Notwehr bei Einbruch

Jäger erschoss Flüchtling – Verfahren eingestellt

Ausland
28.12.2016 13:22

Ende April wurde ein 18-jähriger Flüchtling aus Albanien bei einem Einbruch im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen vom Hausbesitzer mit einem Kopfschuss getötet. Die Einstellung des Verfahrens gegen den 63-Jährigen wurde jetzt von der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft bestätigt. Die Justiz wertet das Verhalten des Jägers trotz eines Verstoßes gegen das Waffengesetz als Notwehr, berichteten deutsche Medien. Dem Notwehrargument folgen die Gerichte in Deutschland in solchen Fällen allerdings nicht immer.

Der Albaner war ein in der nordrhein-westfälischen Stadt Herford untergebrachter Flüchtling, der 2015 unbegleitet nach Deutschland gekommen war. Er hatte gerade erst seinen 18. Geburtstag gefeiert, als er sich dazu entschloss, in der Nacht zum 26. April 2016 in der Ortschaft Neuenrade in ein Haus einzubrechen. Dass der Besitzer des Hauses ein Jäger war, sollte dem jungen Mann zum Verhängnis werden.

Der Jäger und seine Frau wurden durch Geräusche aus einem Raum neben dem Schlafzimmer aus dem Schlaf gerissen. Der 63-Jährige habe seine Pistole genommen und sei in das Nebenzimmer gegangenen, berichtete "Focus Online". Dort sei er eigener Aussage zufolge plötzlich einem oder mehreren Tätern gegenübergestanden. "Es ließ sich nicht eindeutig klären, ob es ein oder mehrere Einbrecher waren, vermutlich war noch ein zweiter dabei", sagte Bernd Maas, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Hagen.

Jäger mit Taschenlampe geblendet - Schuss traf Einbrecher am Kopf
Der Besitzer soll jedenfalls mit einer Taschenlampe geblendet worden sein und sich angegriffen gefühlt haben. Beim späteren Polizeiverhör erklärte der 63-Jährige, dass der Albaner ein Messer in der Hand gehalten habe. Er sei deshalb in Panik geraten und habe auf den 18-Jährigen geschossen. Die Kugel aus der Pistole des Jägers traf den Kopf des Einbrechers, der lebensgefährlich verletzt wurde und kurze Zeit später im Krankenhaus starb. Der Komplize, der mit dem Albaner im Haus gewesen sein soll, konnte bis heute nicht gefasst werden.

Das Messer des Einbrechers sollte sich als Multi-Tool herausstellen, an dem sich diverses Werkzeug befand. Im Zuge der Ermittlungen wurde zudem festgestellt, dass der Jäger zwar zum Tragen der Pistole berechtigt war, die Kurzwaffe aber nicht sachgerecht in einem verschlossenen Waffenschrank aufbewahrt hatte - die Waffe lag vielmehr griffbereit in der Nähe seines Bettes. Gegen den Jäger wurde deshalb in einem getrennten Verfahren wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz ermittelt.

Gericht sieht "Prinzip der Notwehr"
Die zuständige Staatsanwaltschaft stufte das Verhalten des Jägers letztlich als Notwehr ein, das Verfahren gegen ihn wurde deshalb eingestellt. Auch was den Kopfschuss betrifft, wollte die Staatsanwaltschaft dem Jäger keinen Vorwurf machen. "Unter den gegebenen Umständen galt das Prinzip der Notwehr, bei dem der Angegriffene nicht verpflichtet ist, Risiken bei seiner Verteidigung einzugehen", so Maas.

Eine andere Situation hätte sich demnach ergeben, wenn der Einbrecher bei Tag erwischt worden wäre. Dann, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft, wäre es sogar die Pflicht des Jägers gewesen, den Angreifer lediglich kampfunfähig zu machen und ihm etwa in die Beine zu schießen. "Diese Einschätzung hat nach der Beschwerde (die Familie des Albaners hatte gegen die Einstellung des Verfahrens berufen) auch die Generalstaatsanwaltschaft geteilt und unsere Entscheidung, das Verfahren einzustellen, bestätigt", sagte Maas.

(Bild: dapd/Ronny Hartmann)

Gerichte folgen Notwehrargument nicht immer
Laut Recherchen der "Neuen Westfälischen" folgen die Gerichte in Deutschland dem Notwehrargument aber nicht immer: So war 2015 ein 18-jähriger Einbrecher in Hannover von einem Sportschützen getötet worden. Der junge Moldawier hatte mit mehreren Komplizen versucht, in das Haus des Schützen einzudringen, hatte allerdings bereits die Flucht angetreten, als ihn der tödliche Schuss traf. Der 41-jährige Familienvater wurde wegen Totschlags zu drei Jahren Haft verurteilt. Das Gericht argumentierte: Er hätte sich im letzten Moment anders entscheiden müssen.

In einem anderen Fall wurde ein zur Tatzeit 77-Jähriger von fünf Jugendlichen ausgeraubt, misshandelt und mit einer Waffe bedroht. Er erschoss, wie er sagte, aus Angst um sein Leben einen der Täter, der erst 16 Jahre alt war. Der Pensionist wurde später wegen Totschlags zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

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