Kreativ in der Krise

Zypern: Präsident lockt reiche Russen mit EU-Reisepass

Ausland
15.04.2013 13:08
In der Krise wächst die Kreativität: Dies hat nun auch der zypriotische Präsident Nikos Anastasiades unter Beweis gestellt. Er bot Ausländern, die durch die Bedingungen für die umstrittenen EU-Hilfen mindestens drei Millionen Euro verloren haben, die zypriotische - und damit die europäische - Staatsbürgerschaft an. Sein Lockangebot dürfte vor allem an die vielen reichen Russen gerichtet sein, die sich auf der Mittelmeerinsel niedergelassen haben.

Sein Angebot unterbreitete der krisengeschüttelte Staatschef am Sonntag russischen Geschäftsleuten in der Küstenstadt Limassol. Seine Regierung arbeite derzeit an einer Reihe von Maßnahmen, um den "Schaden für die russische Business-Gemeinde" zu begrenzen, so Anastasiades (links im Bild mit dem Chef der Bank of Moscow) in der zweitgrößten Stadt Zyperns, in der sich viele Russen niedergelassen haben - und die deshalb den Spitznamen "Limassolgrad" trägt.

Zypern will mit Maßnahme auch neue Anleger anlocken
Zypern will Ausländer mit gelockerten Bedingungen für eine Staatsbürgerschaft außerdem zu Investitionen in dem Euro-Krisenland bewegen. Anastasiades zufolge könnten Anleger ab einer Investition von drei Millionen Euro künftig die zypriotische Staatsbürgerschaft erlangen. Bisher lag die Summe bei zehn Millionen Euro.

Wie die Nachrichtenagentur dpa am Montag berichete, soll außerdem allen Ausländern die Staatsbürgerschaft gegeben werden, die auf Zypern Immobilien haben oder kaufen werden, deren Wert 15 Millionen Euro übertrifft. Die entsprechenden Erlässe für die Vergabe der Staatsbürgerschaft sollen bei einer Sitzung des zypriotischen Ministerrates am Dienstag ausgegeben werden.

EU-Staatsbürgerschaft für Russen interessant
Eine EU-Staatsbürgerschaft ist für viele Russen unter anderem wegen der für russische Staatsbürger geltenden Visa-Beschränkungen interessant. Die Ratingagentur Moody's schätzte die Einlagen von Russen bei zypriotischen Banken zuletzt auf insgesamt 31 Milliarden Euro. Wer mehr als 100.000 Euro auf einem zypriotischen Konto hat, ist von einem Zwangsabschlag von bis zu 60 Prozent betroffen. Dies war im Rahmen des Rettungsplans für die von der Pleite bedrohte Mittelmeerinsel beschlossen worden (siehe Infobox).

Liste zu verdächtigen Geldüberweisungen veröffentlicht
Für Aufregung sorgte indes am Sonntag die griechische Zeitung "Ethnos": Das Blatt veröffentlichte eine bisher geheime Liste mit den Namen von Unternehmen und Personen, die in den beiden Wochen vor der Schließung der zypriotischen Banken große Summen ins Ausland überwiesen hatten. Die Nachnamen der Personen wurden allerdings geschwärzt.

Das zypriotische Parlament prüft seit einer Woche die Liste, die rund 6.000 Personen und Unternehmen umfasst. Auch die Staatsanwaltschaft geht Berichten nach, wonach Unternehmen nach Insider-Warnungen vor Zwangsabgaben auf Bankeinlagen rechtzeitig hohe Summen ins Ausland geschafft haben sollen. Dabei soll es um Gelder in Höhe von rund 700 Millionen Euro gehen.

Analysten meinten aber, es werde sehr schwierig sein, herauszufinden, von wem mögliche Insider-Informationen stammten. Jeder Unternehmer könne bekräftigen, er habe die Zwangsabgabe auf Geldeinlagen durch wiederholte Aussagen von Entscheidungsträgern in Europa kommen sehen, sagte ein Mitarbeiter einer der größten Anwaltskanzleien in Nikosia der Nachrichtenagentur dpa.

Grünes Licht für Notkredite
Die Euro-Staaten und der Internationale Währungsfonds hatten Zypern Ende März Notkredite in der Höhe von zehn Milliarden Euro zugesagt. Am vergangenen Freitag gaben die Euro-Finanzminister grünes Licht für das Paket - um den gesamten Finanzbedarf des Inselstaates zu decken, sind inzwischen aber 23 Milliarden Euro statt der bisher angenommenen 17 Milliarden notwendig.

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