Trump in Rede:

“Jerusalem ist Hauptstadt, Botschaft wird verlegt”

Ausland
06.12.2017 20:20

US-Präsident Donald Trump hat am Mittwoch in einer Rede, wie zuvor angekündigt, Jerusalem offiziell als Hauptstadt Israels anerkannt. Vor dem Schritt hatten unter anderem die EU und zahlreiche muslimische Staaten gewarnt, da er den Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis schüren dürfte. Für Trump war dieser Schritt der US-Regierung, der auch die Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem bedeutet, aber "längst überfällig". Die internationale Gemeinschaft befürchtet nun neue Spannungen im Nahen Osten.

Der Präsident gab bekannt, dass er "Architekten, Ingenieure und andere Experten" damit beauftragen werde, einen geeigneten Ort für eine neue US-Botschaft in Jerusalem zu finden und zu errichten. Die Anerkennung Jerusalems berühre aber in keinster Weise die Unterstützung einer Zweistaatenlösung, so Trump.

Israel sieht in Trumps Erklärung ein "Geschenk" anlässlich des 70. Jahrestags der Unabhängigkeit. (Bild: AP, AFP)
Israel sieht in Trumps Erklärung ein "Geschenk" anlässlich des 70. Jahrestags der Unabhängigkeit.

Laut Trump handelt es um den "Anfang eines neuen Ansatzes, den Konflikt zwischen Israel und Palästina zu lösen. Wir können unsere Probleme nicht lösen, indem wir dieselben falschen Annahmen und dieselben gescheiterten Strategien aus der Vergangenheit wiederholen." Israel sei eine souveräne Nation und habe auch das Recht, seine Hauptstadt frei zu wählen. Seine Rede schloss Trump mit den Worten: "Gott segne Israel, Gott segne die Palästinenser und Gott segne die Vereinigten Staaten!"

Israelischer Präsident sieht "Geschenk" der USA
Israels Premier Benjamin Netanyahu sprach von einem "historischen Tag". Präsident Reuven Rivlin betrachtete die Anerkennung Jerusalems als Präsent: "Es gibt kein passenderes oder schöneres Geschenk, jetzt wo wir uns 70 Jahren Unabhängigkeit des Staates Israel nähern", sagte er. Gleichzeitig versicherte das Staatsoberhaupt: "Jerusalem ist nicht und wird niemals ein Hindernis für Frieden sein, für die, die Frieden wollen."

Die US-Botschaft in Tel Aviv soll zwar nicht sofort, aber in den nächsten Jahren geschlossen werden. (Bild: AFP)
Die US-Botschaft in Tel Aviv soll zwar nicht sofort, aber in den nächsten Jahren geschlossen werden.

Palästinenser rufen zu "Tagen des Zorns" auf
Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas verurteilte Trumps Entscheidung: "Die amerikanische Regierung hat sich mit dieser Erklärung dazu entschlossen, alle internationalen und bilateralen Resolutionen und Vereinbarungen zu verletzen. Die Taten Amerikas stellen einen Rückzug von seiner Rolle bei der Unterstützung des Friedensprozesses dar." Der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Saeb Erekat, warf Trump die Zerschlagung der Zweistaatenlösung vor.

Auch die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas verurteilte die Entscheidung des US-Präsidenten. "Das palästinensische Volk weiß angemessen auf die Missachtung seiner Gefühle und Heiligtümer zu reagieren", sagte Hamas-Chef Ismail Haniyeh am Mittwochabend. "Trumps Entscheidung wird die historischen und geografischen Fakten nicht verändern." Andere Hamas-Mitglieder äußerten sich wesentlich deutlicher: Achmad Bahar, ein führender Hamas-Vertreter, bezeichnete die Entscheidung Trumps als "Kriegserklärung".

Palästinenser verfolgen die Rede von US-Präsident Trump über den Status Jerusalems. (Bild: AFP)
Palästinenser verfolgen die Rede von US-Präsident Trump über den Status Jerusalems.

