Das rote Wien will sich gegen die türkis-blaue Mindestsicherungsreform stemmen - eine regelrechte Kriegserklärung an die Absichten der künftigen Bundesregierung. Wenn die Vorschläge in Richtung strengere Regeln gehen, "dann müssen wir dagegenhalten", gab sich Sozialstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) entschlossen. Bürgermeisterkandidat Andreas Schieder stößt in dasselbe Horn: Man werde nicht zuschauen, wie ÖVP und FPÖ die "soziale Mehrheit zerstören" würden. Der Verfassungsjurist Heinz Mayer ortet allerdings kaum Erfolgschancen für eine sozialdemokratische Gegenwehr ...
Die türkis-blauen Verhandler, allen voran Kanzler in spe Sebastian Kurz und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, hatten angekündigt, eine gekürzte Mindestsicherung für Asylberechtigte nach dem Vorbild von Ober- und Niederösterreich in ganz Österreich durchsetzen zu wollen. Eine einfache Mehrheit im Parlament wäre für eine Verschärfung des sogenannten Bundesrahmengesetzes bereits ausreichend. Alle Länder - also auch Wien - müssten sich dann diesem Diktat beugen.
SPÖ will notfalls Verfassungsrichter einschalten
In der Bundeshauptstadt will man sich dagegen zur Wehr setzen. "Jetzt kennen wir ein paar Überschriften und wenige Details", erklärte SPÖ-Bürgermeisterkandidat Schieder. Wenn der Reformvorschlag "wirklich ganz schrecklich" ist, werde man das "auch vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpfen", wetterte Schieder. Entscheidungen über allfällige Schritte würden aber erst getroffen, wenn man sich das Gesetz angeschaut habe. Die Sozialdemokratie schaue nicht zu, wie Schwarz-Blau "die soziale Mehrheit zerstört".
"Bringt Sicherheitsprobleme und Kinderarmut"
Auch SPÖ-Sozialstadträtin Frauenberger lehnt eine Einschränkung der Mindestsicherung dezidiert ab. Sie sei zwar für eine bundeseinheitliche Lösung. Wenn diese aber bedeute, dass Menschen in Wien von 500 Euro leben sollten, lehne sie das ab: "Das bringt so viele Sicherheitsprobleme sowie Kinderarmut mit sich."
Experte: "Drüberfahren" über Länder ist möglich
Einen Dämpfer versetzte Verfassungsjurist Mayer den Widerstandsabsichten der Stadt-Roten. Er erklärte gegenüber dem "Kurier", dass auch ganz konkrete Angaben, wie etwa eine Deckelung bei 1500 Euro, durchaus der gesetzgeberischen Praxis entsprechen würden. Somit wäre ein "Drüberfahren" über die Länder bzw. gegen den Widerstand von Wien durchaus im Bereich des Möglichen.
Auch NEOS für Vereinheitlichung
Übrigens: Mit den NEOS könnten die designierten Koalitionspartner einen potenziellen Partner haben, was einen Beschluss über eine bundeseinheitliche Regelung der Mindestsicherung angeht. Eine Diskriminierung von Ausländern lehne man jedoch ab, stellte NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker am Samstag klar. Dies wäre eine unsachliche Differenzierung. Als Vorbild für die künftige Regierung nennt er das Vorarlberger Modell - mit einem höheren Anteil an Sachleistungen und weniger direkten Geldflüssen.
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