Die aktuelle "metoo"-Debatte in Internet um sexuelle Belästigung beinhaltet auch einen weiblichen Generationen-Konflikt: Viele ältere Frauen wundern sich über die Prüderie der Jungen. Wahrscheinlich auch, weil die feministische Generation 50 plus noch viel mehr erdulden und die Gleichberechtigung erkämpfen musste.
"Wir habe im Jahr 2000 Beratungen. Bei 20 Prozent der Anfragen geht es um sexuelle Belästigung", sagt Christina Hengstschläger, Geschäftsführerin des Autonomen Frauenzentrums, bei dem meist die harten Fälle landen, wo es nicht mehr "nur" um verbale Entgleisungen geht, sondern um massive Übergriffe, die auch strafrechtlich relevant sind. Die Juristin ärgert sich gewaltig über Heckenschützinnen, wie die Schauspielerin Nina Proll, die das "kollektive Jammern" kritisiert hat.
Ärger über fehlende Solidarität
Hengstschläger machen solche Sager "wahnsinnig" und sie fordert mehr weibliche Solidarität ein.
Verdecktes Problem
Unsere "Krone"-Umfrage unter prominenten Oberösterreicherinnen zeigt, dass es durchaus ein verdecktes gesellschaftliches Problem gibt. Die Mechanismen von Macht und Unterwerfung, die sich oftmals als sexuelle Belästigung zeigen, sind den meisten in irgendeiner Form schon untergekommen.
Feministinnen verstehen "Wehleidigkeit" nicht
"Wir haben einerseits eine Gesellschaft, die sexuell sehr offen ist, andererseits gibt es einen Backlash (eine Rückkehr konservativer Einstellungen, Anmerkung der Redaktion) bei den jungen Frauen, eine gewisse Prüderie", sagt zum Beispiel die oö. Gleichbehandlungsanwältin Monika Achleitner.
Ist "Schatzi" wirklich ein Problem?
Altgediente Feministinnen können beispielsweise die große Aufregung über ein männliches "Schatzi" nicht nachvollziehen.
Frust der gut ausgebildeten Frauen
Abseits vom Reizthema Sex macht sich bei der Generation der 30-jährigen Frauen auch eine gewisse Grundfrustration Luft. Es gibt mehr weibliche Akademikerinnen als männliche, doch die bessere Ausbildung zahlt sich beim Großteil weder in der Karriere noch in der Partnerschaft aus.
Die "meetoo"-Kampagne erlebt Christina Hengstschläger vom Autonomen Frauenzentrum Linz als eine "Welle der Solidarität".
"Krone": Wie betrifft die aktuelle Debatte um sexuelle Belästigung das Autonome Frauenzentrum?
Christina Hengstschläger: Die Frauen merken, dass sie nicht alleine sind. Viele, die sich bisher nicht getraut haben, darüber zu sprechen, bekommen, durch die "metoo"-Kampagne mehr Mut.
"Krone": Sie sehen manche Äußerungen, wie zum Beispiel von der Schauspielerin Nina Proll, sehr kritisch.
Hengstschläger: Ja, weil es mich wahnsinnig macht, wenn sich die Diskussion darum dreht, was die Frauen falsch machen und dass sie sich gefälligst nicht so anstellen sollen. Wir müssen uns alle eher fragen, was muss sich bei den Männern ändern?
"Krone": Sie halten solche Äußerungen für entbehrlich.
Hengstschläger: Die alleinerziehende Mutter, die im Gastgewerbe vom Chef dauernd begrapscht wird und sich nichts sagen traut, weil sie den unbedingt Job braucht - das ist die Realität. Um das geht es bei "metoo", ganz klar.
Christoph Gantner, Kronen Zeitung
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