Prozess ab Montag

Amoklauf geplant: Das sagt Florians Mutter

Österreich
22.10.2017 08:09

Jahrelang wurde ein Bub aus Oberösterreich von Klassenkameraden gemobbt. Dann soll er Hakenkreuze an Wände gesprüht und einen Schul-Amoklauf geplant haben. Ab Montag steht der 15-Jährige vor Gericht. Ein Psychiater hält ihn für brandgefährlich, seine Mutter für harmlos.

An den Wänden hängen bunte Landschaftsbilder, auf der Couch im Wohnzimmer liegen flauschige Decken und Zierpölster. In den Regalen stehen, neben Büchern und Nippes-Figuren, Fotos in silbernen Rahmen.

Alles wirkt so normal in diesem Haus im oberösterreichischen Ohlsdorf. "Glauben Sie mir", sagt Marion D., während sie selbst gebackenen Kuchen und eine Kanne Kaffee auf den Küchentisch stellt, "mein Bub ist in geordneten Verhältnissen aufgewachsen."

Ist Florian eine tickende Zeitbombe?
Und nun das. Seit Juni sitzt Florian in Untersuchungshaft, in der geschlossenen Abteilung einer Psycho-Klinik. Am kommenden Montag beginnt im Landesgericht Wels sein Prozess. Die Vorwürfe gegen den 15-Jährigen sind schwerwiegend: Die Staatsanwaltschaft hat ihn wegen Wiederbetätigung, gefährlicher Drohung sowie wegen Besitzes unerlaubter Waffen und kinderpornografischen Materials angeklagt.

"Mein Sohn war oft sehr traurig", sagt Marion D. (Bild: Markus Wenzel)
"Mein Sohn war oft sehr traurig", sagt Marion D.

Florian soll Hakenkreuze auf Mauern und Parkbänke gesprüht und Hitler-Ausweise angefertigt haben, einen Amoklauf an seiner früheren Schule angekündigt, dabei die Namen seiner Opfer - Lehrer und Schüler - und die Zahl der Gewehrkugeln, mit der er sie töten werde, genannt haben. Bei der Durchsuchung seines Kinderzimmers fand die Kripo dann Kampfmesser und Schlagringe und auf seinem Laptop abscheuliche Gewaltvideos.

Gerichtspsychiater Ernst Griebnitz attestiert dem Burschen eine massive Persönlichkeitsstörung und hohe Gefährlichkeit. Im Fall eines Schuldspruchs droht dem Teenager die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, für unbestimmte Zeit.

"Ich kann das nicht verstehen, ich kann das alles einfach nicht verstehen", schluchzt seine Mutter. Die 43-jährige Sekretärin meint nicht die Taten ihres Sohnes, sondern die - ihrer Meinung nach - "völlig falschen Ermittlungsergebnisse der Justiz, die ihn wie ein Monster dastehen lassen".

"Er war schon von klein an sehr still"
In Wirklichkeit sei Florian "völlig harmlos". Ein Pubertierender, "der aus Langeweile und nicht aus politischer Überzeugung" rechtsradikale Inhalte verbreitet habe und "mit Sicherheit niemals irgendwen umbringen wollte", so die Mutter. Diesbezügliche "Andeutungen" von ihm seien "missverstanden und in übertriebenem Maße wiedergegeben" worden. Florian sei ein "besonders liebes Kind, das leider mit einigen Problemen zu kämpfen hatte", in den vergangenen Jahren. Vielleicht schon immer?

Lange lebte der Bub in Niederösterreich, in Neunkirchen. "Ja, er hatte dort Freunde", einer Clique gehörte er jedoch nie an. "Dazu war er zu still - und außerdem war er auch sehr gerne zu Hause." Bastelte, spielte am Computer. Früher Autorennen, später Ego-Shooter-Games, "das macht doch jeder Jugendliche". Als Florian elf war, ließen sich die Eltern scheiden, "in Frieden, trotzdem hat ihn unsere Trennung belastet".

Florians Zimmer (Bild: Markus Wenzel)
Florians Zimmer

2014 der Umzug mit der Mutter, zu ihrem neuen Partner, "von Anfang an vertrugen sich die beiden gut miteinander". Dramatisch allerdings seine Situation in der Neuen Mittelschule des Orts: "Viele seiner Klassenkameraden mobbten ihn. Weil er Hochdeutsch spricht und schnell stark an Gewicht zulegte."

"Seine Mitschüler nannten ihn 'blade Sau'"
"Schnösel" und "blade Sau" wurde er geschimpft: "Florian kränkte das sehr, er redete aber nur selten über seine Gefühle." Irgendwann fing er sich zu ritzen an, kam in psychologische Betreuung - "und wurde in der Folge noch schlimmer gehänselt". "Unzählige Male habe ich deshalb in der Schule vorgesprochen, trotzdem blieb mein Bub dort ein Aussätziger", sagt Marion D.

Und er erlitt weitere Niederschläge: Ein Mädchen, das er verehrte, lehnte eine Beziehung mit ihm ab; in seinem Wunschberuf - Fleischhauer - fand er nach dem Polytechnikum keine Lehrstelle. Pillen gegen Fettleibigkeit vertrug er nicht. Und Florian zog sich immer mehr zurück, in eine absurde Welt, ins Internet. Spielte da den erbarmungslosen Krieger, sah sich Gewalt-Sexfilme an.

Anwalt Werner Tomanek vertritt Florian. (Bild: Markus Wenzel)
Anwalt Werner Tomanek vertritt Florian.

Ist er dazu bereit, seine grauenhaften Fantasien in die Realität umzusetzen? Geschworene haben jetzt diese Frage zu beantworten.

Martina Prewein, Kronen Zeitung

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