War es eiskalt geplant oder ein dramatischer Fehler? Wie berichtet, wurde der 20-jährige türkischstämmige Wachsoldat Ismail M. durch einen Schuss in den Kopf aus einem Sturmgewehr in einer Kaserne in Wien-Leopoldstadt getötet. Der 22-jährige Ali U. drückte den Abzug. "Ich kann mich an nichts erinnern", erklärte der Verdächtige im ersten Verhör - später tischte er eine seltsame Unfallversion auf.
Der Rekrut ruhte ahnungslos auf dem Bett, als ihn Montag um 19.15 Uhr das tödliche Projektil aus dem STG 77 in den Kopf traf. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich zwei weitere Soldaten in dem engen Container beim Schlagbaum der Erzherzog-Albrecht-Kaserne: Der Wachkommandant, der davon nichts mitbekam, weil er mit dem Rücken zum Geschehen stand, und sein Stellvertreter, der 22-jährige Todesschütze Ali U.!
Verweigerte Aussage
Der Salzburger verweigerte nach dem Schuss die Aussage. Sowohl Alko- als auch Drogentest waren negativ. Im Verhör durch die Mordermittler sagte er nur: "Ich kann mich an nichts erinnern!" Dabei wurde er zwei Monate zum Wachkommandanten ausgebildet.
"Mustergültig aufgefallen"
Der Todesschütze war im Umgang mit der Waffe gut geschult. Für seinen Ausbildner war er der "beste Soldat, den er in den letzten Jahren hatte", und sei "nur mustergültig aufgefallen", so Oberst Michael Bauer vom Bundesheer. Das 20-jährige Opfer, Ismael M. aus Wien-Brigittenau, hatte eine vierwöchige Basisausbildung erhalten und wurde drei Wochen zum Wachsoldaten ausgebildet.
Ermittlungen auf Hochtouren
Doch wie konnte sich der Schuss lösen? Fakt ist, dass das Sturmgewehr im Wachdienst stets halb geladen ist. Das bedeutet, wenn wer nur zum Test am Abzug drückt, ist der Lauf leer und es kann nichts passieren. Um eine Patrone in den Lauf zu bekommen, muss man bewusst den Spannhebel einmal zurückziehen. Dann ist sie geladen und immer noch gesichert. Ein Gutachten soll jetzt den Ablauf klären.
Wollte Zigarette rauchen
Ali U. sitzt wegen Mordverdachts in Haft. Bei einer weiteren Befragung am späten Dienstagnachmittag, tischte der 22-Jährige im Beisein seines Anwalts Manfred Arbacher-Stöger (Kanzlei Rifaat) plötzlich eine seltsame Unfallversion auf. Demnach hätte er jemanden beim Schlagbaum in die Kaserne gelassen, wäre dann in den Container zurückgekehrt. Sein Kamerad der im Bett lag hätte gefragt, ob sie eine Zigarette rauchen gehen sollten - dabei soll sich der tödliche Schuss gelöst haben.
"Die Familie des Opfers ist völlig fertig und glaubt nicht an einen Unfall", so Anwalt Philipp Winkler. "Ich fordere lückenlose Aufklärung."
Matthias Lassnig und Florian Hitz, Kronen Zeitung
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