Schnelle Franzosen

Peugeot 308: In GTi und Racing Cup am Ascari-Track

Motor
17.07.2017 16:44

Warum nicht einen Rennwagen als Alltagsauto fahren? Also, nix Arges, einen Kompaktwagen halt. Der Peugeot 308 Racing Cup schaut mit ein bisschen Wohlwollen aus wie ein getunter 308 GTi. So einen fetten Flügel hat z. B. auch ein Honda Civic Type R und die Leistung ist mit 308 PS auch nicht besorgniserregend hoch (gut, dass er nicht 3008 heißt). Ich habe beide über den Ascari-Racetrack in der Nähe von Ronda gescheucht.

Schon der zivile Peugeot 308 GTi, der gerade gemeinsam mit den Standard-Varianten überarbeitet wurde, ist keine Karre von Traurigkeit, sondern ein ambitionierter Sportler: 272 PS werden an die Vorderräder geleitet und ein mechanisches Torsen-Differenzial sorgt dafür, dass sie über die 19-Zöller mit 235er Michelin Pilot Super Sport ihren Weg in den Boden finden, statt an der Lenkung zu zerren. Das fährt sich so spielerisch, dass ich den Franzosen ungehemmt über die Strecke prügle. Die Klimaanlage überlässt relativ bald alle Kraft dem Antrieb. Brav so, ich will volle Leistung.

Der Motorsound ist entweder harmlos oder künstlich, weil er im Sportmodus über die Lautsprecher verstärkt wird. Das Triebwerk zieht mit 330 Nm schon unter 2000 Touren gut durch, dreht aber auch so flott hoch, dass ich immer wieder bei rund 6700/min in den Drehzahlbegrenzer rausche. In 6,0 Sekunden ist der 1205 kg leichte Franzose auf 100 km/h, bei 250 km/h wird abgeregelt - was mir hier in Ascari egal ist, dafür sind die Geraden eh zu kurz. Viel wichtiger ist mir, dass das eigentlich durchaus komfortable Fahrwerk auf der Rennstrecke ganz gute Arbeit leistet. Natürlich würde sich das ein Rennfahrer härter wünschen, aber ich pfeife hier ganz ordentlich um die Ecken. Ich muss nur aufpassen, dass mich beim harten Anbremsen nicht das Heck überholt, das naturgemäß leicht wird. Also vor dem Bremsen aus der schnellen Daytona-Kurve vor der Hill unbedingt Stabilität in das Ganze bringen.

Gutes Thema: Die Bremsen sind erstaunlich gut und lassen auch nach mehreren Runden bei von 30 auf 42 Grad steigenden Lufttemperaturen kaum nach. Vorne rotieren immerhin 380er-Scheiben, hinten messen sie 268 mm. Lenkung und Getriebe zeigen ein wenig die Grenzen des Kompromisses zwischen Straße und Strecke auf. Die im GTi obligatorische Handschaltung geht relativ lange Wege und ich bleibe hin und wieder beim Schalten hängen. Die Lenkung dürfte für die Rennstrecke eine Spur direkter und verbindlicher sein, geht aber in Ordnung.

Und was ist neu?
Alles, was dem Fahrspaß dient, ist geblieben, wie es war, und doch hat sich einiges getan. So hat der Peugeot 308 GTi jetzt eine neue Schnauze, die den Motor besonders gut mit Kühlluft versorgt, eine flachere Motorhaube, serienmäßige LED-Scheinwerfer und Heckleuchten, die mit ihrer Signatur dem nachfolgenden Verkehr die Löwenkrallen zeigen. Die Lackierung meines Testwagens, vorne blau und hinten schwarz, ist auch neu; bisher gab es die Kombination nur rot/schwarz.

Auf der Abkühlrunde, während die Klimaautomatik wieder ihren Dienst aufnimmt, habe ich eine Auge für weitere Neuerungen: Im sportlich gestalteten Innenraum mit seinen formidablen Sitzen fällt das neue Touchscreen-Navitainment auf, die über dem kleinen Lenkrad liegenden Instrumente kennen wir bereits. Neu sind Assistenzsysteme wie Spurhalter oder Verkehrszeichenerkennung mit Tempomatanbindung. Auto-Notbremsassistent und Adaptiv-Tempomat bleiben aber den zivilen Versionen vorbehalten.

In der Boxengasse angekommen, steige ich entspannt aus, setze mich noch kurz nach hinten auf die Rückbank. Ja, viel Platz, auch im 420 bis 1228 Liter großen Kofferraum.

Und dann finde ich mich plötzlich im Peugeot 308 Racing Cup wieder!

Unter dem Getöse der Rennauspuffanlage und des rennsportüberarbeiteten 1,6-Liter-Turbomotors rolle ich aus der Boxengasse auf die Strecke. Der Sound ist echt, da kommt nichts aus den Lautsprechern. Wie auch, es gibt ja keine. Andere Musik als die französischen Fanfaren könnte man ohnehin nicht hören.

