Zurechnungsunfähig

Sexübergriffe in U-Bahn: 36-Jähriger enthaftet

Österreich
02.10.2017 14:57

Auf freiem Fuß befindet sich seit Montag jener 36 Jahre alter Mann, der Mitte August nach Sexübergriffen in zwei Wiener U-Bahn-Stationen festgenommen worden war. Die Begründung für die Enthaftung: Ein psychiatrisches Gutachten bescheinigt dem gebürtigen Tschechen Zurechnungsunfähigkeit. Das laufende Ermittlungsverfahren wegen sexueller Belästigung wird eingestellt. "Es gibt leider keine andere Möglichkeit. Wir sind an die Gesetze gebunden", sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, Nina Bussek.

Von Anfang an hatte die Vermutung bestanden, dass der Verdächtige psychisch krank und damit womöglich nicht schuldfähig sein könnte. Dieser Verdacht bestätigte sich laut Gerichtssprecherin Christina Salzborn nach Beiziehung des psychiatrischen Sachverständigen Karl Dantendorfer. Denn der kam zum Schluss, dass dem 36-Jährigen seine Handlungen aufgrund seiner psychischen Disposition nicht vorzuwerfen sind, weil er nicht in der Lage war, das Unrecht seines Tuns zu erkennen.

Für U-Haft keine rechtliche Basis mehr vorhanden
Mit dem vorliegenden Gutachten war keine rechtliche Basis für die weitere Aufrechterhaltung der U-Haft mehr vorhanden. Sexuelle Belästigung (Paragraf 218 StGB) ist mit maximal sechs Monaten Haft oder einer Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen bedroht. Um einen psychisch Kranken weiter anhalten und einen Antrag auf Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher auf den Weg bringen zu können, hätte dieser ein Delikt setzen müssen, das - wäre er gesund - zumindest mit einer einjährigen Freiheitsstrafe bedroht ist. Der 36-Jährige war daher zwingend freizulassen, hieß es.

(Bild: APA/HERBERT NEUBAUER (Symbolbild))

Frauen auf Rolltreppen belästigt
Der Mann - er ist besachwaltet und ohne festen Wohnsitz - steht im Verdacht, sich jeweils auf Rolltreppen hinter seine späteren Opfer gestellt und diese dann unsittlich im Intimbereich berührt zu haben. Bei einem von ihnen soll der 36-Jährige eine Art Holzprügel verwendet haben, der von der Polizei sichergestellt werden konnte. Eine 17-Jährige sowie eine 24-Jährige konnten den Tschechen als ihren Peiniger ausmachen, auch Bilder aus Überwachungskameras belegten die Übergriffe. Eine weitere Frau soll der Verdächtige bereits Wochen zuvor in aller Öffentlichkeit belästigt haben, indem er ihr zu nahe kam und sie abtastete. Als sie sich wehrte, soll er versucht haben, ihr einen Faustschlag ins Gesicht zu verpassen.

Bereits nach Festnahme Hinweise auf paranoide Schizophrenie
Der Mann weist bereits mehrere einschlägige Vorstrafen auf und saß auch schon im Gefängnis. Unmittelbar nach seiner Festnahme hatte er von der Polizei nicht einvernommen werden können. Er soll einen psychisch kranken Eindruck gemacht und sich vor den Kriminalisten in Selbstgesprächen, begleitet von grundlosem und unkontrolliertem Grinsen ergangen haben. Bereits zu diesem Zeitpunkt lagen Hinweise auf eine paranoide Schizophrenie vor.

Nach der Überstellung des 36-Jährigen in die Justizanstalt Josefstadt besserte sich dessen Zustand - vermutlich aufgrund der Verabreichung von Medikamenten, über die der Obdachlose bis dahin wohl nicht verfügte. Bei der Verhängung der U-Haft machte er erstmals Angaben zu den wider ihn erhobenen Vorwürfen, wobei er diese verharmloste und sich wunderte, dass er deshalb eingesperrt wurde.

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