Abschiebebescheide

Peter Hacker: “Nur Bruchteil verlässt das Land”

Österreich
16.11.2017 16:29

Peter Hacker hat am Donnerstag dem "Krone"-Newsroom einen Besuch abgestattet. Im Gespräch mit Interviewer Gerhard Koller stand der Fonds-Soziales-Wien-Geschäftsführer Rede und Antwort zu brennenden Themen wie Asylwerber, Fremdenrechtsgesetz oder Flüchtlingsrückführungen. Dabei stellte Hacker, der auch als Wiener Flüchtlingskoordinator fungiert, zum Thema negative Asylbescheide klar: "Nur ein Bruchteil der Abzuschiebenden verlässt auch tatsächlich unser Land!"

Peter Hacker vom Fonds Soziales Wien (Bild: Martin A.Jöchl, dpa, krone.at-Grafik)
Peter Hacker vom Fonds Soziales Wien

Rund 1000 Migranten mit negativen Asylbescheiden halten sich Hacker zufolge derzeit in der Bundeshauptstadt auf. Diese können aber nicht rückgeführt werden, unter anderem deshalb, weil es etwa keine Rückführungsabkommen mit jenen Ländern gibt, aus denen diese Personen kommen.

Generell nach der Entwicklung der Abschiebungen in Wien gefragt, meinte Hacker: "Die Zahl der Abschiebungen ist nur ein kleiner Bruchteil der Personen, die dann in den offiziellen Statistiken das Land verlassen. Der Großteil dieser Menschen ist im Dublin-Verfahren, das heißt, es sind keine Rückführungen in deren Herkunftsländer, sondern wir exekutieren hier die Dublin-Logik, das Prinzip des Ersteinreiselandes in der Europäischen Union."

"Kaum ein zweites Land in Europa mit derart präzisem Meldesystem"
Zudem gebe es einige Menschen, die wohl auch freiwillig Österreich verlassen und in andere Länder gehen, "in denen die Systeme nicht so präzise sind wie in Österreich. Es gibt ja kaum ein zweites Land in Europa, das ein derart präzises Meldesystem hat oder wo die Kontrollen am Arbeitsmarkt so scharf sind", so Hacker im Live-Talk. So sei es hierzulande kaum möglich, "über einen längeren Zeitraum völlig ohne Berührungspunkt mit irgendeiner öffentlichen Stelle sein Leben zu fristen".

In zahlreichen Fällen sei es auch rechtlich gar nicht möglich, Abschiebungen durchzuführen - zum Beispiel, wenn nicht in sogenannte sichere Drittstaaten außerhalb der EU abgeschoben werden kann. In diesem Zusammenhang liegt für Hacker die Schuld nicht alleine in den Regelungen der Europäischen Union, sondern auch in bilateralen Abkommen.

Peter Hacker (links) mit Interviewer Gerhard Koller (Bild: Martin A. Jöchl)
Peter Hacker (links) mit Interviewer Gerhard Koller

Verschärftes Fremdenrecht in "Elchtest"-Phase
Über das am 1. November in Kraft getretene neue Fremdenrechtspaket, für das ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka einen "konsequenten Vollzug" angekündigt hatte, sagte Hacker: "Dieses Paket definiert die schärfstmöglichen Maßnahmen für Flüchtlinge, etwa in Zusammenhang mit ihrem Aufenthaltsort. Es ist derzeit ein Elchtest, ob das Gesetz auch exekutierbar ist. Für eine Zwischenbilanz ist es noch zu früh."

Eine positive Zwischenbilanz zog der Chef des Fonds Soziales Wien (FSW) bezüglich der Deutschkurse für Asylwerber. Demnach wurden zwischen Juli und Oktober insgesamt 3500 Personen in die Kurse vermittelt. Ähnliche Quoten werden auch für das Jahr 2018 erwartet.

"Besser eine Schul- als eine Parkbank"
Derzeit befinden sich rund 2200 Asylwerber im Alter von 15 bis 21 Jahren in der Wiener Grundversorgung - 500 von ihnen besuchen das Jugendcollege, 600 absolvieren Deutschkurse. Dazu kommen 900 außerordentliche und ordentliche Schüler, Lehrlinge, Studierende sowie Absolventen anderer Ausbildungen. "Eine Schul- oder Werkbank ist für diese Altersgruppe definitiv der bessere Aufenthaltsort als eine Parkbank", sagte Hacker.

Peter Hacker und Gerhard Koller (Bild: Martin A. Jöchl)
Peter Hacker und Gerhard Koller

Insgesamt befinden sich laut Hacker derzeit rund 20.000 Flüchtlinge in Wien in der Grundversorgung. Auch das sei positiv, denn diese Zahl ist so stark rückläufig, dass sämtliche Notquartiere für Flüchtlinge geschlossen werden konnten.

1700 Mitarbeiter beim Fonds Soziales Wien
Der FSW sorgt laut Eigendefinition dafür, "dass alle Wienerinnen und Wiener die Unterstützung bekommen, die sie brauchen". Das Angebot umfasst Leistungen der Pflege und Betreuung, Behindertenhilfe, Wohnungslosenhilfe sowie Grundversorgung für Flüchtlinge. Rund 130.000 Menschen werden pro Jahr unterstützt. Für den FSW sind rund 1700 Mitarbeiter tätig.

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