Serbien besorgt
Katalonien-Referendum als “Büchse der Pandora”
Nach der einseitigen Unabhängigkeitserklärung im Kosovo nun das umstrittene Referendum in Katalonien: Die serbische Regierung beobachtet mit großer Sorge die separatistischen Entwicklungen in Spanien und warnt in diesem Zusammenhang vor einer "Büchse der Pandora", die nicht mehr geschlossen werden könne. Serbien befürchtet, dass nun auch sezessionistische Bewegungen am Balkan wieder Aufwind bekommen könnten.
Die unheilvolle sprichwörtliche Pandora-Büchse sei eigentlich bereits im Jahr 2008 geöffnet worden, als die einstige serbische Provinz Kosovo ihre Unabhängigkeit erklärte, sagte der serbische Außenminister Ivica Dacic gegenüber dem staatlichen TV-Sender RTS am Dienstag. Verstimmt ist Belgrad besonders über die Reaktion der EU-Kommission auf den Konflikt zwischen Spanien und seiner Region Katalonien. Bereits am Montag kritisierte Ministerpräsidentin Ana Brnabic den Standpunkt der EU-Kommission, die das Referendum als "nicht legal" bezeichnet hatte und erklärte, dass Katalonien und der Kosovo "nicht vergleichbar" seien.
Kommt nun Abstimmung in Republika Srpska?
Serbische Medien spekulierten am Dienstag, dass es nach dem Referendum in Katalonien auch in der bosnischen Republika Srpska eine derartige Abstimmung geben dürfte. Der Präsident der serbischen Teilrepublik von Bosnien-Herzegowina, Milorad Dodik, fordert seit Jahren immer wieder eine Abspaltung der Republika Srpska von Bosnien. Ein für kommendes Jahr geplantes umstrittenes Unabhängigkeitsreferendum wurde vor wenigen Wochen abgesagt. Nun dürfte die Idee revitalisiert werden, meinen Beobachter.
Es gebe keinen Zweifel, dass im Fall einer Volksabstimmung die Mehrheit der bosnischen Serben für die Unabhängigkeit und Vereinigung mit dem "Mutterstaat" (Serbien, Anm.), stimmen würden, schrieb die Tageszeitung "Blic" am Dienstag. Das Blatt schließt offenbar auch eine Abstimmung unter den bosnischen Kroaten nicht mehr aus.
Separatistische Bestrebungen im Kosovo
Auch im Kosovo gibt es separatistische Bestrebungen, die neuen Rückenwind bekommen könnten. Die führende Oppositionspartei Vetevendosje (Selbstbestimmung) setzt sich seit Jahren für eine Vereinigung mit Albanien ein. Die in Südserbien lebenden Albaner streben einen Anschluss an den Kosovo an. Die in drei Gemeinden - Bujanovac, Presevo und Medvedja - lebenden Albaner hatten sich bereits in den 90er-Jahren in einem von Serbien nicht anerkannten Referendum für den Anschluss an den Kosovo ausgesprochen.
Der kosovarische Premier Ramush Haradinaj soll am Montag bei einem Treffen mit einer Albaner-Delegation aus Südserbien eine rasche Regelung der Frage der kosovarischen Staatsbürgerschaft für die in Serbien lebende albanische Minderheit versprochen haben, meldeten Medien. Serbien lehnt es nach wie vor ab, die Unabhängigkeit des Kosovo anzuerkennen.
Madrid will Unabhängigkeit mit allen Mitteln verhindern
Die Regierung in Madrid will es nicht einmal so weit kommen lassen und wehrt sich gegen eine Loslösung Kataloniens vom Rest Spaniens. Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Teilnehmer des Unabhängigkeitsreferendums am Sonntag gerechtfertigt. Die Verantwortung für die Gewalt vom Sonntag liege "ausschließlich bei denen, die für den Bruch mit der Legalität und der Koexistenz geworben haben". Er kündigte an, eine Unabhängigkeitserklärung mit allen Mitteln zu verhindern.
Generalstreik: "Besatzungstruppen raus!"
Der aus Protest gegen Polizeigewalt initiierte Generalstreik in Katalonien hat am Dienstag große Teile der Region in Nordostspanien lahmgelegt. Am Ausstand beteiligten sich unter anderem Hafenarbeiter, Verkehrsbetriebe, Universitäten und Museen. Beim FC Barcelona fiel das Training aus, auch das Personal der Sagrada Familia, der berühmten Basilika in der Regionalhauptstadt, legte die Arbeit nieder.
Zehntausende Menschen folgten auch dem Aufruf zu Protesten gegen die Polizeigewalt während des Unabhängigkeitsreferendums. In Barcelona sei der Universitätsplatz zum Bersten voll, berichteten Augenzeugen am Dienstag. Die Polizei sprach von 300.000 Demonstranten. Auch in Girona fanden sich Berichten zufolge mehr als 30.000 Menschen ein. In der ganzen Stadt protestierten vor Schulen und Universitätsgebäuden Zigtausende Studenten, Schüler und andere Bürger. Sie riefen Slogans wie "Besatzungstruppen raus!" oder "Die Straßen werden immer uns gehören".
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