IGGiÖ im Visier

Islamisten-Hetzbücher in Österreichs Gefängnissen?

Österreich
20.10.2017 16:22

Der Islamischen Glaubensgemeinschaft ist seitens des Justizministeriums die Zuständigkeit für die Gefängnisbibliotheken entzogen worden. Auslöser dafür ist der Fund eines salafistischen Buches in der Justizanstalt Korneuburg. Laut Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) könnte das kein Einzelfall sein.

Seit 2010 obliegt der Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) die Kontrolle über den Bibliotheksbestand, um Radikalisierung in der Haft zu verhindern. Noch am Freitag werde die Verantwortung an die Organisation Derad übergeben, die nun den gesamten Bücherbestand einer intensiven Prüfung unterziehen soll, teilte ein Sprecher von Brandstetter mit. Das kyrillisch verfasste Buch dürfte nämlich nicht das einzige fragwürdige Werk sein.

(Bild: Andi Schiel)

30 weitere Bücher entfernt
"Die Tatsache, dass die Glaubensgemeinschaft schlagartig - nach Bekanntwerden der Causa - 30 weitere Bücher aus unserer Bibliothek entfernt hat, lässt befürchten, dass sich weitere problematische Lektüren in unserem Bestand befinden", so Brandstetter.

(Bild: Andi Schiel)
(Bild: Andi Schiel)

"Null Toleranz bei Salafismus"
"Wir müssen alle Zweifel aus der Welt räumen und setzen jetzt auf volle Aufklärung. Beim Salafismus gilt bei uns die Null-Toleranz-Politik", so Brandstetter in einer schriftlichen Stellungnahme. Und weiter: "Ein solcher Fund konterkariert all unsere Bemühungen im Kampf gegen Radikalisierung in Haft. Daher müssen wir natürlich Konsequenzen ziehen." Das Justizministerium prüft nun alle in Zusammenhang mit der Bibliotheks-Kontrolle stehenden Erlässe. Ausgerechnet ein verurteilter Salafist hatte übrigens das extremistische Buch entdeckt und daraufhin seinem Betreuer gemeldet.

Justizminister Wolfgang Brandstetter (Bild: APA/BARBARA GINDL, Peter Tomschi, krone.at-Grafik)
Justizminister Wolfgang Brandstetter

"Nicht gesamte Glaubensgemeinschaft anprangern"
Unverständnis für den Entzug der Bibliothekenzuständigkeit zeigte IGGiÖ-Präsident Ibrahim Olgun, der nun das Gespräch mit dem Minister sucht. Und auch der oberste islamische Gefängnisseelsorger Ramazan Demir kann die Konsequenzen nicht nachvollziehen: "Nur weil ein Einzelner einen Fehler gemacht hat, darf man nicht die gesamte Glaubensgemeinschaft an den Pranger stellen", so Demir am Freitag gegenüber der "Krone".

Ibrahim Olgun (Bild: APA/IGGIÖ)
Ibrahim Olgun

"Hysterie und Panikmache sind kontraproduktiv"
In einer Aussendung am Freitagnachmittag hieß es seitens der IGGiÖ überdies, dass der Justizminister damit "die jahrelange qualitätsvolle Deradikalisierungsarbeit der islamischen Gefängnisseelsorge infrage stellt". "Hysterie und Panikmache sind kontraproduktiv", so Olgun über die Vorwürfe des Justizministers. Er forderte "eine sachliche und kompetente Herangehensweise" an das Thema. "Dass ein Fehler geschehen ist, gestehen wir ein und wir haben nötige Maßnahmen getroffen, um in Zukunft solche Vorfälle zu vermeiden", meinte Olgun.

Gerade der IGGiÖ sei es ein großes Anliegen, keine extremistischen Bücher in den Gefängnissen zu haben, betonte die Glaubensvertretung. Deshalb habe man schon 2015 angeregt, die Gefängnisbibliotheken nach bedenklicher Literatur zu durchforsten. In Kooperation mit der Uni Wien sei zudem eine Liste geeigneter Bücher erstellt, problematische Literatur sei von den Seelsorgern entfernt worden. "Leider wurde dabei offensichtlich das genannte Buch übersehen."

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