Große Trauer

Toter Soldat: Familie zweifelt an Unfall-Version

Österreich
11.10.2017 16:27

Nach dem tragischen Tod eines Grundwehrdieners in einer Wiener Kaserne bleibt vorerst die entscheidende Frage offen: War es Mord oder ein Unfall? Während der Verdächtige bei seiner Unfall-Version festhält, zweifelt die Familie des Opfers eben diese vehement an. Der renommierte Waffenexperte Ingo Wieser soll nun per Gutachten Licht in den Fall bringen.

Er war der jüngste von vier Geschwistern, der einzige Sohn, "und ein echter Scherzkeks", erzählt Ismails Schwester Hanife im "Krone"-Interview. Wie schon sein Schwager wollte sich auch der 20-jährige verpflichten, eine Karriere beim Bundesheer einschlagen. Montagabend endete das Leben des noch so jungen Wieners auf dramatische Weise.

Ismail M. starb Montagabend durch einen Kopfschuss. (Bild: Peter Tomschi, krone.at-Grafik)
Ismail M. starb Montagabend durch einen Kopfschuss.

Schütze konnte keine Detailfragen beantworten
Die genauen Umstände müssen jetzt Gutachter, Mordermittler und die Justiz klären. Denn der Schütze Ali Ü. bleibt bei seiner abenteuerlichen Unfall-Version, konnte gleichzeitig aber bei den Einvernahmen bei Detailfragen gleich sechsmal keine Angaben machen ("Das weiß ich nicht mehr", "Ich habe keine Ahnung", "Ich kann mich nicht mehr erinnern"). Der tödliche Schuss habe sich einfach gelöst.

Doch gerade dieser Version wollen die geschockten Hinterbliebenen keinen Glauben schenken. Ismails Schwager, Deha Kaplan, kennt sich als Berufssoldat mit der Materie aus. Demnach habe der Schütze gleich fünf Grundregeln missachtet. Die letzte - nicht den Abzug betätigen - führte schließlich zum Tod des jungen Rekruten.

Anwalt Philipp Winkler, der Schwager des Toten und Anwalt Ümit Vural fordern Aufklärung. (Bild: Peter Tomschi)
Anwalt Philipp Winkler, der Schwager des Toten und Anwalt Ümit Vural fordern Aufklärung.

Bundesheer sieht klare Pflichtverletzung
Für das Bundesheer steht jedenfalls fest: Es handelt sich um eine klare Pflichtverletzung des Soldaten. "Es gibt keinerlei Erklärung, warum ein Soldat das Sturmgewehr entsichert und abdrückt. Das ist eindeutig verboten und widerspricht jeder Vorschrift. Jetzt geht es um die Frage des Warums", erklärt Heeressprecher Oberst Michael Bauer. Das Bundesheer sei auch gespannt, zu welchen Erkenntnissen die Polizei kommen wird.

(Bild: Andi Schiel)

Schwester: "Habe noch nie von Ali Ü. gehört"
Ali Ü. und das Opfer sollen Freunde gewesen sein. Das behauptet der 22-Jährige jedenfalls. Doch auch hier widerspricht Ismails Familie. "Ich kannte alle seine Freunde. Von dem Schützen habe ich noch nie etwas gehört", so die Schwester.

Rekrut war auch bei "Todesmarsch" dabei 
Tatsächlich befreundet war Ismail mit Toni P. - und dieses Detail lässt es einen kalt über den Rücken laufen: Bei P. handelt es sich nämlich um jenen Rekruten, der Anfang August bei einem Marsch im niederösterreichischen Horn zusammenbrach und später im Spital verstarb. Ismail war damals hautnah dabei, musste zusehen, wie sein Freund kollabierte. "Die beiden waren wirklich befreundet. Beide wohnten im 20. Bezirk, zogen gemeinsam um die Häuser", erzählt Schwester Hanife. Nach dem tragischen Ableben von Toni P. muss jetzt ein zweiter Rekrut zu Grabe getragen werden …

Oliver Papacek und Christoph Budin, Kronen Zeitung

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