Krise eskaliert

Katalonien: Abgeordnete stimmten für Abspaltung

Ausland
27.10.2017 17:30

Die Fronten im Streit zwischen der spanischen Zentralregierung und Katalonien verhärten sich weiter: Das katalanische Parlament stimmte am Freitag für die Unabhängigkeit von Spanien! Die Abgeordneten in Barcelona votierten in geheimer Abstimmung für die Loslösung der autonomen Region von der Zentralregierung in Madrid. Zuvor hatten die Parlamentarier der spanischen Konservativen, der Sozialisten und Liberalen (Ciudadanos) den Saal verlassen. Der Senat in Madrid wiederum stimmte für die Zwangsverwaltung der Region. Theoretisch wäre sogar ein militärisches Eingreifen möglich.

"Wir erklären Katalonien zum unabhängigen Staat in Form einer Republik", heißt es in der Resolution, die Freitagvormittag in Barcelona eingebracht wurde. Die separatistischen Abgeordneten standen nach Bekanntgabe des Abstimmungssieges von ihren Sitzen auf und sangen die katalanische Nationalhymne (siehe Tweet unten). Vor dem Parlament versammelten sich nach Medienschätzung mehr als 15.000 Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung, die das Ergebnis der Abstimmung feierten.

Rajoy ruft Spanier zur Ruhe auf
Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy rief die Spanier unterdessen zur Besonnenheit auf: "Ich bitte alle Spanier um Ruhe. Der Rechtsstaat wird die Legalität in Katalonien wieder herstellen", twitterte er nur wenige Minuten nach der Abstimmung im katalanischen Parlament. Der Senat in Madrid wiederum billigte die Zwangsverwaltung Kataloniens. Die Abgeordneten stimmten einer Anwendung des Verfassungsartikels 155 zu, der Zwangsmaßnahmen gegen eine abtrünnige Region erlaubt.

Protestierende vor dem katalanischen Parlament in Barcelona (Bild: AP)
Protestierende vor dem katalanischen Parlament in Barcelona

Artikel 155 gilt als als der "Atomknopf" der spanischen Verfassung und war als maximale Abschreckung gedacht. Nun will Madrid Ernst machen und erstmals seit Inkrafttreten der spanischen Verfassung Artikel 155 anwenden. Ziel der Zentralregierung in Madrid ist es nach eigenem Bekunden, die "verfassungsmäßige Ordnung" in Katalonien wiederherzustellen.

Das Ziel Rajoys ist vor allem die Entmachtung der katalanischen Regionalregierung. Er fordert die Absetzung von Regionalpräsident Carles Puigdemont und seinen Regierungsmitgliedern. Theoretisch wäre auch ein militärisches Eingreifen möglich, aber Beobachter halten dies bisher für unwahrscheinlich.

Der katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont und seine Frau Marcela Topor (Bild: AFP)
Der katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont und seine Frau Marcela Topor

Das katalanische Parlament soll zudem unter Vormundschaft Madrids gestellt und binnen sechs Monaten sollen Neuwahlen angesetzt werden. Auch die Regionalpolizei Mossos d'Esquadra, die Verwaltung sowie die öffentlich-rechtlichen Medien sollen der Zentralregierung unterstellt werden. Rajoy berief eine Sondersitzung des Ministerrates für 18.00 Uhr ein, bei der über das weitere Vorgehen beraten werden soll.

EU: "Spanien unser einziger Gesprächspartner"
Aus Brüssel heißt es derzeit: "Für die EU ändert sich nichts." "Spanien bleibt unser einziger Gesprächspartner", teilte EU-Ratspräsident Donald Tusk am Freitagnachmittag auf Twitter mit. Tusk rief die Regierung in Madrid gleichzeitig auf, vom Einsatz von Gewalt abzusehen. "Ich hoffe, die spanische Regierung bevorzugt die Stärke des Arguments, nicht das Argument der Stärke."

USA unterstützen Madrid in Katalonien-Krise
Das US-Außenministerium unterstützt die Haltung der spanischen Zentralregierung in dem Machtkampf. Die Region sei ein integraler Bestandteil Spaniens und Washington unterstütze die Bemühungen Madrids, die Einheit des Landes zu wahren, betonte Außenamtssprecherin Heather Nauert am Freitag.

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