Während sich Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) und Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) in einem Wiener Nobelhotel zum Gespräch trafen, hat SPÖ-Parteichef Christian Kern offenbar keine allzu gute Gesprächsbasis mit den Schwarz/Türkisen mehr. So hieß es am Donnerstag aus Kreisen der ÖVP, dass es ernste Verhandlungen nur noch mit der FPÖ geben werde - außer die Sozialdemokraten tauschen ihren Chef aus. Die SPÖ selbst scheint zutiefst gespalten. Wie lange Kern sich noch an der Spitze hält, wagen nicht einmal seine Genossen zu sagen.
Ernsthafte Gespräche über eine Koalition seien mit dem SPÖ-Chef weder sinnvoll noch angebracht, zitiert der "Standard" am Donnerstag einen ÖVP-Parteiinsider. Kern habe seine Abneigung gegen Parteichef Sebastian Kurz zu offensichtlich gezeigt, heißt es weiter.
Sollte Bundespräsident Alexander Van der Bellen dem ÖVP-Chef den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen, würde es nur dann Verhandlungen mit den Sozialdemokraten geben, wenn diese ihren Parteiobmann austauschen würden - und eventuell Verteidigungsminister Doskozil das Steuer übernehmen würde. Aber auch jeder andere sei recht - nur nicht Kern. Am Donnerstagabend wurde schließlich bekannt, dass Kurz von Van der Bellen am Freitag mit der Regierungsbildung beauftragt werden soll.
SPÖ uneins über Umgang mit FPÖ
Dass solche Aussagen den ohnehin schon tief sitzenden Keil in der SPÖ noch tiefer treiben könnten, liegt auf der Hand. So lehnt ja ein Teil der Partei nach wie vor eine Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen strikt ab. Wiens Bürgermeister Michael Häupl warnte sogar dezidiert davor und zog sich damit den Unmut Kerns zu. Denn dem trauen viele Genossen zu, dass er einen Pakt mit der FPÖ schließt, um die Kanzlerschaft zu sichern.
Dass es sehr wohl Gespräche mit der ÖVP gibt, dürfte spätestens seit dem Treffen von Doskozil und Innenminister Sobotka im Wiener Parkhotel Hyatt klar sein. Ein Geschäftsmann, der an einem Nebentisch unfreiwillig Zeuge des Treffens der beiden Minister war, berichtete der "Krone": "Sobotka diskutierte mit Doskozil, ob sie (gemeint sind SPÖ und ÖVP, Anm. d. Red.) wieder koalieren und Doskozil Vizekanzler werden will ... Doskozil zeigt sich nicht abgeneigt."
ÖGB-Chef: "Sind immer gesprächsbereit"
ÖGB-Chef Erich Foglar gab sich am Donnerstagabend in der "ZiB 2" gelassen, was mögliche Koalitionsvarianten angeht. "Der ÖGB ist immer gesprächsbereit", sagte Foglar, angesprochen auf etwaige Reformen bei den Sozialpartnern - ein Punkt, mit dem die ÖVP, aber auch die FPÖ im Wahlkampf geworben hatte.
Einer Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft bzw. des Kammerzwanges erteilte Foglar allerdings eine klare Absage: "Man muss bedenken, dass diese Strukturen auch an die bestehenden Kollektivverträge gebunden sind. Bei einer Abschaffung der Kollektivverträge könnten die Arbeitsbedingungen einseitig verschlechtert werden - und das kann ja wohl kaum im Sinne der Arbeitnehmer sein."
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