Am 14. Juli 1995 hat der deutsche Elektrotechniker Karlheinz Brandenburg vom Fraunhofer-Institut für integrierte Schaltungen die Musikwelt für immer verändert: Er erschuf nach jahrelanger Forschung das Dateiformat MP3. Damit gelang es in Zeiten langsamer Modem- und DSL-Verbindungen, Musik so stark zu komprimieren, dass sie problemlos über das Internet verbreitet werden konnte. Der Beginn einer beispiellosen Erfolgsgeschichte. Doch die Zeit der MP3 ist abgelaufen. Das Dateiformat wurde nun offiziell eingestellt.
Eigentlich ist das alt-ehrwürdige Dateiformat MP3 immer noch omnipräsent. Wer Musik auf seinem Smartphone lagert, tut dies mit großer Wahrscheinlichkeit im MP3-Format. Internetradios und Streaming-Dienste gäbe es nicht, hätte Brandenburg nicht Mitte der Neunziger mit einer radikalen Kompressionsmethode, bei der vieles einfach weg gelassen wird, die durchschnittliche Größe einer digitalen Musikdatei um den Faktor zehn geschrumpft.
Entwicklung der MP3 offiziell eingestellt
Über 20 Jahre hat die MP3 unser Leben musikalisch geprägt, jetzt ist sie aber tot. Ihre Schöpfer haben die Entwicklung offiziell eingestellt. Das Fraunhofer Institut begründet den Schritt so: "Die meisten modernen Medienangebote, etwa Streaming oder TV- und Radioübertragung, nutzen moderne ISO-MPEG-Codecs wie die AAC-Familie oder zukünftig MPEG-H. Sie liefern mehr Funktionen und höhere Audioqualität bei weit niedrigeren Bitraten im Vergleich zu MP3."
Letzten Endes ist das Ende der MP3 damit nur symbolisch. Wie das IT-Portal "Gizmodo" meldet, ist der ebenfalls vom Fraunhofer Institut mitentwickelte MP3-Nachfolger AAC heute längst der neue Standard bei komprimierten Musikdateien. Und nach heutigen Maßstäben ist die Audioqualität der MP3 im Vergleich zu modernen Formaten wie AAC ohnehin nicht gerade optimal.
MP3 hat die Musikindustrie grundlegend verändert
Nostalgische Gefühle dürfte das Ende der MP3 trotzdem bei vielen Internetnutzern auslösen. Immerhin führte das Dateiformat die Musikindustrie in eine ganz neue Ära. Glatt lief der Übergang nicht gerade: Zunächst verteufelte man das neue Format, weil es in seinen Anfangsjahren auch einen beispiellosen Boom bei illegalen Musikdownloads auslöste.
Man erinnere sich nur an den juristischen Krieg, den die Rocker von Metallica im Jahr 2000 gegen die Tauschbörse Napster führten oder den Kopierschutz-Wahn gegen illegale Kopien, durch den manch Silberscheibe ihre akustische Fracht nicht mehr im Autoradio preisgeben wollte. Es dauerte Jahre, bis legale Angebote wie Apples iTunes oder heutige Streamingdienste die Vorzüge der MP3 mit tragfähigen Geschäftsmodellen kombinierten.
Die MP3 sorgte aber auch bei den Herstellern von Abspielgeräten für frischen Wind. Erst durch das MP3-Format mit seinen geradezu winzigen Dateien entstand ein Boom bei kleinen Abspielgeräten, deren prominentester Vertreter wohl Apples iPod war. Die klassische Hi-Fi-Branche passte sich an: MP3-CDs, auf denen Hunderte Lieder Platz finden, schluckt heute fast jede Stereoanlage, oftmals wird Musik auch von USB-Sticks oder Netzwerkquellen abgespielt. Verdienste, für die man sich wohl noch in Jahrzehnten an das kompakte Musikformat aus Deutschland erinnern wird.
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