Der nächste bedauerliche Einzelfall im Mindestsicherungssystem der Stadt Wien: Vier Jahre lang wurden einem Tschetschenen insgesamt 70.000 Euro an Mindestsicherung und an weiteren Sozialleistungen überwiesen, obwohl der Mann längst untergetaucht ist. Die Kripo ermittelt. Nach den zahlreichen Missständen, die im Sozialressort der Stadt Wien bereits aufgeflogen sind, ist das der nächste teure Skandalfall.
Der tschetschenische Staatsbürger (59) lebt schon seit Jahren als "U-Boot": Er ist offiziell unauffindbar und lebt vermutlich weiterhin mit einer falschen Identität in Österreich. Trotzdem hat der Verdächtige seit 2013 vier Jahre lang Mindestsicherung und zahlreiche andere Sozialleistungen der Stadt Wien bezogen - die Exekutive ermittelt jetzt.
Monatlich 1458 Euro Steuergeld für Asylberechtigten?
Insgesamt soll der Tschetschene 70.000 Euro an Mindestsicherung (aktuell 844,46 Euro monatlich) sowie Wohnbeihilfen kassiert haben. Im Schnitt dürfte der Asylberechtigte also im Monat mehr als 1458 Euro Steuergeld erhalten haben.
Stadt Wien: "Wir kommentieren keinen Einzelfall"
Im Ressort von Wiens Sozialstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) will man nicht viel zu den aktuellen Ermittlungen im Fall des Tschetschenen sagen: "Wir kommentieren keinen Einzelfall." Dass die MA 40 (Abteilung für Soziales) diesen Akt kennt, wird zwar indirekt bestätigt, aber es gibt keine Erklärung, warum der Tatverdächtige in den Wiener Sozialzentren offenbar jahrelang zu Unrecht Geldleistungen kassieren konnte. Eine Sprecherin der Sozialstadträtin: "Die Abteilung sieht sich den Fall nochmals an. Wir sind immer an einer Zusammenarbeit mit der Exekutive interessiert."
Serie an Skandalfällen bei Wiener Sozialhilfe
"Wie die "Krone" berichtete, erschüttert schon seit dem Herbst des Vorjahres eine lange Serie an Sozialbetrugsfällen das Wiener Mindestsicherungssystem, das allein in diesem Jahr die Steuerzahler bereits 700 Millionen Euro kostet. Mehrmals haben Mitarbeiter der Wiener Sozialzentren vor einer zu laschen Kontrolle der Angaben über Kinderzahl oder der Echtheit der Ausweise der Zehntausenden nicht-österreichischen Mindestsicherungsbezieher gewarnt.
Beamter packte über Missstände im Sozialsystem aus
Zur Erinnerung: Mitte September 2017 packte ein Wiener Beamter der Magistratsabteilung 40 über die Missstände im Sozialsystem aus. "Mir liegt unser Österreich am Herzen. Schreiben Sie bitte über diesen Wahnsinn bei der Auszahlung der Mindestsicherung", sagte der Beamte damals zur "Krone". Er wolle, dass "dieses Desinteresse an jeder Kontrolle" gestoppt werde. Eines der damals aktuellen Fallbeispiele: Eine EU-Ausländerin erhielt an Sozialgeld für sich und ihre elf Kinder 5200 Euro. Netto.
Dass diese Vorgangsweise auch "von ganz oben" abgesegnet worden sei, wurde im Rathaus stets vehement dementiert. Trotzdem wurde von der Staatsanwaltschaft Wien ein Strafverfahren wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs eingeleitet, die Ermittlungen sind noch immer nicht abgeschlossen.
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