Erneut sind geheime Pläne aus dem Büro von Bundeskanzler Christian Kern aufgetaucht. Am Donnerstag war es nun ein abenteuerliches Konzept aus dem engsten Umfeld des SPÖ-Vorsitzenden, wie man den ORF auch mit Blick auf die Nationalratswahlen disziplinieren könnte. Mit einer schärferen Gangart gegen die öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt sollten regierungskritische Sendungen umschifft werden. In dem im Kanzleramt verfassten Papier wird sogar das machiavellistische Prinzip von "teilen und herrschen" wörtlich als Leitgedanke verwendet.
Auslöser für die Disziplinierungs-Pläne aus dem Kanzleramt gegen den ORF war die Sendung "Bürgerforum" am 14. Dezember 2016. Nach dem Geschmack von Kern und seiner Umgebung seien dabei zu viele Bürger mit regierungskritischen Fragen zu Wort gekommen. Bereits damals war zu hören, dass Kern außerordentlich verärgert über den ORF und diese Sendung gewesen sei. Daher hatte das engste Team des Kanzlers über mögliche Konsequenzen nachzudenken.
Auch Silberstein bekam Anti-ORF-Plan
Bereits am nächsten Tag haben Mitarbeiter des Regierungskabinetts ein entsprechendes Papier vorgelegt. Dieser Entwurf war als Mail auch an den damaligen Kanzler-Berater Tal Silberstein gesendet worden. Arbeitstitel der Maßnahmen gegen den Sender: "Weiterer Umgang mit dem ORF nach 'Bürgerforum'".
Sieben-Punkte-Plan
Der Katalog umfasst sieben Punkte, unter anderem die Absage eines Interviews mit der "ZiB 2" zu Neujahr und "kein Besuch der 'Pressestunde'". Auch nach der sogenannten New-Deal-Rede, die dann von Kern später als "Plan A" in Wels gehalten wurde, sollte eine ORF-"Pressestunde" verweigert werden. Wörtlich heißt es in dem Plan: "Alternativ dazu massiver Ausbau der Präsenz im Privat-TV". Deutlich intensiviert werden sollten die Auftritte des Kanzlers in den Sendern ATV, Puls 4, Servus TV und im Fernsehstudio eines Krawallblatts.
Eine Empfehlung des Kanzler-Teams an Kern: Erarbeitung eines Formats mit Puls 4, in dem der SPÖ-Chef direkt mit den Bürgern über seine politischen Absichten reden könne.
Rat an Kanzler: "Es bringt nichts, rumzuzicken"
Auch mahnende Worte an Kern finden sich in dem Mitarbeiterpapier: "Es bringt nichts, zwei Wochen rumzuzicken." Eine Verhaltensänderung des ORF erreiche man nur, wenn diese Linie konsequent und langfristig durchgezogen werde.
Geordnetes Verhältnis mit ORF vor Wahlen
In dem fünf Monate vor der Neuwahlankündigung verfassten Konzept für Kern wird deutlich darauf hingewiesen, dass "Neuwahlen erst möglich sind, wenn wir (wieder) ein geordnetes, vernünftiges Verhältnis mit dem ORF haben". Ausdrücklich ausgenommen ist das ORF-Radio, das nicht in den Maßnahmenkatalog zur Disziplinierung aufgenommen werden sollte, weil "der Gedanke teilen und herrschen wäre".
Durchaus amüsiert reagiert man im ORF auf diese am Donnerstag bekannt gewordenen Pläne aus dem Bundeskanzleramt. Wenn sich jede Partei beschwere, dass sie vom ORF schlecht behandelt werde, dann mache man offenbar etwas richtig.
Claus Pándi, Kronen Zeitung
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