Verjährungsfrage

Seisenbacher: Justiz bemüht sich um Auslieferung

Österreich
19.09.2017 14:00

Nachdem Ex-Judoka Peter Seisenbacher am 8. September in Kiew aus der Auslieferungshaft entlassen wurde, bemüht sich die heimische Justiz hinter den Kulissen, dass ungeachtet dessen der beantragten Auslieferung seitens der Ukraine stattgegeben wird. Man befinde sich "in Verhandlungen" mit den ukrainischen Behörden, hieß es am Dienstag.

"Die Generalstaatsanwaltschaft und das ukrainische Justizministerium prüfen derzeit, ob die gegen Seisenbacher gerichteten Vorwürfe nach ukrainischem Recht verjährt wären", so Christian Pilcanek, Strafrechts-Sektionschef im Justizminsterium. Der Doppelolympiasieger soll nach seiner aktiven Karriere in einem Wiener Judo-Verein zwischen 1997 und 2004 zwei im Tatzeitraum jeweils unmündige Mädchen missbraucht haben. Für Kindesmissbrauch sieht das ukrainische Strafgesetzbuch fünf bis acht Jahre, für Vergewaltigung zehn bis 15 Jahre Haft vor. Kindesmissbrauch verjährt nach zehn, Vergewaltigung erst nach 15 Jahren.

(Bild: npu.gov.ua, APA/Helmut Fohringer, BMI)

Heimische Justiz sucht Schlupflöcher
Im heimischen Justizministerium ist man bestrebt, die ukrainischen Kollegen auf die Schwere der Verfehlungen hinzuweisen, die Seisenbacher vorgeworfen werden. Dabei habe man vor allem auf das kindliche Alter der mutmaßlichen Opfer, den Tatzeitraum, das Ausnützen einer Vertrauensstellung als Trainer und den Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses hingewiesen. Hintergrund: Besonders schwere Fälle von Kindesmissbrauch könnten nach ukrainischem Recht unter den Vergewaltigungs-Paragrafen fallen, eine Verjährung, die Seisenbachers Überstellung nach Wien im Weg stehen könnte, wäre somit womöglich vom Tisch.

19. Dezember 2016: Das Gericht ist bereit, doch Seisenbachers Sessel bleibt leer. (Bild: APA/Helmut Fohringer)
19. Dezember 2016: Das Gericht ist bereit, doch Seisenbachers Sessel bleibt leer.

Entscheidung bei unabhängiger Richterin
Losgelöst von der Einschätzung des ukrainischen Justizministeriums liegt die Entscheidung, ob die Auslieferung genehmigt wird, letzten Endes bei einem unabhängigen Richter. Laut Pilnacek steht die Ukraine knapp vor der Ratifizierung des Vierten Zusatzprotokolls zum Auslieferungsübereinkommen, bei dem die innerstaatliche Verjährung keine Rolle mehr spielt, wenn ein ausländischer Staat auf Basis eines Europäischen bzw. Internationalen Haftbefehls um Auslieferung eines seiner Bürger ersucht.

Auf die Frage, wo sich Seisenbacher derzeit befindet, stellte Pilnacek fest: "Nach unseren Informationen hält er sich in Kiew auf und es wurde ihm der Pass abgenommen."

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