Abgang in Sex-Affäre

Pilz: “Mächtige ältere Manner müssen lernen”

Österreich
04.11.2017 11:57

Knalleffekt in der heimischen Innenpolitik: Nach neuen, schweren Vorwürfen der sexuellen Belästigung tritt Listengründer Peter Pilz zurück. Hintergrund sind kolportierte Übergriffe auf eine junge Mitarbeiterin der Europäischen Volkspartei vor vier Jahren. Pilz sagte am Samstag, er habe "keine Erinnerung" an den Vorfall, der kurz zuvor publik geworden war. Dennoch werde er sein Nationalratsmandat nicht annehmen, so Pilz, der darüber hinaus ganz allgemein an die "Lernfähigkeit" von "älteren mächtigen Männern" appellierte.

"Sehr persönliche Vorwürfe erfordern auch eine persönliche Stellungnahme und in besonderen Fällen auch persönliche Konsequenzen", begann Pilz seine Stellungnahme im Wiener Café Landtmann. Er werde wegen eines Samstagfrüh vom "Falter" kolportierten sexuellen Übergriffs, der sich 2013 im Rahmen des Europäischen Forum Alpbach in Tirol ereignet haben soll, sein Nationalratsmandat nicht annehmen, so der langjährige Grünen-Mandatar und spätere Listengründer.

Peter Pilz nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe der sexuellen Belästigung (Bild: APA/Herbert Neubauer)
Peter Pilz nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe der sexuellen Belästigung

In Alpbach soll Pilz eine junge Frau begrapscht haben. Er habe sich ihr betrunken genähert, so die Frau gegenüber dem "Falter". "Seine Hände waren überall. Zuerst umklammerte er meinen Arm, mit der anderen Hand war er an meinem Hals und dann an meinem Busen und Rücken. Auch sein Gesicht war viel zu nahe an mir. Das ging alles ziemlich schnell", zitiert die Wochenzeitung die Mitarbeiterin der Europäischen Volkspartei. "Ich konnte mich nicht bewegen, nicht atmen, geschweige denn wehren. Ich rechne ja nicht damit, dass ich in einer gemütlichen Runde plötzlich aggressiv begrapscht werde." Für den Vorfall gebe es auch Zeugen.

"Racheaktion" der Grünen?
Zum schon am Freitag erhobenen Vorwurf der sexuellen Belästigung einer ehemaligen Mitarbeiterin sagte Pilz, es entspreche den Tatsachen, dass es eine Beschwerde bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft gegeben habe. Die darin geäußerten Vorwürfe seien aber nicht überprüft worden. Pilz bestritt den Vorwurf der sexuellen Belästigung und unterstellte seiner Ex-Partei indirekt Rache. "Fallen mit den Mandaten und mit den Jobs auch die Hemmungen weg?", stellte er die Frage in den Raum.

(Bild: APA/Herbert Neubauer)

Im Kern handle es sich um einen Arbeitskonflikt, so Pilz. Demnach sei die Mitarbeiterin sehr ehrgeizig gewesen und habe Pilz um eine Beförderung zur Referentin ersucht. Als er dies verweigerte, habe sie mit Arbeitsverweigerung gedroht, woraufhin sie über mögliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung aufgeklärt worden sei. Danach sei die Frau in Krankenstand gegangen. Später sei er, so Pilz, dann von der damaligen Grünen-Chefin Eva Glawischnig informiert worden, dass eine Beschwerde bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft vorliege.

Pilz sieht sich auch als Opfer
Die grüne Klubleitung habe ihm in dieser Causa ein Geheimverfahren angeboten, doch darauf sei er nicht eingegangen, was alles durch E-Mails belegbar sei. Er habe seinen Anwalt Alfred Noll eingeschaltet, um zivilrechtlich gegen die Vorwürfe vorzugehen. Entsprechende Unterlagen habe er aber nicht zur Verfügung gestellt bekommen. So habe er nichts in der Hand gehabt für eine Klage, erklärte Pilz, der sich auch als Opfer sieht.

Zur Entkräftung der Vorwürfe kündigte Pilz an, ein Tagebuch und E-Mails vorlegen zu wollen und sich gerichtlich gegen die Anschuldigungen der Ex-Mitarbeiterin zu wehren. "Wir älteren und in meinem Fall noch - gerade noch - mächtigen Männer müssen bereit sein, auch etwas dazuzulernen", hatte er zum Schluss noch einen Tipp für seine "Geschlechtsgenossen". Es gehe nicht nur darum, was die Absichten sind, sondern auch, wie das ankomme. Sein Rücktritt habe auch mit einer "Wahrung der Verantwortung" zu tun. "Ich glaube, da wird bei mir schon was gefehlt haben, da werden einige wie ich was dazulernen", so Pilz, der dies auch als "Signal an Geschlechtsgenossen" verstanden haben will.

Wie geht es mit Liste Pilz weiter?
Wie es nun mit der Liste Pilz weitergeht, ist unklar. Nach dem Zerwürfnis mit den Grünen hatte Pilz seine eigene Partei gegründet - während die Grünen bei der Wahl Mitte Oktober aus dem Nationalrat flogen, schaffte Pilz den Einzug. Pilz erklärte am Samstag, seine Liste nun "von außen begleiten und unterstützen" zu wollen. Am Nachmittag werde es ein Treffen geben, er werde "den Übergang unterstützen".

(Bild: APA/Herbert Neubauer)

Vorwürfe Grund für Ausbootung am grünen Bundeskongress?
Die Belästigungsvorwürfe seiner Mitarbeiterin waren innerhalb der Grünen bekannt und dürften mit ein Grund gewesen sein, dass Pilz am vergangenen Bundeskongress bei der Kandidatur für den vierten Listenplatz leer ausging, wird in der Partei erzählt. Dass die Vorwürfe nicht öffentlich gemacht wurden, liege am Wunsch der Betroffenen nach Verschwiegenheit, hieß es bei den Grünen.

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