Drei Tage nach Wahl

Wiens Rot-Grün gesteht 400-Mio.-€-Neuverschuldung

Österreich
19.10.2017 07:58

Die rot-grüne Stadtregierung in Wien wird auch 2018 nicht mit den prognostizierten Einnahmen auskommen: Nur drei Tage nach der Nationalratswahl gesteht Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) eine für das kommende Jahr nötige Neuverschuldung von 376 Millionen Euro. Bereits jetzt beträgt der Schuldenstand der Stadt mindestens sechs Milliarden Euro. In nur 15 Jahren hat sich der Betrag damit verdreifacht.

Da kann man sich als Wähler von SPÖ oder den Grünen in Wien durchaus gefrotzelt fühlen: Nur drei Tage nach der für die Roten hochbrisanten Wahl, nach der im Wiener SPÖ-Zelt ein Zugewinn von drei Prozentpunkten in der Bundeshauptstadt - gegenüber 7,0 bzw. 7,5 von ÖVP bzw. Liste Pilz - frenetisch gefeiert wurde (siehe Video unten), gab die rot-grüne Stadtregierung am Mittwoch unter dem Titel "Ausblick zu den Finanzen der Stadt Wien" eine Information zum Budget 2018 heraus.

Video: Wiener SPÖ feiert trotz Kerns Niederlage

Jubelstimmung in der Parteizentrale der SPÖ (Bild: ORF)
Jubelstimmung in der Parteizentrale der SPÖ
Wien, vorläufiges Endergebnis inklusive Wahlkarten (Bild: wahl17.bmi.gv.at)
Wien, vorläufiges Endergebnis inklusive Wahlkarten
Wien, vorläufiges Endergebnis inklusive Wahlkarten (Bild: wahl17.bmi.gv.at)
Wien, vorläufiges Endergebnis inklusive Wahlkarten

Deren Fazit: Es wird zu einer Neuverschuldung für das kommende Jahr von 376 Millionen Euro kommen. "Für das Jahr 2018 bedeutet das einen administrativen Abgang von 376 Millionen EUR (VA 2017: 569,62 Millionen EUR), das sind rund 0,42 Prozent der Wiener Wirtschaftsleistung", heißt es konkret.

(Bild: Presseinformation Finanzen der Stadt Wien)

Prognostizierten Einnahmen von 13,3629 Milliarden Euro stehen demnach Ausgaben von 13,7389 Milliarden Euro gegenüber. So werde die "Investitionsfähigkeit" der Stadt "auf sehr hohem Niveau fortgesetzt" - rund 1,5 Milliarden Euro seien dafür veranschlagt. 1,6 Milliarden sollen 2018 in die Bildung fließen, 850 Millionen in die Kinderbetreuung, 2,2 Milliarden in die Gesundheit und 1,9 Milliarden in "Soziales". Für Wirtschafts- und Wohnbauförderung sind demnach rund 660 Millionen Euro veranschlagt.

(Bild: Presseinformation Finanzen der Stadt Wien)

Brauner: "Weiterhin im unteren Mittelfeld"
Finanzstadträtin Brauner zum Ausblick auf das Budget 2018: "Wien wird damit auch weiterhin im unteren Mittelfeld der Bundesländerverschuldung bleiben." Zum Vergleich: Für das heurige Jahr wurde ein Saldo von 570 Millionen Euro budgetiert, wobei sich die tatsächliche Neuverschuldung freilich erst in der Darstellung des Budgetvollzugs zeigen wird. Dieser liegt für das heurige Jahr erst Mitte 2018 vor.

SPÖ-Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek und Wiens Finanzstadträtin Renate Brauner am Wahlsonntag (Bild: APA/Roland Schlager)
SPÖ-Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek und Wiens Finanzstadträtin Renate Brauner am Wahlsonntag

2020 will Wien ein ausgeglichenes Budget schaffen
Künftig will die Stadt die jährliche Neuverschuldung stufenweise reduzieren. Im Konsolidierungspfad ist für 2019 ein zusätzliches Minus von 188 Millionen Euro vorgesehen, ab 2020 will man keine neuen Schulden mehr machen, also ein ausgeglichenes Budget schaffen. Allerdings betont man bereits in der Information, dass die Voranschläge für die kommenden drei Jahre die Planungen "aus heutiger Sicht" darstellten. Die weiteren Jahre bis 2023 stellten lediglich "Planungsvorschauen" dar.

Für Wohnungssuchende wird's immer schwieriger
Das führt auch die Einnahmen-Ausgaben-Grafik zum Bereich "Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung" vor Augen. Hier gehen die geplanten Ausgaben bis 2020 zurück - von 797 Millionen Euro 2018 auf 770 Millionen Euro für 2020 -, während die Sozialausgaben (Mindestsicherung etc.) weiter steigen. Die veranschlagte Milliarde Euro für 2022 - für nach der nächsten Wien-Wahl - dürfte jeglicher Grundlage entbehren.

(Bild: Presseinformation Finanzen der Stadt Wien)
(Bild: Presseinformation Finanzen der Stadt Wien)

Gudenus: "Wähler-Pflanz auf höchstem Niveau"
Wiens FPÖ-Vizebürgermeister Johann Gudenus bezeichnete die prognostizierte Neuverschuldung der Stadt als "Wähler-Pflanz auf höchstem Niveau" und eine "Frotzelei sondergleichen". Die Stadtregierung, die "der Bevölkerung schamlos ein X für ein U vormacht", sei "untragbar". Den kommenden Budgetsitzungen und den "damit einhergehenden Erklärungsversuchen" sehe er "gespannt entgegen".

Der ehemalige FPÖ-Klubchef Johann Gudenus (Bild: Peter Tomschi, thinkstockphotos.de)
Der ehemalige FPÖ-Klubchef Johann Gudenus

NEOS: 376 Millionen Euro "nur die Spitze des Eisbergs"
Dass Wien es nicht schaffe, die Stadt "fit für die nächsten Generationen zu machen", sehen auch die NEOS so. "Es zeigt sich einmal mehr, dass die rot-grüne Stadtregierung einfach nicht lernt, den Rotstift richtig anzusetzen", so Beate Meinl-Reisinger, Klubvorsitzende von NEOS Wien, die "nur von der Spitze des Eisbergs" spricht: "Bei den 376 Millionen Euro werden ja die ausgelagerten Betriebe der Stadt Wien wie beispielsweise Wiener Wohnen, der Krankenanstaltenverbund oder die Wien Holding gänzlich ausgeklammert."

ÖVP: "Rot-Grün ist das Budget längst entglitten"
"Rot-Grün muss endlich verantwortungsvolle Politik für die Zukunft dieser Stadt machen, statt weiter nur die Augen vor der Realität zu verschließen und jedes Jahr erneut überrascht eine Erhöhung der Schulden zu verkünden", kritisierte auch ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel. Der Stadtregierung sei das Budget längst entglitten.

Beate Meinl-Reisinger (Bild: APA/HERBERT NEUBAUER)
Beate Meinl-Reisinger

Ausführlich diskutiert und letztlich beschlossen wird das Zahlenwerk am 20. und 21. November.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt