Im Londoner Exil
Todesursache von Putin-Kritiker Boris Beresowski unklar
Beresowskis Sprecher in Großbritannien, Tim Bell, hatte den Tod des Oligarchen am Samstag bekannt gegeben. In Ascot in der Grafschaft Berkshire hatte der im Jahr 2000 ins Vereinigte Königreich geflohene Putin-Gegner neben London einen seiner beiden britischen Wohnsitze.
Widersprüchliche Angaben
Über die Todesursache gab es widersprüchliche Angaben. "Ich habe aus London einen Anruf erhalten, in dem mir gesagt wurde, dass sich Beresowski umgebracht hat", sagte etwa Beresowskis Anwalt Alexander Dobrowinski in Moskau dem Sender Rossiya 24, ohne zu erläutern, wer ihn angerufen hatte. Beresowskis Freund Demian Kudriawzew widersprach dieser Darstellung: "Das weiß keiner, es gibt keine äußeren Zeichen für Selbstmord." Die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti zitierte eine andere Quelle aus dem Umfeld Beresowskis, wonach der Oligarch an einem "Infarkt" gestorben sei.
Beresowski war mit dem Kreml-Gegner und ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter Alexander Litwinenko befreundet. Dieser war 2006 an einer Vergiftung mit der radioaktiven Substanz Polonium 210 gestorben, nachdem er in einem Londoner Hotel mit einem russischen Agenten und einem Geschäftsmann Tee getrunken hatte. Im Dezember teilte die britische Justiz mit, die Behörden hätten ausreichend Beweise für eine Verwicklung Russlands in den Gifttod des Ex-Agenten.
Medien hatten zuletzt außerdem über massive finanzielle Probleme Beresowskis geschrieben. Unter anderem soll er mehrere Werke aus seiner großen Kunstsammlung zum Verkauf angeboten haben. Ein Werk von Andy Warhol, das seinem Besitz zugerechnet wurde, war erst in der vergangenen Woche beim Auktionshaus Christie's für 133.000 britische Pfund unter den Hammer gekommen. Auch Beresowskis Anwalt erklärte, sein Mandant sei zuletzt in einem "furchtbaren Zustand" und "völlig überschuldet" gewesen.
Milliardenvermögen durch Privatisierungen
Beresowski war in den 1990er-Jahren während der Privatisierungen unter Präsident Boris Jelzin zu seinem Vermögen gekommen und galt zur damaligen Zeit als graue Eminenz des Kreml. Nach dem Amtsantritt Putins fiel er bei der neuen Führung in Ungnade. 2003 erhielt Beresowski in Großbritannien politisches Asyl. Die russische Justiz beantragte mehrfach vergeblich die Auslieferung des Milliardärs.
Die russischen Behörden warfen Beresowski im vergangenen Jahr Anstiftung zu "massiven Störungen" vor. Er habe dazu aufgerufen, die Rückkehr Putins in den Kreml zu verhindern. Dabei sei es auch zu Gewalt gekommen. Durch seine öffentlichen Protestaufrufe habe der Oligarch Putins Comeback als Präsident "auf illegale Weise" hintertreiben wollen.
"Kriminellen Putin stoppen"
Beresowski hatte im vergangenen April in einem offenen Brief eine finanzielle Belohnung für Personen ausgelobt, die "den gefährlichen Kriminellen Putin stoppen". Seine Landsleute forderte er dazu auf, den Festzug Putins zu dessen Vereidigung am Einzug in den Kreml zu hindern.
Der Brief wurde zunächst auf der Website des russischen Radiosenders "Moskauer Echo" veröffentlicht, später aber wegen einer angedrohten Strafverfolgung entfernt. Über Beresowskis Blog war er jedoch weiterhin einsehbar.
Laut eigenen Angaben hatte Beresowski 1999 bei der Auswahl von Putin als Nachfolger Jelzins seine Finger im Spiel - damals noch als Förderer des aufstrebenden Putin. Wie zahlreiche andere Oligarchen überwarf er sich jedoch in den Folgejahren mit dem zunehmend mächtiger werdenden Präsidenten. Von London aus schmiedete Beresowski dann Allianzen mit prominenten Putin-Gegnern wie dem Öl-Magnaten Michail Chodorkowski (siehe Infobox).
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