Virtual Reality hat sich von einer verrückten Idee zu einer Industriesparte entwickelt. Sich mit einer 3D-Brille auf dem Kopf durch virtuelle Welten zu bewegen ist nichts Ungewöhnliches mehr, zahlreiche Firmen auf der ganzen Welt bieten das nötige Equipment dafür an. Doch die bisher verfügbaren Systeme funktionieren alle auf ähnliche Weise: Die Kopfbewegungen der User werden mit Kameras erfasst, an einen zentralen Computer gesendet und dann wird das angezeigte Bild entsprechend berechnet. Eine neue Technologie der TU Wien soll das ändern.
Beim neuen Konzept, das an der TU Wien entwickelt wurde, trägt jeder User Kamera und Computerhardware mit sich herum - das ermöglicht eine viel höhere Flexibilität und ganz neue Anwendungsmöglichkeiten. "Virtuelle Welten mit überschaubarer Größe zu schaffen, ist heute kein Problem mehr", sagt Hannes Kaufmann, Leiter der Forschungsgruppe "Virtual and Augmented Reality". Längst kann man zu Hause im Wohnzimmer passende Kameras installieren, eine VR-Brille aufsetzen und in die virtuelle Welt eintauchen.
Doch in manchen Fällen hilft diese Technik nicht weiter: Der Bereich, den die Kameras im Blick behalten können, ist begrenzt. Will man auf großen Flächen virtuelle Welten aufbauen, oder möchte man mit einer größeren Zahl anderer Leute gleichzeitig unterwegs sein, braucht man bessere Methoden.
Einfach, günstig und trotzdem leistungsfähig
"Mit dem Ziel, solche neuen Methoden zu entwickeln, hat uns die Firma Illusion Walk kontaktiert", sagt Hannes Kaufmann. "Gemeinsam forschen wir seit über zwei Jahren und haben eine einfache, kostengünstige und sehr leistungsfähige Lösung gefunden und entwickelt - das ImmersiveDeck."
Kameras an der Wand sind nicht mehr nötig, dafür kommt eine Weitwinkel-Kamera direkt auf die Virtual-Reality-Brille des Users. Die Orientierung im Raum funktioniert über QR-Codes, die an den Wänden und an der Decke des Raumes angebracht sind. Eine Vielzahl von QR-Codes werden von der Kamera gleichzeitig gelesen, daraus kann sehr genau die Position errechnet werden. Bewegungssensoren an Armen und Beinen sorgen dafür, dass die Körperhaltung ständig bekannt ist, die User können ihren eigenen Körper oder die Körperhaltung ihrer Mitspieler in Echtzeit sehen.
Laptop im Rucksack
Die nötige Computerhardware trägt man in einem eigens für solche Anwendungen entwickelten Rucksack mit sich herum - man braucht somit keinen zentralen Computer mehr, der die Bilder berechnet. "Dadurch erreichen wir eine minimale Latenzzeit und eine flüssige Darstellung von bis zu 90 Bildern in der Sekunde", sagt Kaufmann. "Störende Kabel und mögliche Fehler in der Datenübertragung werden von vornherein vermieden." Auf diese Weise könnten sich problemlos mehrere Nutzer gleichzeitig in der virtuellen Welt bewegen. Mit Kameras an der Wand wäre das kaum möglich, sobald eine Person die andere verdeckt.
Vielfältige Einsatzmöglichkeiten
Auf einem 600 Quadratmeter großen Gelände in Wien wurde das neue System erfolgreich getestet. Anwendungsideen für extragroße virtuelle Realitäten gibt es viele: "Man könnte damit auf kostengünstige Weise extrem lebensnahes Training ermöglichen - zum Beispiel für Feuerwehrleute, oder auch für Spezialpersonal in Fabriken", meint Kaufmann. "Auch für die Architektur ist das spannend: Man könnte in Zukunft einen Blick in eine neue Bahnhofshalle werfen und in ihr herumspazieren, noch bevor die Baugrube ausgehoben ist." Im Museum könnten die Besucher ganz einfach die Ausstellung Ihrer Wahl anschauen oder interaktiv Wissen abfragen.
Natürlich bietet diese Technik auch ganz neue Möglichkeiten für Unterhaltung und Spiele - mehrere Personen können in einer virtuellen Welt gemeinsam Abenteuer bestehen oder gegeneinander antreten.
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