Rund 7000 Menschen aus aller Welt haben am Sonntag in Mauthausen der Befreiung des ehemaligen Konzentrationslagers und seiner 49 Außenlager zu Kriegsende vor 72 Jahren gedacht. Die Veranstaltung, die europaweit größte ihrer Art, stand unter dem Motto "Internationalität verbindet". Erstmals gestalteten Jugendliche einen Empfang für Überlebende.
Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen Komitees Österreich, sagte, man habe das heurige Thema mit Bedacht gewählt. Nationale Perspektiven seien derzeit bestimmend. "Mit der Erhöhung der eigenen Wichtigkeit werden andere Positionen lächerlich gemacht", warnte er. Internationalität werde als Bedrohung nationaler Interessen gesehen. All den Zweiflern an der Idee Europa und Hetzern stellte er die NS-Opfer gegenüber, die "internationale Solidarität bewiesen haben in einer Situation, die wir nicht in der Lage sind, uns vorzustellen".
Das offizielle Österreich war durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Nationalratspräsidentin Doris Bures, Bundeskanzler Christian Kern (beide SPÖ), Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, Innenminister Wolfgang Sobotka, Justizminister Wolfgang Brandstetter (alle ÖVP), Bildungsministerin Sonja Hammerschmid, Sozialminister Alois Stöger und Staatssekretärin Muna Duzdar (alle SPÖ) vertreten.
"Wir müssen gemeinsam an einer Welt arbeiten, in der Menschenrechte, Freiheit und Respekt gewährleistet sind", sagte Van der Bellen. "Mit Nationalismus, mit der Verletzung der Würde des Menschen, mit der Ablehnung gegenüber allem Fremden löst man kein einziges Problem. Man schafft neue", erklärte er in einer Aussendung des Mauthausen Komitees.
Bundeskanzler Kern betonte in der Aussendung, "das Gedenken ist uns Verpflichtung und Auftrag". Nationalismus, Chauvinismus und Rassismus, "die auch heute wieder ihre hässlichen Fratzen zeigen, müssen wir mit unseren stärksten Waffen entgegentreten", so Kern: "Der Solidarität, der Toleranz und der Zivilcourage, diese Werte stolz zu leben."
"Das Gedenken in Mauthausen ermahnt uns alljährlich an unsere Verantwortung, alles dafür zu tun, damit sich das dunkelste Kapitel unserer Geschichte nicht wiederholt", sagte Vizekanzler Mitterlehner. Auch 72 Jahre nach der Befreiung des größten nationalsozialistischen Konzentrationslagers auf österreichischem Boden sei die Pflege der Erinnerung wichtig: "Wir müssen wachsam bleiben und brauchen dafür auch eine aktive Erinnerungskultur, um Rückschlüsse für Gegenwart und Zukunft zu ziehen."
Das seit 2006 jährlich wechselnde Motto soll vor allem für junge Menschen durch die Auseinandersetzung mit der Zeit und Ideologie des Nationalsozialismus einen Bezug zu ihrer Erfahrungswelt herstellen. Wie schon im Vorjahr zogen die Delegationen der verschiedenen Opferverbände gemeinsam vom Appellplatz des Lagers aus. Anschließend richtete die Gedenkstätte gemeinsam mit Jugendlichen einen Empfang zum Thema "Wir sind die nächste Generation" zu Ehren aller Überlebenden aus. "Es ist uns wichtig, dass Jugendliche verstehen, was hier passiert ist und was den Ort heute ausmacht", sagte Barbara Glück, die Leiterin der Gedenkstätte. Die 16- bis 17-Jährigen übermittelten ihre persönliche Antwort auf die Frage "Was hat das mit mir zu tun".
In Mauthausen und seinen Nebenlagern waren rund 200.000 Personen interniert, mindestens 90.000 von ihnen starben. Am 5. Mai 1945 trafen erstmals Einheiten der US-Armee ein und befreiten die Überlebenden.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.