Sein Kommentar über "Asylanten in Nike-Leiberln, Diesel-Jeans und Smartphones" bringt den "EU-Bauer" des Villacher Faschings in die Bredouille. Mit Conny Bischofberger spricht Manfred Tisal (63) über die Freiheit des Narren, Applaus von rechts und anonyme Morddrohungen.
In "Staubers Stadtschenke" servieren die Kellnerinnen das Mittagsmenü. Auch der Villacher Bürgermeister sitzt da. Als Manfred Tisal mit seiner Frau Daniela das Lokal betritt, blicken alle von ihren Tellern auf. Viele kommen im Lauf des "Krone"-Interviews an unseren Tisch, geben dem "EU-Bauern" die Hand. "Danke für Ihren Mut", sagen sie. Oder: "Recht hobn S' ghobt!" Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) findet nicht, dass Tisal recht gehabt hat, er vermisst eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema Zuwanderung.
Ein einziges Posting auf Facebook, in dem Tisal sich über "Asylanten in Adidas-Schuhen, Nike-Leiberln, Diesel-Jeans und Smartphones" geärgert hatte, erreichte Hunderttausende - und löste eine nie da gewesene Diskussion über Flüchtlinge aus.
Gegen eine Kärntnerin, die auf der Facebook-Seite des "EU-Bauern" "Sozialschmarotzern, Vergewaltigern und Gutmenschen" das KZ und den IS gewünscht hatte, ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft Klagenfurt wegen des Verdachts der Verhetzung. Im Gespräch bedauert der Kärntner Komödiant solche Kommentare, nimmt jedoch nichts von seiner Kritik zurück. Im Gegenteil - er legt sogar noch nach. Ehefrau Daniela wirkt hingegen sehr besorgt.
"Krone": Herr Tisal, der ORF Kärnten hat Ihre satirischen "Kuhmentare" vorläufig auf Eis gelegt. Befürchten Sie, dass Sie jetzt auch beim Villacher Fasching Probleme bekommen werden?
Manfred Tisal: Wir hatten am Mittwochabend eine Programmausschuss-Sitzung. Dort habe ich das Thema zur Sprache gebracht. Ich habe gesagt: Wenn ihr glaubt, dass die Villacher Faschingsgilde durch mich eine Rufschädigung hat, bin ich gerne bereit zurückzutreten. Alle haben einstimmig abgelehnt, obwohl nicht alle meine Meinungen teilen. Und dass mein "Kuhmentar" am Freitag im ORF nicht gesendet wurde, hatte andere Gründe.
Welche denn?
Da gibt es eine generelle Weisung aus Wien, dass acht Wochen vor der Wahl nichts Politisches mehr gesendet werden darf, das hat mit meinem Posting also nichts zu tun. Am Dienstag gibt es eine Besprechung im Landesstudio, da weiß ich dann mehr.
In Ihrem Posting bezeichnen Sie Flüchtlinge als "politisch legitimierte Sozialschmarotzer". Wie meinen Sie das bitte?
Ganz einfach. Ein Schmarotzer ist jemand, der sich aus einem Topf bedient, zu dem er keinen Zugriff haben sollte. Eigentlich war mein Posting kein Angriff auf Migranten, sondern auf unsere Politik, die es seit 2015 nicht schafft, eine Lösung für dieses Problem herbeizuführen. Die Migranten, Flüchtlinge, Asylanten, wie man sie auch immer nennt, kosten uns über acht Milliarden Euro, und unsere eigenen Leute, die ein Leben lang gearbeitet haben, speist man vor den Wahlen noch schnell mit einer Pensionserhöhung von 2,2 Prozent ab. Und darauf sind unsere Volksvertreter auch noch stolz.
Was haben Sie gegen Flüchtlinge? Österreich muss sie ja versorgen und integrieren, wenn sie Asylstatus bekommen.
Ich habe gar nichts gegen sie, ich habe am Anfang, wie sie über Spielfeld und den Karawankentunnel gekommen sind, sogar Kleidung verteilt, ich habe auch gespendet. Flüchtlingen, die in Not sind, soll geholfen werden. Aber nicht diesen Wirtschaftsflüchtlingen, die über unser Land herfallen. Da muss eine Regelung her, das zu unterbinden oder wenigstens streng zu limitieren.
Kann ein Flüchtling nicht auch beides sein? Er kommt aus dem Krieg und möchte gleichzeitig in einem Land leben, in dem er es besser hat.
Wenn es ihm darum geht, mehr Geld zu haben, dann muss die Politik entscheiden, ob man das zulässt. Wir können uns nicht überschwemmen lassen von Männern, die Frauen nicht einmal die Hand geben. Nicht alle, aber manche. Da findet auch eine schleichende Unterwanderung unserer Gesellschaft statt. Und wer mich deswegen jetzt ins rechte Eck stellen will, den warne ich. Denn ich bin überzeugt, dass 90 Prozent der Österreicher dieser Meinung sind.
Sind Sie rechts?
Ich kann mit dem Wort "rechts" nichts anfangen. So wie im Straßenverkehr gibt's auch in der Politik Rechts- und Linkskurven. Manchmal ist eine Rechtskurve nötig, manchmal eine Linkskurve. Meisten, wenn es um die eigene Haut geht.
Jedenfalls bekommen Sie Applaus von rechts.
