Umbruch in Spanien

Rajoy gestürzt – Sozialist Sanchez neuer Premier

Ausland
01.06.2018 10:58

Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy ist nach einem historischen Misstrauensantrag am Freitag vom Parlament abgewählt worden. Die Mehrheit der 350 Abgeordneten stimmte bei einem konstruktiven Votum für seine Ablösung. Nachfolger wird der Sozialistenchef Pedro Sanchez. Rajoy hatte sich bereits im Voraus verabschiedet: „Es ist eine Ehre, Spanien in besserem Zustand zu übergeben, als ich es übernommen habe“, sagte er im Parlament. Er sei der Erste, der Oppositionsführer Sanchez gratuliert.

Es ist das erste Mal in der demokratischen Geschichte des Landes, dass ein Ministerpräsident durch einen Misstrauensantrag gestürzt wurde. Rajoy muss nun bei König Felipe VI. vorstellig werden und seinen Rücktritt verkünden.

(Bild: AFP, krone.at-Grafik)
Mariano Rajoy bedankte sich schon vor dem Votum bei den Spaniern und wünschte seinem Nachfolger viel Glück. (Bild: AP)
Mariano Rajoy bedankte sich schon vor dem Votum bei den Spaniern und wünschte seinem Nachfolger viel Glück.

Bereits vor der Abstimmung hatte Rajoy im Parlament das Wort ergriffen und gesagt, es sei eine Ehre gewesen, spanischer Regierungschef zu sein. Er sei froh, ein besseres Spanien hinterlassen zu können, als er es bei seinem Amtsantritt vorgefunden habe, betonte er mit Blick auf den durch Reformen und Sparpläne erreichten wirtschaftlichen Aufschwung des ehemaligen Krisenlandes.

*darunter baskische und katalanische Nationalisten (Bild: APA)
*darunter baskische und katalanische Nationalisten
(Bild: AFP)

Schwere Zeiten für Sanchez
Der Sozialist Pedro Sanchez (46) ist neuer spanischer Ministerpräsident. Das Parlament in Madrid hat am Freitag dem bisherigen Regierungschef Mariano Rajoy (63) das Misstrauen ausgesprochen, indem es PSOE-Chef Sanchez zum Nachfolger wählte. Es wird erwartet, dass Sanchez sein neues Amt am Montag antreten und sein Kabinett bilden wird. Auf ihn warten allerdings schwere Zeiten, da seine Sozialistische Partei - die aus der Parlamentswahl 2016 als Verliererin hervorgegangen war - nur über 84 der 350 Sitze im Parlament verfügt. Rajoy, der seit 2011 Ministerpräsident war, führte seit der Wahl 2016 eine Minderheitsregierung. Sanchez hatte zuletzt bereits durchblicken lassen, dass er in absehbarer Zeit eine Neuwahl ausrufen will. Kolportiert wird etwa eine Zusammenlegung mit den Europawahlen im kommenden Jahr.

Pedro Sanchez (Bild: AFP)
Pedro Sanchez

„Neues Kapitel in der Geschichte“
„Heute schlagen wir ein neues Kapitel in der Geschichte der Demokratie unseres Landes auf“, sagte der ehemalige Wirtschaftsprofessor Sanchez zur Abwahl des seit 2011 amtierenden Rajoy. Sanchez, der 180 Stimmen erhielt, soll noch am Freitag offiziell zum Regierungschef ernannt werden.

Die Sozialisten wurden bei der Abstimmung vom linken Bündnis Unidos Podemos, das über 67 Sitze verfügt, und mehreren Regionalparteien - unter anderem auch aus der Krisenregion Katalonien - sowie von der baskischen PNV unterstützt. Die liberale Partei Ciudadanos, die einen Rücktritt Rajoys und eine Neuwahl gefordert hatte, stimmte für Rajoy.

(Bild: AP)

Korruptionsaffäre um Rajoys Volkspartei
Der Wirtschaftsdozent Sanchez hatte den Misstrauensantrag als Reaktion auf die Gerichtsurteile in der Korruptionsaffäre um Rajoys PP eingebracht. Der nationale Strafgerichtshof hatte die Partei in der vergangenen Woche wegen Verwicklung in den Skandal zu einer Geldstrafe von 245.000 Euro verurteilt. Mehrere frühere Parteimitglieder erhielten teils langjährige Haftstrafen.

Es ist erst der vierte Misstrauensantrag in Spanien seit dem Ende der Franco-Diktatur im Jahr 1975. Die drei vorangegangenen Anträge waren gescheitert - so zuletzt im Juni 2017 Unidos Podemos mit einem Antrag gegen Rajoy.

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