Nachdem Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) ein Auftrittsverbot gegenüber dem türkischen Wirtschaftminister Nihat Zeybekci ausgesprochen hat, gehen die Wogen in der Türkei hoch. Medien, die Staatschef Recep Tayyip Erdogan und seiner Partei AKP nahestehen, sprachen von einem "Skandal". Ein TV-Journalist meinte sogar: "Das alles geschieht, weil Österreich hinter dem Putschversuch steht."
"Hürriyet", die meistverkaufte Zeitung in der Türkei, schrieb von einem "Skandal". Der Erdogan-nahe Sender A Haber fügte hinzu, Kurz' Vorgehensweise sei "arrogant", und wetterte, dass "jede Woche hier PKK-Veranstaltungen geduldet" würden, wie der "Kurier" am Montagabend berichtete.
Kulturgemeinde appelliert an "Empathie und Respekt"
Die Türkische Kulturgemeinde in Österreich (TKG) formulierte es etwas diplomatischer und rief zum Verständnis zwischen den beiden Ländern auf. Sie sollten "Empathie und Respekt zu inneren Angelegenheiten, besonders in diesen schwierigen Zeiten, zeigen", heißt es in einer TKG-Aussendung vom Montag.
Einen Hauch von Kritik gab es aber doch: Der 15. Juli 2017 sei "für Millionen Menschen in der Türkei und auch im Ausland ein wichtiger und schmerzlicher Tag, egal auf welcher Seite man steht. In Österreich leben über 300.000 Menschen aus der Türkei, die gerade wegen des letzten Referendums in der Türkei in den letzten fünf Jahren mit mehreren Demonstrationen auf den Straßen Wiens Bezug auf die Türkei nahmen."
Aufgrund dieser Demonstrationen seien "Menschen aus der Türkei mit immensen Schwierigkeiten konfrontiert" worden, so die TKG. "Es entstanden Probleme, die die Bereiche Integration und Zusammenleben in Österreich massiv erschwerten. Viele Menschen fühlen sich verfolgt, erpresst und in ihrer freien Meinungsäußerung massiv eingeschränkt."
Kurz: "Öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet"
Kurz selbst betonte am Montag, die Türkei sei "jederzeit zu bilateralen Gesprächen willkommen". "Aber dass ausschließlich ein öffentlicher Auftritt abgehalten wird, lasse ich nicht zu, da die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet wird."
Gedenkfeierlichkeiten zum Putschversuch in der Türkei
Am Dienstag beginnen in der Türkei die Feierlichkeiten zum Gedenken an den Putschversuch im vergangenen Jahr. Eine Woche lang wollen sich die Türken jeden Abend in sogenannten Demokratiewachen auf den Straßen und Plätzen versammeln, um an den gescheiterten Putsch vom 15. Juli 2016 zu erinnern. Höhepunkt ist eine Ansprache von Präsident Erdogan im Parlament im Ankara am frühen Sonntagmorgen um 2.32 Uhr (1.32 Uhr MEZ). Das ist genau der Moment, als die Putschisten vor einem Jahr das Parlament bombardierten. Zudem soll wie in der Putschnacht ein besonderer Gebetsruf von den Minaretten der Moscheen erklingen.
Massives Vorgehen der Behörden
In der Putschnacht und nach der Niederschlagung des Aufstands von Teilen des Militärs hatte Erdogan seine Anhänger ebenfalls dazu aufgerufen, auf die Straße zu gehen. Die türkische Führung macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Umsturzversuch verantwortlich. Die Behörden gehen seitdem gegen vermeintliche Gülen-Anhänger und andere Oppositionelle vor. Mehr als 50.000 Menschen wurden verhaftet, über 100.000 Staatsbedienstete entlassen oder suspendiert und zahlreiche Medien geschlossen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.