungen, etwa durch Pestizide.
Mythos 3: Vegetarier und Veganer leben gesünder
Das ist im Grunde genommen die gleiche Diskussion wie in Mythos 1, mit leicht veränderten Vorzeichen. Hierunter fällt unter anderem die ideologische Aufladung, die das Thema Veganismus für viele Menschen hat (und zwar für Veganer wie für Fleischesser). Wenn Weltanschauungen im Spiel sind, wird eine sachliche Debatte schwierig - es geht selbst angesichts wissenschaftlicher Ergebnisse in erster Linie um die Deutungshoheit.
Bewiesen hat vor allem das eine Studie der Medizinischen Universität Graz aus dem Jahr 2014, die der Frage nach dem Zusammenhang zwischen Ernährungsform und Gesundheit/Lebensqualität nachging. Das Ergebnis in aller Kürze (zum Nachlesen die betreffende Pressemitteilung): Ernährung auf Mischkostbasis führt deutlich seltener zu einem schlechten Gesundheitsempfinden und Beschwerden als vegetarische Kost. Soweit die Beobachtung, die - wie die Verantwortlichen selbst einräumten - noch keinerlei Aussagen über kausale Zusammenhänge zulässt.
Was diese Ergebnisse hingegen sehr wohl zuließen, waren verschiedene Interpretationen, angefangen von einem vermeintlichen Beleg dafür, dass Fleisch gesund sei bis hin zum Beweis für die Vorreiterrolle veganer Ernährung, wenn es um die Gesundheit geht. Im Grunde genommen deuten beide Positionen die Studienresultate im eigenen Sinne um, denn andere Studien haben ergeben, dass ein zu hoher Verzehr von verarbeitetem Fleisch im Zusammenhang mit häufigeren Krebserkrankungen steht und dass Veganer einen sehr genauen Blick auf ihren Speiseplan brauchen, um Mangelerscheinungen von wichtigen Nährstoffen zu vermeiden.
Dabei gibt die Grazer Studie ihrerseits ein wichtiges Stichwort, wenn es um die gesunde Ernährung geht: Aber moderater Fleischkonsum ist für eine medienwirksame Interpretation dann vielleicht einfach nicht ausreichend, weder für passionierte Fleischesser noch für überzeugte Veganer.
Mythos 4: Zwei Liter Flüssigkeit sind das Minimum
Damit der Körper richtig funktioniert, ist die regelmäßige und ausreichende Flüssigkeitszufuhr unerlässlich. Allgemeinhin kommt dabei die bekannte Faustregel „zwei Liter pro Tag“ zur Anwendung. Hierbei handelt es sich aber bestenfalls um eine Orientierungsgröße, die in der gerade genannten Formulierung zudem einige nicht ganz unwichtige Faktoren außen vorlässt:
- Der Flüssigkeitsbedarf ist grundsätzlich individuell sehr verschieden. Er kann aber mit Hilfe einer einfachen Gleichung (Körpergewicht x 0,03) berechnet werden. Hier zeigen sich schon erste Unterschiede: Bei einem Körpergewicht von 60 Kilogramm liegt der tägliche Bedarf bei 1,8 Litern, mit 70 Kilogramm sind es dann schon 2,1 Liter. Noch genauer geht es übrigens mit diesem Flüssigkeitsbedarf-Rechner.
- Hinzu kommen die jeweiligen Lebensumstände: Viel Sport, schwere körperliche Arbeit oder Krankheiten sorgen für einen erheblich höheren Flüssigkeitsbedarf.
- Was nicht vergessen werden sollte: Einen guten Teil der notwendigen Flüssigkeit erhält der Körper bereits über das Essen. Flüssigkeitszufuhr und Trinken sind daher nicht synonym zu gebrauchen.
- „Möglichst viel“ zu trinken ist im Übrigen auch nicht der richtige Ansatz: Ab sechs Litern am Tag bekommt der Körper zum Teil schwerwiegende Probleme, weil die übermäßige Flüssigkeit den Salzhaushalt durcheinanderbringt und wichtige Nährstoffe und Mineralien einfach wegspült. Zu den Symptomen und Folgen gehören Wassereinlagerungen, Luftnot, Atembeschwerden, Kopfschmerzen, Schwindel, eventuell sogar Krampfanfälle.
Nebenbei bemerkt ist längst klar, dass Kaffee dem Körper keine Flüssigkeit entzieht. Diese Erkenntnis gilt inzwischen als überholt. Es spricht aber nichts dagegen, zum Kaffee ein Glas Wasser zu trinken - solange die Toleranzgrenzen des Körpers dabei beachtet werden.
Die Schlechten
Es dürfte bereits klar geworden sein, dass die Grenzen zwischen positiven und negativen Ernährungsmythen schnell verwischen können und ohnehin meist nur eine Frage des Blickwinkels sind. Dennoch lassen sich häufig immer noch Vorurteile über bestimmte Lebensmittel finden, die diese in ein denkbar schlechtes Licht stellen.
Mythos 5: Gluten ist ungesund
Steigende Zahlen von Menschen mit Zöliakie, also Glutenunverträglichkeit, und eine noch rasanter ansteigende Zahl glutenfreier Produkte erwecken leicht den Anschein, das in vielen Getreidesorten enthaltene Klebereiweiß sei für die Gesundheit eher schlecht bekömmlich. Die körperlichen Folgen im Falle einer Unverträglichkeit sind recht vielfältig, am verbreitetsten sind wohl Beschwerden im Magen-Darm-Bereich.
