Wladimir Putin tut es. Chinas Präsident Xi Jinping, der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan und der philippinische Machthaber Rodrigo Duterte ebenfalls: Immer mehr Regierungen nutzen bezahlte Informationssöldner im Internet, um die öffentliche Meinung zu ihrem Vorteil zu manipulieren, Wahlen zu sabotieren oder Oppositionelle zu diskreditieren. Das zeigt der neueste "Freedom of the Net"-Report der US-NGO Freedom House.
Demnach gebe es zumindest 30 Regierungen auf der Welt, die eigene Propagandatrupps haben, mit denen sie - mehr im In- als im Ausland - die öffentliche Meinung in sozialen Medien manipulieren. Ihre Methoden - Social Bots, Fake-News-Angebote, "Trolle" in sozialen Medien - unterscheiden sich, ihr Ziel ist stets das gleiche: Die Internetnutzer auf Regierungslinie einschwören.
Wahlmanipulation in mindestens 18 Ländern
"Manipulations- und Desinformationstaktiken haben in mindestens 18 Ländern eine wichtige Rolle bei Wahlen gespielt, was der Möglichkeiten der Bürger einschränkt, ihre Staatschefs auf Basis echter Fakten und authentischer Debatten zu wählen", zitiert die britische Zeitung "Guardian" aus dem NGO-Bericht. Zwar habe man auch vereinzelt - vor allem durch Russland - den Versuch der Einflussnahme in anderen Ländern beobachtet, der Fokus liege aber klar auf der Manipulation der eigenen Bevölkerung. "Sie nutzen diese Methoden für den Machterhalt", heißt es im Bericht.
Die Liste der Länder, die im Netz Meinungsmanipulation betreiben, ist lang: Russland und China zählen dazu, aber auch die Türkei, Saudi-Arabien, der Iran, Ägypten, der Sudan, Äthiopien, Myanmar, Thailand, Vietnam oder Venezuela. In diesen Ländern seien "Armeen von Meinungsbildnern" am Werk, deren Ziel die "Verbreitung von Regierungsstandpunkten, das Voranbringen bestimmter Agenden und die Gegnerschaft zu Regierungskritikern in sozialen Medien" sei.
Die Methoden, die von diesen Ländern angewendet werden, sind gut erforscht. Über Putins "Trollfabriken" wurde bereits viel geschrieben und auch die mindestens 6000 Informationskrieger des türkischen Präsidenten Erdogan machten schon Schlagzeilen. Solche bezahlten Manipulatoren gibt es aber auch auf den Philippinen: Präsident Duterte soll eine "Tastatur-Armee" haben, deren Mitglieder für ein Salär von zehn US-Dollar pro Tag mit Fake-Konten Stimmung in sozialen Medien machen. Und im Sudan ist die Manipulationstruppe direkt dem Geheimdienst unterstellt.
Manipulatoren gehen immer fortschrittlicher vor
Bedenklich an der aktuellen Entwicklung sei, dass die Manipulatoren immer fortschrittliche technologische Mittel einsetzen, wodurch ihr Tun schwerer nachzuweisen ist. Konnte man die Freiheit einer Bevölkerung im Internet früher recht einfach am Vorhandensein von Zensur messen, sind Propaganda, Fake-News und Social Bots schwerer nachzuweisen. Gleichzeitig sind diese Methoden aber auch ungleich effektiver. Wenn Fake-News-Seiten in Suchmaschinen gleich neben seriösen Medien auftauchen, verschwimmen die Grenzen zwischen Wahr und Falsch. Die Bürger werden zumindest verwirrt, bei vielen fruchtet die Gehirnwäsche auch.
"Diese Art der Manipulation ist nicht nur schwer zu entdecken, sondern auch schwer zu bekämpfen", sagt Sanja Kelly von Freedom House. Falschinformationen werden allein durch die Zahl der Manipulatoren, die manch eine Regierung beschäftigt, weit gestreut. Und während die Umgehung von Netzsperren mithilfe von Tunneldiensten ein recht probates Mittel darstellt, um Zensur zu entfliehen, ist das Erkennen von Falschinformationen für viele Menschen keine einfache Übung. Zumal es dafür Medienkompetenz bräuchte, die in den betroffenen Ländern kaum vermittelt wird.
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