Seifenoper Liste Pilz

Lähmendes Hacklschmeißen anstatt Kontrollkraft

Österreich
30.05.2018 13:13

Die neun Punkte, die Martha Bißmann für ihre Mandatsaufgabe zugunsten von Peter Pilz gestellt hat, haben es in sich: Nicht nur forderte die Nationalratsabgeordnete für das Räumen ihres Parlamentsplatzes im Gegenzug den Posten der Parteichefin der Liste Pilz inklusive Entschädigung in Höhe des Abgeordnetengehalts, sondern auch die Zusicherung einer Kandidatur bei den anstehenden EU-Wahlen und der nächsten Nationalratswahl. Zum Drüberstreuen wünschte sie sich außerdem Vorstandsposten für sich und zwei ihrer Parteifreunderl, den Ausschluss von Listenmitbegründer Bruno Rossmann sowie den Parteiakademievorsitz.

Die tragisch-humoristische Seifenoper der Liste Pilz schreibt ihr nächstes Kapitel. Nachdem Pilz nach den Grapsch-Vorwürfen auf sein Mandat verzichtet hat, war die ehemals grüne Bißmann in die geschützte Werkstätte des Parlaments nachgerückt. Nach der Einstellung der Ermittlungen gegen Pilz und dessen Ankündigung, wieder ins Hohe Haus zurückkehren zu wollen, war Bißmann als Nachrückerin die naheliegendste Kandidatin, um auf ihren Platz wieder zu verzichten.

Peter Pilz (Bild: APA/Hans Punz)
Peter Pilz

Zwar wären ilz und der Noch-Klubchef Peter Kolba in ihrer Verzweiflung durchaus bereit gewesen, Bißmanns Forderungen (siehe unten) zu entsprechen - was irritierend genug ist -, diese zog ihr Neun-Punkte-Angebot kurzerhand aber doch wieder zurück. Sie sehe sich „diesem Land und seiner liebenswürdigen Bevölkerung in einer Verpflichtung“, erklärt sie die unerwartete Entscheidung. Rückzieher und Doch-Nichts scheinen offenbar zum politischen Standardrepertoire der Liste Pilz zu gehören.

#notinmyname 
Immerhin möchte sie zudem ein „Vorbild für junge Frauen sein, das ermutigt, sich auch selbst politisch zu engagieren“. Denn bei den Verhandlungen sei Druck ausgeübt worden, überhaupt hätten Männer es leichter, sich untereinander zu solidarisieren, und Frauen seien im Zweifel diejenigen, die nachgeben müssen.

Martha Bißmann will ihren Sitz im Nationalrat nicht für Peter Pilz räumen. (Bild: APA/Helmut Fohringer, APA/Georg Hochmuth, listepilz.at, krone.at-Grafik)
Martha Bißmann will ihren Sitz im Nationalrat nicht für Peter Pilz räumen.

Dass Bißmann versucht, ihre politischen, karrieristischen Allmachtsfantasien - die man gut- oder schlechtheißen kann - nun mit einer weiblichen Opferhaltung gegen die „bösen Männer“ zu vermengen, beschädigt nicht nur ihre eigene Glaubwürdigkeit, sondern auch den Feminismus an sich. Ob ihr Motiv ein schlaues Verhandlungskalkül oder lediglich geldgierige Raffsucht ist, sei dahingestellt, der plattitüdenhafte Anspruch, mit ihrem Forderungskatalog nach dem Motto „Ich hol mir was mir zusteht“ auch noch ein starkes Vorbild für politische junge Frauen sein zu wollen, geht dann aber doch zu weit.

Freund, Feind, Parteifreund 
Auch abgesehen davon ist das Trauerspiel rund um die Liste Pilz ein weiterer Beitrag zur zunehmenden Politikverdrossenheit der Wähler. Wer gedacht hat, es gehe nun endlich um einen inhaltlichen Diskurs der selbst ernannten oppositionellen Kontrollkraft, wurde einmal mehr enttäuscht. Nach wie vor scheinen internes Hacklschmeißen und personelle Grabenkämpfe weit wichtiger als die Abklärung, was die Liste Pilz programmatisch eigentlich will. So unterhaltsam die Pilz-Daily-Soap auch ist - für die Diskussion, wer nun an welchem gut bezahlten Posten Platz nimmt, wurde die Liste Pilz nicht gewählt.

Gerüchten zufolge soll der Glücksspielkonzern Novomatic Ex-Grünen berufliche Aufstiegsmöglichkeiten bieten. Vielleicht wäre ein solcher Karrieresprung auch für Bißmann eine Überlegung wert - hoch pokern kann sie jedenfalls.

Katia Wagner

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