Nächste Wendung in der "Dirty Campaigning"-Affäre um angeblich im Auftrag der SPÖ manipulierte Facebook-Seiten gegen ÖVP-Chef Sebastian Kurz: Der PR-Experte Peter Puller kann seine Anschuldigungen gegen die ÖVP, ihm 100.000 Euro geboten zu haben, falls er Details der Kampagne verrät, nun doch nicht beweisen. In der ÖVP hatte man seine Darstellung von Beginn an vehement zurückgewiesen. Am Freitag kündigte VP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger eine Klage gegen SPÖ und Puller an (siehe Video oben). Die SPÖ wiederum fordert den Rücktritt von Sebastian Kurz als Außenminister.
Puller, der die Gestaltung der Facebook-Seiten im Auftrag von SPÖ-Berater Tal Silberstein organisiert hat, hatte am Donnerstag erklärt, ein Pressesprecher von Kurz habe ihm bei einem Treffen im Juli 100.000 Euro für Detailinfos zu den Silberstein-Aktivitäten für die SPÖ geboten.
Man habe dabei auch versucht, ihn zu überreden, die Seiten zu wechseln und als "Spitzel" für die ÖVP tätig zu werden, so Puller, der vor Jahren für die ÖVP und danach für die NEOS gearbeitet hatte, wo während des Wien-Wahlkampfs 2015 auch seine Zusammenarbeit mit Silberstein begann. "Ich bin auf das Angebot nicht eingegangen", sagte der PR-Experte gegenüber "Presse" und "Falter". In der "ZiB 2" meinte er, er könne seine Behauptungen auch beweisen.
Puller: "Natürlich keine Summe"
Nun erklärte Puller in einem Interview im Ö1-"Morgenjournal", er habe zwar noch ein SMS von dem Mitarbeiter von Kurz gespeichert, in dem ihm "ein finanzielles Angebot" gemacht werde - allerdings bleibt er einen Beweis für die Höhe des zuvor genannten Betrages schuldig. "Es steht natürlich keine Summe drinnen, es ist tituliert als Honorar-Angebot", so Puller.
ÖVP sieht "haltlose Vorwürfe" und klagt
ÖVP-Generalsekretärin Köstinger wies die Vorwürfe erneut zurück und betonte, man hätte ja gar keine Informationen von Puller erwarten können, da man damals davon ausgegangen sei, dass er nach wie vor für die NEOS tätig war. "Es war in keinster Art und Weise ersichtlich, dass Peter Puller mittlerweile für die SPÖ gearbeitet hat." Zu Pullers Aussagen meinte sie: "Es sind haltlose Vorwürfe." Von ihm erwähnte SMS seien nicht bekannt.
"Das Maß ist voll, wir klagen", bestätigte Köstinger am Freitagvormittag in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz den bereits angekündigten Gang zur Staatsanwaltschaft. Klagen will die ÖVP sowohl die SPÖ als auch Puller selbst. Den Sozialdemokraten warf Köstinger Verhetzung und Verstoß gegen das Verbotsgesetz aufgrund teils antisemitischer Facebook-Seiten im Wahlkampf vor. Puller soll auf Unterlassung und Widerruf geklagt werden. Weiters geklagt wird wegen Kreditschädigung und übler Nachrede.
SPÖ verlangt Rücktritt von Kurz
Die SPÖ ging daraufhin in die Gegenoffensive und verlangt nun den Rücktritt von Sebastian Kurz zumindest in seiner Position als Außenminister - wegen der Vorwürfe gegen seinen Sprecher, gegen den man auch eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht habe und der von der Staatsanwaltschaft jetzt unverzüglich einvernommen werden müsste, wie der interimistische SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christoph Matznetter Freitagmittag sagte (siehe Video unten). Es gehe um den Verdacht der Bestechung sowie der Werksspionage.
Kurz: Werde "von vorne bis hinten mit Dreck beworfen"
Kurz selbst übte heftige Kritik an der SPÖ. Die Vorwürfe, wonach die ÖVP Peter Puller Geld für einen Seitenwechsel geboten haben soll, bezeichnete Kurz auf Facebook sinngemäß als Fortsetzung des "Dirty Campaigning" von Ex-SPÖ-Berater Silberstein. "Statt dass es eine Entschuldigung gibt, wird weiter versucht, uns anzupatzen", so Kurz. "Was mich in diesem Wahlkampf am meisten ärgert, ist, dass man sich gefallen lassen muss, dass man von vorne bis hinten mit Dreck beworfen wird." Seinen Anhängern schlägt der ÖVP-Chef vor, "wir lassen uns von alldem nicht beeinflussen und gehen unseren Weg - wir wollen diese Wahl gewinnen".
Kern hofft auf "des Rätsels Lösung"
Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern hatte Freitagfrüh empört auf die mögliche ÖVP-Verwicklung in die "Dirty Campaigning"-Affäre reagiert. "Naturgemäß bin ich wirklich entsetzt. Man muss das jetzt in Ruhe anschauen, was da dran ist, ob sich das erhärtet", sagte er im Ö1-"Morgenjournal" zu Pullers Ausführungen. "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass offensichtlich unsere Kampagne verkauft worden ist. Wir haben uns schon seit Längerem unseren Reim drauf gemacht. Wir werden sehen, ob das jetzt des Rätsels Lösung ist", so Kern.
Was da rund um die Spezialeinheit von Silberstein gelaufen sei, könne er nicht im Detail erklären. "Ich bin kein Detektiv, ich führe das Land, das werde ich auch weiterhin machen. Dass Informationen zum politischen Gegner geflossen sind, steht aber völlig außer Streit."
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