Um sich gar nicht erst dem Risiko auszusetzen, ebenfalls von solchen Beschwerden betroffen zu sein, verzichten viele Menschen deshalb freiwillig auf Gluten. Notwendig ist das nicht, im Gegenteil ist es bei Menschen ohne Zöliakie sogar möglich, dass sich durch eine glutenfreie Ernährung Mangelerscheinungen und andere Beschwerden einstellen. Gesünder ernährt man sich damit also nicht, wenn keine Vorbelastung vorhanden ist. Wie bei eigentlich allen Lebensmitteln ist Gluten ebenfalls gut verträglich und keineswegs ungesund.
Wer sich hinsichtlich möglicher Symptome unsicher ist oder generell auf der Suche nach Hilfestellungen ist, kann sich mit seinen Fragen beispielsweise an die Österreichische Arbeitsgemeinschaft Zöliakie wenden.
Mythos 6: Fett ist ungesund
Aufmerksame Zuschauer diverser TV-Kochformate dürften wissen: Fett ist ein Geschmacksträger. Dass Fett außerdem gesundheitsschädlich sein soll, gibt dem Ganzen dann beim Kochen noch so etwas wie den Reiz des Verbotenen - eigentlich soll man ja nicht, aber es schmeckt halt so gut.
Dabei ist ein kompletter Verzicht auf Fett ebenfalls nicht vorgesehen, besonders ungesättigte Fettsäuren sind für den Stoffwechsel und Zellenaufbau dringend benötigt. Außerdem funktioniert die Verwertung von Vitaminen am besten in Verbindung mit Fett. Vorsicht ist allerdings bei gesättigten Fettsäuren (sind vor allem in verarbeitetem Fleisch und Fleischprodukten sowie in fetthaltigen Milchprodukten enthalten) und Transfetten geboten, die bei übermäßigem Konsum für Erkrankungen von Herz und Kreislauf sorgen - auch wenn es durchaus anderslautende Studienergebnisse gibt.
Dass Fett fett macht entspricht übrigens einem ähnlichen Irrtum über die Funktionsweise des menschlichen Stoffwechsels wie die Vorstellung, tierisches Cholesterin würde eins zu eins in körpereigenes Cholesterin umgewandelt. Im Falle des Fettes sind es vor allem die Wechselwirkungen zwischen Fetten, leicht löslichen Kohlenhydraten und Insulin, die eine zügige Verwertung verhindern und stattdessen eine Einlagerung begünstigen. Fett alleine macht also nicht fett.
Mythos 7: Kohlenhydrate machen dick
Womit gleich ein nahtloser Übergang zum nächsten Mythos geschaffen ist, nämlich der Ansicht, dass vor allem Kohlenhydrate für Übergewicht verantwortlich sind. Auf dieser Grundlage funktionieren viele Diäten, für die ein Verzicht auf Kohlenhydrate ganz zentral ist. Allerdings ist vor allem unser Gehirn auf die Versorgung mit Kohlenhydraten angewiesen, es gehört im wahrsten Sinne des Wortes zu den Energiefressern im Körper.
Ob sich Kohlenhydrate negativ auf das Körpergewicht auswirken, ist unterm Strich in erster Linie eine Frage der Qualität, die sich gewissermaßen anhand des glykämischen Indexes ablesen lässt: Schnell resorbierbare Kohlenhydrate wie handelsüblicher Zucker liefern zwar schnell die benötigte Energie, bringen dabei auch den Blutzuckerspiegel gehörig durcheinander. In der Folge signalisiert der Körper sehr viel früher, dass er Nachschub braucht. Anders bei komplexen Kohlenhydraten, die genau das verhindern, weil sie für einen langsamen Anstieg des Blutzuckerspiegels sorgen.
Übrigens gilt es auch bei Zuckeralternativen, die Augen offen zu halten: Honig, Agavendicksaft oder Ahornsirup hören sich zwar gesünder an als raffinierter Zucker, unterscheiden sich in der Zusammensetzung zum Teil aber kaum. Ebenfalls kaum besser ist Fruchtzucker - der ist nämlich auch einer der schnell resorbierbaren Kohlenhydrate.
Nebenbei bemerkt: Es hält sich hartnäckig das Gerücht, Zucker könne süchtig machen. Richtig ist, dass Zucker im Gehirn ähnliche Bereiche aktiviert, wie es auch Drogen tun. Das macht Zucker aber noch lange nicht zu Kokain und eine Heißhungerattacke noch lange nicht zu einer Entzugserscheinung.
Du bist, was du isst
Die Liste ließe sich nahezu beliebig weiterführen. Unberücksichtigt geblieben sind zum Beispiel falsche Annahmen, die sich um die Verarbeitung, Lagerung oder Zubereitung von Lebensmitteln drehen - etwa die gängige Vorstellung, die Haltbarkeit durch Einfrieren nahezu unbegrenzt verlängern zu können. Ernährungsmythen sind offenbar ebenso zahlreich wie vielfältig und wissenschaftliche Untersuchungen nicht immer dazu angetan, bei den Verbrauchern für die erhoffte Klarheit zu sorgen.
Abgesehen von einer grundsätzlichen Sorgfalt bei der Auseinandersetzung mit solchen Studien und Statistiken, sollte deshalb ein sehr wichtiges Messinstrument in den Vordergrund gerückt werden: der eigene Körper. Der signalisiert am eindeutigsten, welche individuellen Bedürfnisse bestehen, wo die Grenzen liegen und was er vertragen kann. Die Folgen sind vielleicht nicht unmittelbar zu erkennen, aber darum ist es umso wichtiger, dem Körper wieder mehr Gehör zu schenken, als dessen Versorgung allein nach der Meinung Dritter zu gestalten.
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