Drei Jahre ist es her, dass William "B.J." Blazkowicz den Naz… , Verzeihung, dem Regime in "Wolfenstein: The New Order" das Fürchten lehrte. Doch die Gefahr ist nicht gebannt: In Bethesdas großartig inszenierter Fortsetzung, "Wolfenstein II: The New Colossus", wird der Held erneut gefordert.
Amerika, 1961. Blazkowicz' Sieg über General Totenkopf währte nur kurz. Trotz des Rückschlags hält das Regime die Welt weiterhin in seinem Würgegriff. Einmal mehr obliegt es dem sichtlich angeschlagenen Helden, diesen Würgegriff zu beenden. Doch dafür bedarf es einer amerikanischen Revolution. Blazkowicz macht sich auf, den dafür nötigen Widerstand zu formieren. Die Reise führt ihn von der Hammerfaust, einem als Hauptquartier fungierenden U-Boot, u.a. ins nuklear verseuchte New York, nach New Orleans oder die Kleinstadt Roswell in New Mexico - inklusive geheimer UFO-Basis.
Action mit Tiefgang
Es sind jedoch weniger die Schauplätze als vielmehr die Charaktere und ihre Story, die "Wolfenstein II: The New Colossus"so besonders machen und wohlwollend von der Konkurrenz abheben. Abermals gelingt es den Entwicklern von MachineGames, dem schrecklichen Szenario Tiefgang zu verleihen - sei es mit besonders emotionalen, humorigen oder auch verstörenden Momenten, die zwar mitunter hart an der Schmerzgrenze kratzen, dafür aber viel über die Motivation und den Charakter der handelnden Figuren verraten.
Action wird dennoch großgeschrieben, nicht selten sogar derart überzeichnet, dass es humoristische Züge annimmt. So darf sich Blazkowicz etwa gleich zu Beginn des Spiels auf einem Rollstuhl sitzend bzw. fahrend durch ein U-Boot kämpfen. Ob er dabei den Weg durch die Mitte nimmt oder lieber leise auf verstohlenen Pfaden wandelt, obliegt ganz dem Spieler: Die weitläufigen Maps erlauben stets mehrere Herangehensweisen. Die Wegfindung wird dadurch zwar nicht gerade erleichtert, dafür überwiegt das Gefühl der spielerischen Freiheit.
Laut oder leise?
Dass die Stealth-Spielweise manchmal die bessere sein kann, wird spätestens bei den feindlichen Kommandanten offensichtlich, die mit ihren Funkgeräten Alarm schlagen und Verstärkung anfordern. Nur wer sie unbemerkt ausschaltet, verhindert möglicherweise größeren Ärger. Dazu passend können mittels sogenannter Verbesserungen neuerdings auch die eigenen Waffen entsprechend optimiert werden - beispielsweise per Schalldämpfer oder Zielfernrohr.
Wer die Hau-drauf-Methode bevorzugt, entscheidet sich dagegen zum Beispiel für ein größeres Magazin oder tödlichere Munition. Wie gehabt darf dann im Kampf gegen Regimesoldaten und übermächtige Maschinen auch mit zwei Waffen gleichzeitig geballert werden. Die Auswahl gestaltet sich allerdings als etwas umständlich - insbesondere inmitten eines Gefechts, zumal das Geschehen währenddessen nicht verlangsamt wird.
Kein leichter Kampf
Dabei gibt es für genau dieses Problem eine Lösung, wenn auch erst recht spät im Spiel: Mit speziellen Mods kann nämlich auch Blazkowicz' Körper gestählt werden. Sie umfassen gleich mehrere Verbesserungen, die wiederum den eigenen Spielstil unterstreichen können. So stehen neben besagtem Zeitlupen-Effekt etwa ein Paar Stelzen, um höhere Ebenen zu erreichen, oder die Donnerfäuste zur Auswahl. Letztere erlauben es B.J., Wände zu durchbrechen und Gegner niederzutrampeln.
Dass es aller Hilfsmittel zum Trotz mitunter mehrerer Anläufe bedarf, sich der Feinde zu entledigen, ist dem relativ hohen Schwierigkeitsgrad zu schulden. Immerhin: Dank manueller Speicherfunktion kann das eigene Spiel zu jeder Zeit gesichert werden. Wer am Ende eines Levels übrigens feststellen sollte, dass er diverse Sammelgegenstände übersehen hat, muss nicht verzagen: Über eine Karte im Hauptquartier kann Blazkowicz im Rahmen von Nebenmissionen in frühere Gebiete zurückkehren, die sich beim zweiten Besuch teilweise anders präsentieren. Die Missionen selbst sind eher simpel gestrickt, erweitern den Spielumfang jedoch. Einen Multiplayer-Part gibt es nämlich nach wie vor nicht.
Zusätzlichen Wiederspielwert erlangt "Wolfenstein II" durch einen alternativen Storystrang, denn gleich zu Beginn des Spiels muss B.J. eine schreckliche Wahl treffen, die Auswirkungen auf die existierenden Charaktere und auch Waffen hat.
Fazit: "Wolfenstein II: The New Colossus" ist ein knallharter und actiongeladener Shooter geworden. Seine wirkliche Stärke ist jedoch narrativer Natur: Story und Charaktere sorgen für einen willkommenen Kontrast bzw. Ausgleich zur Brutalo-Ballerei und verleihen B.J.s Tour de Force den nötigen Tiefgang. Kurzum: ein Shooter, der nicht nur packt, sondern auch berührt - und definitiv niemanden kalt lässt.
Plattform: PS4 (getestet), Xbox One, PC
Publisher: Bethesda
krone.at-Wertung: 9/10
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