"Top-Lobbyist"

Geheimer Brief belastet Gusenbauer

Österreich
15.06.2015 22:37
"Strictly confidential" steht ganz oben auf dem Brief eines Wiener Star-Anwalts an den kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew. In diesem Papier lobt der Jurist Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer zum Kopf und Chef-Anwerber seines Lobbyisten-Clubs hoch. Das Schreiben bringt Gusenbauer noch mehr in Schwierigkeiten. Jetzt meint Anwalt Gabriel Lansky: "Eine Fälschung." Ins gleiche Horn stieß am Abend auch Gusenbauer in der "ZiB 2".

Die Verteidigungslinie Gusenbauers war bisher klar: Er hat stets betont, dass er "als Privatmann für die Entwicklung Kasachstans" engagiert worden sei. Seine mit 400.000 Euro jährlich bezahlte Tätigkeit habe "absolut nichts" mit dem jahrelangen Krimi um den in Wien verhafteten und am 24. Februar in der Justizanstalt Josefstadt verstorbenen kasachischen Ex-Botschafter Rakhat Aliyev zu tun.

Der jetzt dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" und der "Krone" vorliegende Brief ist bei dieser Verteidigungsstrategie nicht wirklich hilfreich: Darin soll der SPÖ-nahe Star-Anwalt Gabriel Lansky, der als Mastermind des Lobbying-Netzwerks für den kasachischen Autokraten gilt, Nursultan Nasarbajew auf drei Seiten seinen Plan erklärt haben.

Nach einer für mitteleuropäische Verhältnisse peinlichen Lobhudelei geht der Anwalt dann ins Detail: "Aliyev arbeitet erfolgreich daran, eine negative Meinung über seine Heimat, aus der er unter Schande vertrieben wurde, zu erschaffen." Deshalb sollten "soziale Strukturen geschaffen werden, die öffentlich die verbrecherische Tätigkeit desavouieren (widerrufen)".

"Dieser Brief kommt von einem Kriminellen"
Wenige Zeilen weiter wird vorgeschlagen, "einen politischen Club" aufzustellen. Ein "anschauliches Beispiel" dafür sei "das erfolgreiche Lobbying des Projektes 'Nord-Stream' vom Ex-Kanzler Deutschlands, Herrn (Gerhard, Anm.) Schröder".

Und im Mail wird Gusenbauer als idealer Chef angepriesen, "aber nicht nur, weil er ein intelligenter Politiker und Ökonom" sei: "Ein bedeutender Faktor (der unter anderem auch die Position des europäischen und österreichischen Rechtschutzsystems beeinflussen kann), ist die Tatsache, dass Rakhat Aliyev in seinem erlogenem Buch sich auf die Position von Herrn Dr. Gusenbauer stützt." Wie berichtet, war der Kanzler stets gegen die Auslieferung Aliyevs an Kasachstan. Der neue Nasarbajew-Fan Gusenbauer war so als neutraler Fürsprecher des geflüchteten Regimekritikers in seiner neuen Rolle besonders glaubwürdig.

"Dieser Brief ist nicht von mir", beteuert aber Anwalt Gabriel Lansky. Er meint: "Ein krimineller Mitarbeiter hat mir den Computerserver gestohlen, der Brief muss von ihm gefälscht worden sein." Außerdem hätten "Leute mit sehr viel Geld Interesse, den noch laufenden Prozess in der Causa Aliyev zu ihren Gunsten zu beeinflussen".

Zu den weiteren 699.999 Mails, die ebenfalls bei ihm abgefischt worden sind und an den "Spiegel" gingen, könne Lansky nichts sagen: "Sie müssen mir da schon glauben." Dass auch er Probleme mit der Justiz hat, bestreitet der Anwalt gar nicht - auch nicht, dass er sogar einen Staatsanwalt beschatten ließ: "Das ist doch eine alte Geschichte."

Auch Gusenbauer spricht von Fälschung
"Ich stelle klar, dass ich mich weder mit einem Journalisten, noch mit einem Richter, noch mit einem Beamten, noch mit sonst irgendjemand, der mit diesem Fall zu tun hat, jemals mit der Causa Aliyev auseinandergesetzt habe. Ich habe darauf niemals einen Einfluss genommen", sagte Gusenbauer im Interview mit der "ZiB 2". Der nun aufgetauchte Brief sei eine Fälschung.

Gemeinsam mit seinen Kollegen im internationalen Beraterkreis trage er lediglich dazu bei, dass in Kasachstan Reformen durchgeführt würden und dass es zu internationalen Vereinbarungen, nicht zuletzt auch mit der Europäischen Union komme, erklärte Gusenbauer seine Beratertätigkeit für die kasachische Regierung.

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