Gerüchte in Berlin:
Bringt Schulz-Abgang die SPD wieder in Regierung?
Nach dem Scheitern der "Jamaika"-Sondierungen in Deutschland und den damit drohenden Neuwahlen sucht nun Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach einem Ausweg aus der verfahrenen Situation. Am Dienstag will er mit FDP-Chef Christian Lindner ausloten, ob es noch Chancen für eine Koalition mit Union und Grünen gibt. Zugleich machen in Berlin Gerüchte die Runde, wonach die SPD-Führung an einer Strategie arbeitet, doch wieder Regierungsverantwortung übernehmen zu können. Voraussetzung dafür: der Rücktritt von Parteichef Martin Schulz.
Schulz hatte am Montag erklärt, die SPD stehe angesichts ihres Ergebnisses bei der Bundestagswahl "für den Eintritt in eine große Koalition nicht zur Verfügung". Die Sozialdemokraten hatten bei der Wahl im September eine historische Niederlage erlitten und nur 20,5 Prozent der Stimmen erhalten. Die Wähler hätten damals auch einer großen Koalition eine Absage erteilt, sagte Schulz.
Folgt Nahles auf Schulz?
Wie ein SPD-Insider am Dienstag krone.at berichtete, seien andere Mitglieder der SPD-Führungsriege jedoch sehr wohl an einer Neuauflage eines Bündnisses der Sozialdemokraten mit der CDU/CSU interessiert. Demnach laufen SPD-intern derzeit Gespräche, die eine erneute große Koalition zum Ziel haben. Voraussetzung dafür wäre laut dem Insider der Abgang von Schulz, der nach dem desaströsen Wahlergebnis ohnehin angeschlagen sei. Als seine Nachfolgerin sei SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles im Gespräch.
Schäuble bald neuer Unionschef?
Weiters spekuliere man ebenso mit einem möglichen Rückzug von Kanzlerin Angela Merkel, die demnach von CDU-Schwergewicht Wolfgang Schäuble abgelöst werden könnte. Mit dem derzeitigen Bundestagspräsidenten als Unionsvorsitzendem und Nahles als neuer SPD-Chefin wäre eine Neuauflage der großen Koalition auch der deutschen Bevölkerung schmackhaft zu machen, hieß es.
Nahles selbst gab sich zu den Gerüchten bedeckt und stellte am Dienstag eine mögliche Wiederauflage einer Zusammenarbeit mit der Union in Abrede. Zwar werde sich die SPD den von Bundespräsident Steinmeier geforderten Gesprächen über einen Ausweg aus der Krise nicht verweigern, doch habe die große Koalition bereits vor der Wahl "am Ende auch inhaltlich nicht mehr die Substanz und die Kraft gehabt", die sie vorher gehabt habe, sagte sie im ZDF-"Morgenmagazin". Zu möglichen Neuwahlen meinte Nahles: "Wir scheuen diese Option nicht."
Merkel zeigt klare Präferenz für Neuwahlen
Merkel hatte nach dem Scheitern der "Jamaika"-Gespräche am Montag die Flucht nach vorne angetreten: Die CDU-Chefin äußerte in der ARD eine Präferenz für Neuwahlen und kündigte ein neuerliches Antreten als Kanzlerin an. Eine Minderheitsregierung, "die von Stimmen aus der AfD abhängig wäre", schloss sie aus. In so einem Fall wären Neuwahlen der bessere Weg, sagte Merkel.
Steinmeier sucht nach Ausweg aus Krise
Bundespräsident Steinmeier hatte die Parteien am Montag dazu aufgerufen, sich erneut um eine Regierungsbildung zu bemühen. "Wer sich in Wahlen um politische Verantwortung bewirbt, der darf sich nicht drücken, wenn man sie in den Händen hält", sagte er nach einem Treffen mit Merkel in seinem Amtssitz im Berliner Schloss Bellevue. Am Dienstag kommt Steinmeier zuerst mit den Grünen-Vorsitzenden Simone Peter und Cem Özdemir zusammen, um sich danach mit FDP-Chef Lindner, der die Verhandlungen abgebrochen hatte, zu treffen. Am Donnerstag steht ein Gespräch mit Schulz auf dem Programm.
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