Nach Bekanntwerden der Pläne der türkis-blauen Verhandlungspartner zur Beseitigung des generellen Rauchverbotes in der Gastronomie ab Frühling 2018 hagelt es von allen Seiten heftige Kritik. Als "katastrophales Signal" oder "Rückschritt" bezeichnen rennomierte Ärzte den Beschluss. Paul Sevelda, Präsident der Österreichischen Krebshilfe, sieht darin sogar ein "Verbrechen an der Bevölkerung".
"Das ist die erste österreichische Bundesregierung, der die Gesundheit der Bevölkerung egal ist", empört sich Sevelda im "Kurier". Für ihn sei die Rücknahme des Verbots ein "politisches Kleingeld, das auf Kosten der Mehrheit" gewechselt werde.
In diesselbe Kerbe schlägt Thomas Szekeres, Präsident der Österreichischen Ärztekammer: "Das ist schlecht für die Gesundheit der Österreicher. Ärzte können nicht für das Rauchen sein." Es sei nachgewiesen, dass nach generellen Rauchverboten in der Gastronomie zum Beispiel die Häufigkeit von Herzinfarkten zurückgegangen sei. "Wir Ärzte müssen unsere Patienten und auch die Nichtraucher schützen", so Szekeres.
"Ich bin schockiert"
Auch Florian Stigler vom Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung der MedUni Graz, zeigt sich schockiert: "Für mich ist das ein absoluter Umfaller. Ich bin schockiert. Die Zurücknahme eines guten Rauchgesetzes ist ein Rückschritt, wenn das nicht ein noch weiterer Rückschritt ist, als man das zunächst meinen könnte." Stigler spricht damit die Veränderung der Quadratmetergrenzen für mögliche Raucherlokale - bisher höchsten 50 Quadratmeter (wenn keine Nebenräume bestehen). Unter bestimmten Voraussetzungen sollen es offenbar in Zukunft bis zu 75 Quadratmeter sein.
Umweltmediziner: "Größere Verschlechterung"
"Das ist eine Verschlechterung gegenüber dem derzeitigen Stand, weil die Wirte in Österreich offenbar nicht mehr nur bis zu einer Grundfläche des Lokals von 50 Quadratmetern, sondern bis zu 75 Quadratmetern entscheiden dürfen sollen, ob sie ein Rauchlokal haben wollen oder nicht", sagt der Wiener Umweltmediziner Manfred Neuberger von der Initiative Ärzte gegen Raucherschäden. Der versprochene stärkere Schutz der Jugendlichen mit Anhebung des Alterslimits für das Rauchen von 16 auf 18 Jahre sei schlicht und einfach ein "Feigenblatt". "Das haben nämlich die Bundesländer längst beschlossen."
"Gastro-Rauchverbot richtet keinen wirtschaftlichen Schaden an"
Für völlig obsolet hält der US-Kardiologie und kalifornische Anti-Rauch-Papst Stanton Glantz die Diskussionen rund um mögliche negative wirtschaftliche Effekte eines generellen Gastro-Rauchverbots: "Beverly Hills war die erste kalifornische Gemeinde, die ein generelles Rauchverbot verhängte. Den Gegnern gelang es schließlich, wieder eine Aufhebung des Verbots zu erreichen. Wir erhielten von den Steuerbehörden die Quartalsumsätze der Gastronomie und hatten dadurch zwei direkt vergleichbare Zeitperioden. Da stellte sich heraus, dass das Verbot bzw. die Aufhebung keinen Effekt auf die Umsätze hatten. Sonst hätte es nach der Rücknahme des generellen Verbots zum Beispiel in Beverly Hills einen Anstieg der Umsätze geben müssen. Das war nicht der Fall." Die entsprechende wissenschaftliche Studie publizierte Glantz bereits im Jahr 1994.
Das Ausbleiben von negativen wirtschaftlichen Effekten sei mittlerweile in vielen Dutzend Studien nachgewiesen, betont Glantz. "Die einzigen, die das zeigten, waren von der Tabakindustrie gesponsert. Und insgesamt machte das generelle Rauchverbot die Lokale ertragreicher, weil sie zum Beispiel weniger oft ausmalen müssen und weniger an Prämien für die Brandversicherung zahlen müssen."
Unterdessen hat Heinz-Christian Strache das Kippen des Rauchverbots vehement verteidigt: "Die Wahlfreiheit bleibt erhalten. Die Existenz der Lokale ist gesichert", freut sich der FPÖ-Chef auf Twitter.
Auch auf Twitter wird das Thema teilweise emotional diskutiert:
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