Vollgas kann so schön sein! Ich knalle mit den kantigen Schaltpaddles die Gänge rein, es gibt deren sechs, und der Renn-Peugeot zieht unfassbar an, schließlich haben es die 308 PS nur mit 1100 kg Leergewicht zu tun (und mein Beifahrer wiegt nicht viel). Ich rase auf eine Kurve zu, stemme mich mit dem Bein aufs Bremspedal, damit der Wagen auch rechtzeitig genug verzögert - es gibt keinen Bremskraftverstärker. ABS auch nicht. Wozu auch? Die Michelin-Pilot-Sport-Slicks kleben sowieso schwarz wie Pech auf dem Asphalt.

Vor das Vergnügen den Schweiß gestellt
Mit jedem Meter vergesse ich mehr, was es für eine Prozedur war, einzusteigen: Mein Beifahrer, FIA-GT3-Rennfahrer Dino Lunardi, bestand darauf, dass ich einen feuerfesten Rennanzug samt Helm trage (kein Spaß bei mittlerweile 42 Grad im Schatten). Da macht es wenigstens nichts, dass ich mir beim Reinklettern den Kopf am Überrollkäfig anhaue. Ein Bein rein, dann den Körper in die Rennschale geworfen, das linke Bein hinterher, Sechspunktgurt angelegt und festgezurrt, schon klemme ich im Peugeot wie ein auf dem Rücken liegender Käfer.

Dann den gelben Power-Knopf auf dem Dashbord drücken, warten, bis Pumpen, Rechner & Co rennen, anschließend erweckt der rote Startknopf die Maschine zum Leben. Ein Zug am rechten Paddle legt erst dann den ersten Gang ein, als ich zusätzlich das Kupplungspedal trete und den grünen Neutral-Knopf am Lenkrad drücke. Anfahren verlangt einen seeehr gefühlvollen Kupplungsfuß.

Mittlerweile schieße ich über die Strecke, der 308 Racing Cup carvt um die Kurven, wie wenn er innen im Radius einen Anker werfen würde. Die Lenkung ist ultradirekt, das Fahrwerk bretthart. Eiche rustikal. Oder noch was Härteres. Kein Schaukeln, kein Wanken das mir sagt: "He, du bist schon ganz schön schnell!" Dabei bin ich sogar schon viel schneller und trainiere schon wieder den rechten Oberschenkel an der Beinpresse im Fußraum.

Untersteuern ist abgeschafft, ich verliebe mich in den Frontantrieb. "Das Problem ist hier nie die Front, sondern immer das Heck", erklärt mir Dino. "Da ist kein Gewicht, weil alles vorn ist." (63% vorn, 37% hinten) Wenn einem beim Bremsen das Heck leicht wird und zum Überholen ansetzt, muss man schnell reagieren, und zwar im richtigen Maß, weil der Peugeot 308 Racing Cup genau das macht, was der Fahrer ihm sagt. Und das auch im vollen Ausmaß. Also: feine, ruhige Reaktion! Konzentration in jedem einzelnen Moment ist gefragt, sonst richtet man Flurschaden an. Und nicht überall auf der Ascari-Strecke gibt es Auslaufzonen. Wie im richtigen Leben.

Ich drehe einige heiße Runden. Richtig heiße Runden, denn es ist Arbeit, hier schnell zu sein, außerdem gibt es keine Klimaanlage. Habe ich schon erwähnt, dass es 42 Grad im Schatten hat? Trotzdem könnte ich hier ewig meine Runden ziehen, immer weiter lernen, was das Auto von mir will, bis ich irgendwann dehydriert zusammenbreche. Ähnlich wie ein Kind, das nach Ewigkeiten im Wasser nicht merkt, wie es friert, obwohl es am ganzen Leib zittert und die Lippen schon ganz blau sind.

Beim Aussteigen verbrenne ich mir fast die Hand, weil ich mich am unverkleideten Mitteltunnel abstütze, der brennheiß ist. Irgendwie schäle ich mich aus dem Überrollkäfig, schaffe es ohne Schuhlöffel aus der Sitzschale, gegen Kopfschmerzen habe ich noch den Helm. Unterm Anzug bin ich nass, aber glücklich. Aber Alltag mit dem 308 Racing Cup? No way.

Unterm Strich
Es ist ein nachhaltig begeisterndes Erlebnis, mit einem echten Rennwagen unterwegs zu sein; für jeden Tag, im Alltag, ist das nichts. Nicht nur wegen nur zwei Sitzen und null Kofferraum. Also lieber den Peugeot 308 GTi nehmen und ab und zu ein Spaßwochenende buchen, wie z.B. beim Projekt Spielberg am Red Bull Ring. Der GTi ist inkl. NoVA ab 39.450 Euro zu haben. Das ist ein bissl mehr, als der VW Golf GTI Performance kostet, dem fehlen aber auch 27 PS und die opulente Ausstattung. Und der 308 Racing Cup? Kostet 74.900 Euro plus Steuer. NoVA fällt nicht an - Straßenzulassung ausgeschlossen. Aber das Thema hat sich eh schon erledigt.

Warum?

  • Gute Ausstattung
  • Starker Motor - trotz geringem Hubraum
  • Gute Fahreigenschaften

Warum nicht?

  • Der Motorsound haut mich nicht vom Hocker.

Oder vielleicht …

… Honda Civic Type R - der kommt dem Racing Cup noch am nächsten.

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(Bild: KMM)
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