Miete nicht bezahlt
Betrugsverdacht: Wiener Asylheim vor Räumung
Im ehemaligen Hotel "Bianca" in Wien-Favoriten haben 90 Flüchtlinge, davon 45 unbegleitete Minderjährige, ein Zuhause gefunden. Jetzt droht die Zwangsräumung, weil der Betreiber des Heims seit sechs Monaten keine Miete mehr bezahlt hat. Der Fonds Soziales Wien fördert den betreffenden Verein allerdings weiterhin: mit 129.600 Euro monatlich. Der Verdacht: Sozialbetrug im großen Stil - und mangelnde Kontrolle.
Richard S., 57, ist Architekt und wollte eigentlich etwas Gutes tun. Deshalb vermietete er sein Hotel, nach Tochter Bianca benannt, im März letzten Jahres an einen Verein, der sich um Flüchtlinge kümmert. Im Web wirbt die Gruppe mit der Aussicht auf Integration.
Keine Miete seit sechs Monaten
Im April zogen in der Favoritener Unterkunft die ersten Flüchtlinge ein. Der Obmann des Vereins habe die Miete von 45.000 Euro für 40 Wohneinheiten mit 1800 Quadratmetern von Anfang an schon schleppend überwiesen. Seit sechs Monaten zahlt der Verein nun gar keine Miete mehr. Der Besitzer des Gebäudes hat Klage eingereicht, der Mietvertrag wurde gekündigt, es droht eine Zwangsräumung. Das Bemerkenswerte: Der Fonds Soziales Wien zahlt trotzdem weiterhin Fördergelder an den Vereinsobmann.
Richard S. hatte den FSW bereits im Mai dieses Jahres auf die Missstände aufmerksam gemacht. Dieser überprüfte daraufhin die "zweckmäßige Verwendung von Fördermitteln". Weil es sich aber um "mietrechtliche Streitigkeiten" handle, könne keine weitergehende Intervention stattfinden. Der Hausbesitzer wittert Sozialbetrug. "Ich glaube, hier werden Fördergelder missbraucht", so S. gegenüber krone.at. Und er erhebt auch den Vorwurf mangelnder Kontrolle.
krone.at stattete der Flüchtlingseinrichtung einen Besuch ab. Der Heimleiter erkannte den Hausbesitzer nicht und komplimentierte ihn hinaus - und informierte schließlich den Vereinsobmann. Dieser gab krone.at ein Interview, will aber nicht gezeigt oder genannt werden. Auch ein Schild oder Logo des Vereins sucht man an seiner Adresse vergeblich. Drei Unternehmen sind im "Vereinsbüro" angeführt, wovon zwei eine andere Anschrift haben.
Vereinsleiter: "Exorbitanter Quadratmeter-Mietpreis"
Für den Chef der Gruppe ist der "exorbitante Quadratmeter-Mietpreis" schuld am Dilemma. Zu spät sei er draufgekommen: "Es ist nicht so, als ob wir die Miete jetzt eingestellt haben, weil sie zu hoch ist, weil dann hätte ich sowieso ein Jahr lang nicht zahlen dürfen. Sondern: Die Miete war extrem hoch. Dann haben wir gesagt, das bekämpfen wir. Wir haben ein Schreiben an die Schlichtungsstelle geschickt und dann wird einer gewinnen, entweder er (Richard S.) oder wir." Für den Vereinsobmann gehe es "ums Prinzip": "Hätte ich nicht gegengerechnet, würde ich nie und nimmer zu dem Geld kommen, das steht fest."
Allerdings: Die Miethöhe wurde im Vorfeld mit vereinbart - und von MA11 und FSW genehmigt. Richard S. bezeichnet der Obmann als "Geschäftemacher". Falls der Verein die Miete doch zahlen müsse, könne er das problemlos, versichert er uns.
Schon ungefähr zwei Millionen Euro erhalten
Wohl auch, weil man vom Fonds Soziales Wien genug Geld bekommt: Pro erwachsenen Flüchtling 19 Euro pro Tag, pro unbegleiteten Minderjährigen 77 Euro pro Tag. Macht bei insgesamt 90 Flüchtlingen eine monatliche Förderung in Höhe 129.600 Euro. Dafür muss der Verein Unterkunft, Verpflegung und Taschengeld bestreiten. Bis dato hat man laut Verträgen rund zwei Millionen Euro vom Fonds Soziales Wien bekommen. Auf Anfrage bestätigte FSW, dass die Förderungen auch jetzt noch ausbezahlt werden - nun werde allerdings erneut geprüft.
Am 11. September geht das Verfahren in die nächste Runde. Richard S.: "Wenn es bis September so weitergeht, sind es insgesamt 360.000 Euro, die mir der Verein schuldet. Das Liebste wäre mir, es würde keine Räumung geben und ein anderer - seriöser - Verein übernähme mein Hotel."
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