Stopp gefordert

Wirbel um Ärztekammer-Plakat mit Krebskranker

Österreich
29.09.2017 17:01

Die Wiener Ärztekammer übt - angesichts anstehender Tarifverhandlungen - in einer neuen Kampagne Kritik an der Wiener Gebietskrankenkasse. Der Slogan eines Sujets lautet: "Du kämpfst mit Krebs. Dein Arzt kämpft mit bürokratischen Hürden der Krankenkasse." Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger sowie Wiens Patientenanwältin Sigrid Pilz sind empört und fordern einen Kampagnenstopp.

Das Bild auf dem kritisierten Plakat zeigt eine krebskranke Frau. "Kranke Zukunft? Nicht mit uns Ärzten!", heißt das Motto der kürzlich angelaufenen Kampagne. "Die Verwendung von Krebskranken zur Durchsetzung eigener Interessen ist ein Tiefpunkt und überschreitet sämtliche moralischen Grenzen", kritisierte Hauptverbandsvorsitzender Alexander Biach am Freitag in einer Aussendung die "niveaulosen" Plakate: "Ich fordere den umgehenden Kampagnenstopp und eine Klarstellung."

Kampagne für Krankenkasse unverständlich
Man verhandle mit der Kammer intensiv an der Verbesserung des E-Health-Services, um Prozesse wie Befundung, Medikation, Bewilligungen und Rezeptgebührenabrechnung unbürokratischer auszugestalten. Angesichts der "wirklich guten Gespräche" sei die Kampagne umso unverständlicher.

Alexander Biach, Chef des Sozialversicherungsträger-Hauptverbands (Bild: APA/HANS PUNZ)
Alexander Biach, Chef des Sozialversicherungsträger-Hauptverbands

Empört zeigte sich auch Wiens Patientenanwältin Sigrid Pilz: "Ich bin entsetzt. Das ist unfassbar", bewertete sie im APA-Gespräch die Kammer-Aktion. Das Krebs-Sujet sei "zutiefst abzulehnen". Hier werde suggeriert, dass Ärzte keine Zeit für die Patientenbehandlung hätten, da sie im Papierkrieg mit der Kasse stünden. Pilz fordert ebenfalls einen sofortigen Kampagnenstopp und wird außerdem Beschwerde beim PR-Ethikrat einlegen, wie sie ankündigte.

Ärztekammer: "Beschönigung bringt nichts"
Johannes Steinhart, Vizepräsident der Wiener Ärztekammer und Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte, sieht die Aufregung gelassen. Man habe einmal klarmachen wollen, dass man es als Arzt mit unglaublichem Leid und schwer kranken, zuwendungsbedürftigen Patienten zu tun habe und gleichzeitig mit absurden bürokratischen Auflagen konfrontiert sei: "Beschönigung bringt nichts." Hier gebe es zu wenig Verständnis aus Teilen der Sozialversicherung und der Gesundheitspolitik, so Steinhart zur APA.

Ärztekammer-Vizepräsident Johannes Steinhart (Bild: APA/HANS PUNZ)
Ärztekammer-Vizepräsident Johannes Steinhart

Dass die Kampagne nun "Reaktionen auslöst", wertet der Ärztekammer-Vize insofern als "Erfolg". An einen Stopp denkt er folglich nicht - es sei denn, es würden Lösungen im Sinne der von der Ärztevertretung aufgestellten Forderungen angeboten.

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