Mir geht es aber um Rechtsempfinden, nicht um eine Partei. Um den Sinn für Gerechtigkeit. Warum wird heute jeder, der rechts steht, gleich als Nazi bezeichnet? Nur weil man seine Meinung hat, das ist doch schlimm! Apropos Meinung: Es gibt jetzt übrigens eine Seite auf Facebook, die heißt "Meinungsfreiheit für den EU-Bauern".
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache haben Sie auch auf Ihrer Seite. Ist Ihnen das recht?
Was sollte ich dagegen haben, wenn Strache mir zustimmt, dass es keine Meinungsfreiheit mehr gibt in diesem Land? Ich finde: Jeder kann seine Meinung haben, wichtig ist, dass man miteinander diskutiert. Bitte, wir leben in einer Demokratie! Aber deswegen lasse ich mich nicht von einer Partei vereinnahmen.
Aber Sie treten auf einem Fest auf, zu dem Strache Sie eingeladen hat.
Ja, und ich kann Ihnen auch sagen, warum. Weil das mein Job ist! Ich würde auch bei Kern und Kurz auftreten und bei den Grünen, aber die werden mich nicht holen.
Haben Sie jetzt auch viele Absagen?
Ja, erst gestern wieder hat eine Gemeinde mich gebeten, von meinem Auftritt Abstand zu nehmen. Das ist schon auch existenzbedrohend, da brauchen wir gar nicht reden. Vor allem ist es traurig, dass die Familie mit hineingezogen wird. Es wird ja auch meine Frau beschimpft. Daniela Tisal wischt sich ein paar Tränen aus dem Gesicht: "Sag, dass du Morddrohungen bekommst!"
Stimmt das?
Ja, freilich. "Dir gehört der Kopf abgeschlagen." Oder: "Wenn wir dich auf der Straße erwischen, dreschen wir dich nieder und nehmen dir dein iPhone ab." Einer hat geschrieben: "Rammt ihm ein Messer rein, damit die blede Gosch'n endlich verstummt!"
Haben Sie diese Leute angezeigt?
Nein. Erstens sind diese Drohungen anonym. Die kommen über Facebook, und auf dem Profilfoto sieht man dann eine Micky Maus oder einen Engel, einen Baum oder einen Berg. Diese Leute sind doch arm im Geiste, die zerre ich doch nicht vor den Kadi.
Haben Sie keine Angst?
So dumm, dass sie mir wirklich eine Kugel in den Kopf jagen, werden sie ja nicht sein. Nein, wieso sollte ich Angst haben? Daniela Tisal sagt: "Ich schon."
Herr Tisal, Sie haben auch gegen Flüchtlinge gewettert, weil sie Markenkleidung tragen und Smartphones besitzen, und Sie behaupten, dass sie das gratis bekommen. Wo denn?
Jeden Tag erzählen mir Leute, dass Flüchtlinge in Geschäften einkaufen und dann sagen: "Zahlen Caritas". Sie haben eine Karte bei sich, von der das abgebucht wird.
Aber das stimmt doch nicht, die Caritas hat das mehrfach dementiert.
Wenn das, was ich geschrieben habe, falsch sein sollte, und die Caritas mir das Gegenteil beweist, bin ich der Erste, der sich bei aft, die das selber miterlebt haben.
Aber es könnte auch falsch sein.
Wo sollten sie sonst Nike-Leiberln, Diesel-Jeans und Smartphones herhaben? Die kommen von einem Schlauchboot, haben nichts in der Hand, und bei uns sind sie fesch und frisiert und adrett, da frage ich mich, woher sie das Geld haben. Ein faires System wäre für mich, dass sie einen Kredit bekommen, zinsenfrei, den sie später abzahlen können. Dann hätten wir nur die, die integrationswillig sind, bei uns, und sie wiederum müssten nie ein schlechtes Gewissen haben.
Treten Sie da nicht eine Neiddebatte los, die auch jenen schadet, die sich integrieren wollen?
Hut ab vor diesen Leuten. Aber nur 37 Prozent sind arbeitswillig. Unsere Politik unterscheidet leider nicht, sie legitimiert alle. Hauptsächlich junge Männer. Ich sehe nie Alte oder Frauen oder Kinder.
Warum wird Ihrer Meinung nach jetzt so heftig über Ihre Aussagen diskutiert?
Weil ich die Politik angegriffen habe. Ich war ein willkommenes Bauernopfer für die Wahlschlacht. Die Hand, die einen füttert, soll man nicht beißen, heißt es. Aber als Narr und Demokrat beiße ich auch die Fütterhand.
Wird die Affäre Ihre Arbeit beim Villacher Fasching beeinflussen?
Überhaupt nicht. Ich werde wieder als "EU-Bauer" auf die Bühne gehen, ein paar Zoten bringen, auf den einen oder andern Politiker hinhacken, aber die eigene Meinung hat beim Fasching nichts verloren.
Eignet sich der neue ÖVP-Chef Sebastian Kurz eigentlich für die Parodie?
Na ja, ein bissel was fällt einem zu jedem ein. Er hat jedenfalls schön große Ohren.
Zur Person
Geboren am 23.9.1953 in Villach. Lehre als Koch, später Redakteur und Sprecher beim Privatfernsehsender "Tele Uno". Seit 1990 tritt Manfred Tisal als "EU-Bauer" beim Villacher Fasching auf. Er gibt auch "Kuhmentare" im ORF Radio Kärnten zum Besten, veröffentlicht Bücher und CDs . Privat ist er Vater von vier Kindern und in zweiter Ehe mit Daniela, einer ehemaligen Journalistin, verheiratet.
Interview: Conny Bischofberger
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