Richtungsstreit

Rathausthron in Wien wird zur SPÖ-Kampfzone

Österreich
15.11.2017 19:36

Mehr als eineinhalb Jahre kokettiert Wiens seit 23 Jahren amtierender Bürgermeister und SPÖ-Chef Michael Häupl mit seinem Abgang - und blockiert damit Personalrochaden. Die Lage für die angeschlagene (Noch-)Kanzler-Partei ist am Mittwoch nicht einfacher geworden, Denn jetzt ist es auch offiziell, dass die beiden Galionsfiguren der verfeindeten Lager in den Kampf um den begehrten Thron im Wiener Rathaus ziehen.

Mit Mittwoch sind damit zumindest die Fronten geklärt. Auf der einen Seite steht Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. Er ist schon länger im Spiel um den Rathaus-Thron und konnte auch schon viele Unterstützer für sein Projekt gewinnen - die großen Flächenbezirke der Stadt etwa, Teile der Gewerkschaft, auch viele prominente Vertreter machen klar Werbung für ihren Kandidaten: Arbeiterkammerpräsident Rudolf Kaske etwa oder die nunmehr Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures. Es soll die Mehrheit der Wiener Partei sein, sagt Ludwig gerne, die da hinter ihm steht.

Schieder: "Es geht nicht um links oder rechts"
Mit Mittwoch gibt es aber auch einen Herausforderer: SPÖ-Klubchef Andreas Schieder. In einer Mail (eine A4-Seite) schreibt er den "lieben Genossen" seine Bewerbung für den Top-Job: "Es geht nicht um links oder rechts, nicht um Innenstadt gegen Stadtrandbezirke", ist zu lesen. "Der Diskussionsprozess um die personelle Erneuerung bis zum Landesparteitag darf nicht in Kampf und Streit münden."

Andreas Schieder (SPÖ) (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)
Andreas Schieder (SPÖ)

Video: Schieder kandidiert als Häupl-Nachfolger

Häupl: "Der harmonischste Kandidat wird gewinnen"
Doch genau das droht jetzt bis 27. Jänner. Knapp nach dem Bekanntwerden seiner Kandidatur tauchten die ersten Schieder-Unterstützer auf: Wiener Stadträtinnen, Gemeinderäte und Spitzenpolitiker, die allesamt dem linken Lager angehören. Der Kampf um den Thron wird nun wohl wieder alte Wunden aufreißen, die sowieso nie ganz verheilt waren. Ludwig gab schon im Vorfeld bekannt, ihm sei jeder Gegenkandidat recht. Und Häupl sagte am Mittwoch zur "Krone": "Die Leute wollen nicht mehr streiten. Der harmonischste Kandidat wird gewinnen."

Michael Häupl (Bild: Peter Tomschi)
Michael Häupl

Königsdrama um vorletzte SPÖ-Bastion
Parteichef Christian Kern vermittelte vergeblich zwischen den verfeindeten Lagern in der Wiener SPÖ. Damit steht ein Kampf um die Nachfolge von Häupl ins (Rat-)Haus - ein weiteres Dilemma für die Sozialdemokratie. Am Mittwochvormittag kursierte das Gerücht, Kern werde doch in den Kampf um das Amt des Wiener Bürgermeisters einsteigen. Vertraute wollten den Noch-Kanzler dazu bewegen, als moderner Rathausmann die Stadt durchzulüften. Zudem hätte Kern nach Ansicht seiner Umgebung auch noch nach dem nicht gerade ideal verlaufenen Nationalratswahlkampf erhebliche Strahlkraft bei den Wienern.

Christian Kern, SPÖ (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Christian Kern, SPÖ

Kerns Friedensmission zum Scheitern verurteilt
Mit einem Antreten von Kern für das Bürgermeisteramt hätte sich auch das Königsdrama um die Nachfolge von Häupl abwenden lassen, lautet die kolportierte These. Letztlich wollte der SPÖ-Chef an seiner Rolle des Oppositionsführers festhalten. Kerns Bemühungen, zwischen den zerstrittenen Lagern hinter Ludwig und Schieder zu vermitteln, blieben erfolglos. Die Friedensmission war aber von Vorneherein zum Scheitern verurteilt: Die Feindschaft zwischen dem Ludwig-Team und der Schieder-Truppe ist nur vordergründig ein Streit zwischen den Linken und den Rechten. Es handelt sich vielmehr um eine Art Familienkonflikt. Der Ursprung liegt Jahre zurück - und hat mit Revierkämpfen im Wiener Rathaus zu tun.

Die nun erwarteten Kollisionen um den Rathaus-Thron sind ein neuer Schlag für die SPÖ: Wien gilt neben dem Burgenland als letzte Bastion der Sozialdemokratie. Funktionäre fürchten, offene Rivalitäten könnten die Chancen auf einen Sieg bei den (vorverlegten?) Landtagswahlen schmälern. Mit dem möglichen Ergebnis, dass es dann neben Heinz-Christian Strache als FPÖ-Vizekanzler mit Johann Gudenus in Wien einen FPÖ-Bürgermeister gibt.

Michael Pommer, Claus Pándi, Kronen Zeitung

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