Über die künftige Rolle der SPÖ - Opposition oder mitregieren - scheiden sich innerhalb der Partei die Geister. Durch die Grabenkämpfe zwischen linkem und rechtem Flügel stehen die Genossen vor einer Zerreißrobe. Nun plädierte auch der Linzer Bürgermeister Klaus Luger offen für Rot-Blau: "Wenn es inhaltlich passt, dann bin ich für die Option mit der FPÖ." Für Tirols Landeschefin Elisabeth Blanik hingegen bleibe für die SPÖ nur der Gang in die Opposition: "Ich bin klar gegen Rot-Blau, das ist für mich unvorstellbar." Bundesparteichef Christian Kern war am Mittwoch um Zurückhaltung bemüht - von Verhandlungen mit der FPÖ sei keine Rede (siehe Video oben).
ÖVP, SPÖ und FPÖ werfen sich aktuell gegenseitig vor, hinter verschlossenen Türen bereits mit dem jeweils anderen eine Koalition vereinbart zu haben. Doch nirgendwo anders wird der Streit über die Positionierung der eigenen Partei so offen ausgetragen wie in der SPÖ.
„Emotionale Stimmung in Richtung FPÖ“
Luger etwa ortet unter den Funktionären „eine emotionale Stimmung in Richtung FPÖ, dann in Opposition, aber sehr wenig Zustimmung, als Juniorpartner mit der ÖVP von Sebastian Kurz weiterzumachen". Nicht selten höre er von Funktionären, dass eine Zusammenarbeit der Parteichefs Christian Kern und Heinz-Christian Strache „schon etwas hätte“.
„Man muss aufhören, die FPÖ auszugrenzen“
„Die Sozialdemokratie darf nicht den Eindruck erwecken, dass wir uns ins Schmollwinkerl zurückziehen, weil wir nicht mehr stärkste Partei sind“, betonte Luger, der selbst in der Stadt mit der FPÖ zusammenarbeitet, im Interview mit den „Oberösterreichischen Nachrichten“. Man müsse aufhören, eine Partei wie die FPÖ, die im Nationalrat ist, auszugrenzen. „Das war mit ein Teil des Aufstiegs der Freiheitlichen und hat es ihr erleichtert, in eine Märtyrerrolle zu schlüpfen.“
Mitgliederbefragung „wichtig und vernünftig“
Luger würde in der FPÖ-Frage eine Mitgliederbefragung „für wichtig und vernünftig" halten. Er räumte allerdings ein, dass die Chance auf eine rot-blaue Einigung nicht besonders groß sei. Die Aussagen von FPÖ-Chef Heinz Christian Strache und dem oberösterreichischen FPÖ-Obmann Manfred Haimbuchner, der offen Schwarz-Blau präferiere, „nähren bei mir keine große Hoffnung, dass sich die FPÖ auf uns zubewegt", so Luger. Aber versuchen sollte man es, findet er. Parteichef Kern solle ihm zufolge bleiben: „Ich fühle mich Kerns Kurs extrem verbunden", betonte der Linzer Bürgermeister.
„Unmöglich, dass sich FPÖ für Koalition inhaltlich genug bewegt“
Von einer Annäherung der SPÖ an die FPÖ hält die Tiroler SPÖ-Chefin Elisabeth Blanik hingegen überhaupt nichts. „Ich habe immer gesagt, dass eine Zusammenarbeit mit den Blauen für mich ausgeschlossen ist“, betonte Blanik. Mittlerweile sei sie sich auch „sicher“, dass sie damit eine Mehrheit im Landesparteivorstand hinter sich habe. Auf die Frage, ob sie so wie Wiens SPÖ-Chef und Bürgermeister Michael Häupl auch die Gefahr sehe, dass es bei einer Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen zu einer Parteispaltung kommen könnte, meinte Blanik: „So weit denke ich gar nicht. Es ist unmöglich, dass sich die FPÖ inhaltlich so sehr bewegt, dass eine Zusammenarbeit angedacht werden kann.“
„Wie Luger plädiere sie allerdings ebenfalls für eine Urabstimmung unter den SPÖ-Mitgliedern, sollte Rot-Blau tatsächlich ein Thema werden. Blanik, die auch Lienzer Bürgermeisterin ist, könne sich ebenso keine Zusammenarbeit mit der ÖVP vorstellen: „So wie sich der Wahlkampf dargestellt hat, ist das nicht möglich."
Kern: „Wir überqueren den Fluss, wenn wir zum Ufer kommen"
Christian Kern war Mittwochvormittag um Deeskalation bemüht. Der SPÖ-Chef verwies auf den Beschluss der Gremien zur Aufnahme von Gesprächen mit allen Parteien, sollte man dazu eingeladen werden. Ob es überhaupt zu Koalitionsverhandlungen seiner Partei mit der FPÖ kommen könnte, stehe für ihn ohnehin nicht fest: „Wir überqueren den Fluss, wenn wir zum Ufer kommen", so Kern bei einem Treffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen.
Niessl will SPÖ-Regierungsbeteiligung „nicht um jeden Preis“
Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl - eines der Schwergewichte innerhalb der SPÖ - will mittlerweile „nicht um jeden Preis“ eine Koalitionsbeteiligung der SPÖ auf Bundesebene. Die Sozialdemokraten sollten jedoch harte Verhandlungen führen um den „Plan A“ von Kanzler Kern weitestgehend in der Koalitionsvereinbarung unterzubringen, meinte Niessl am Mittwoch.
Auf einen bevorzugten Regierungspartner wollte sich der burgenländische Landeschef nicht festlegen. Er schätze jedoch eine Koalition zwischen ÖVP und FPÖ „deutlich wahrscheinlicher" ein, als zwischen ÖVP und SPÖ. Volkspartei und Freiheitliche wären sich in ihren Wahlprogrammen sehr ähnlich, folglich wären Koalitionsgespräche auch einfacher. Aufgrund der unterschiedlichen Wahlprogramme würden sich Verhandlungen zwischen Rot und Blau hingegen schwieriger gestalten - „was aber nicht heißt, dass es unmöglich ist".
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