Mehrere palästinensische Gruppierungen haben aus Empörung über die US-Entscheidung von Mittwoch an zu drei "Tagen des Zorns" aufgerufen. In der Nähe von Bethlehem kam es zu einer Konfrontation zwischen Palästinensern und israelischen Soldaten. In Bethlehem hatten Demonstranten schon am Dienstagabend Bilder von Trump verbrannt, in Gaza zündeten am Mittwoch Hunderte Demonstranten Trump-Bilder und US-Flaggen an.

(Bild: APA/AFP/MAHMUD HAMS)

Angst vor weiterer Intifada und mehr Extremismus
Die internationale Gemeinschaft reagierte zum Teil mit scharfem Protest. Aus der Arabischen Liga hieß es: "Diese Maßnahme ist ein Schlag für die arabisch-amerikanischen Beziehungen und für die amerikanische Rolle als Vermittler zwischen Palästinensern und Israelis. Sie erschüttert das Vertrauen der Araber in die Neutralität der Amerikaner." Geharnischte Kritik kam auch aus dem Iran. Das dortige Außenministerium warnte zudem vor einer neuen Spirale der Gewalt in der Region: "Diese irrationale und provokante Entscheidung wird zu einer weiteren Intifada sowie mehr Extremismus und Gewalt führen."

Die türkische Regierung verurteilte "die unverantwortliche Stellungnahme der US-Regierung". Trump verstoße mit der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels gegen internationales Recht und gegen UNO-Resolutionen. Die Entscheidung werde negative Folgen "für den Frieden und die Stabilität in der Region" haben. Die USA müssten ihre "falsche Entscheidung" überdenken, teilte das Außenministerium in Ankara am Mittwochabend mit. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte bereits zuvor mit einem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Israel gedroht und gesagt: "Herr Trump, Jerusalem ist die rote Linie der Muslime."

Der türkische Präsident Erdogan fordert Trump auf, die "falsche Entscheidung" zu überdenken. (Bild: APA/AFP/ADEM ALTAN)
Der türkische Präsident Erdogan fordert Trump auf, die "falsche Entscheidung" zu überdenken.

Macron: Trump verletzt internationales Recht
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach von einer Verletzung des internationalen Rechts. Es handle sich um eine einseitige Entscheidung des US-Präsidenten, sagte Macron am Mittwochabend beim Abschluss seines Algerien-Besuchs in Algier. "Wir müssen um jeden Preis Gewalttätigkeiten vermeiden und den Dialog bevorzugen."

Frankreichs Präsident Macron: "Wir müssen Gewalt um jeden Preis vermeiden." (Bild: APA/AFP/RYAD KRAMDI)
Frankreichs Präsident Macron: "Wir müssen Gewalt um jeden Preis vermeiden."

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sprach sich für einen Dialog aus und verwies auf die Position der EU. "Eine Lösung im Nahostkonflikt kann nur durch direkte Gespräche zwischen beiden Seiten erzielt werden", so Kurz. Die Festlegung des Status von Jerusalem solle das Ergebnis direkter Verhandlungen beider Seiten sein. Es brauche ein behutsames Vorgehen und es müsse alles dafür getan werden, eine weitere Eskalation zu vermeiden.

Außenminister Kurz: "Festlegung auf einen Status sollte Ergebnis von Verhandlungen sein." (Bild: AFP)
Außenminister Kurz: "Festlegung auf einen Status sollte Ergebnis von Verhandlungen sein."

Israel hatte 1967 während des Sechstagekriegs den arabisch geprägten Ostteil Jerusalems erobert und später annektiert. Es beansprucht ganz Jerusalem als seine unteilbare Hauptstadt. Dieser Anspruch wird international nicht anerkannt. Unter anderem erkennen die Vereinten Nationen nicht ganz Jerusalem als Israels Hauptstadt an. Die Palästinenser sehen in Ostjerusalem ihre künftige Hauptstadt.

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