Rund 1000 Mitarbeiter verlieren durch die Insolvenz der Fluglinie Niki ihre Jobs - und das kurz vor Weihnachten. Dementsprechend betreten war die Stimmung bei der Betriebsversammlung der Niki-Mitarbeiter am Donnerstag in Schwechat. Soforthilfe hat nun ausgerechnet der erbitterte Konkurrent am Flughafen Wien, die Austrian Airlines, angeboten. An Piloten, Flugbegleiter und Techniker von Niki erging der Aufruf, sich bei der AUA zu bewerben. Von AUA-Chef Kay Kratky wurde ein beschleunigtes Bewerbungsverfahren zugesagt, Niki-Mitarbeiter können sich sofort melden.
Die zur Lufthansa gehörende österreichische AUA sucht derzeit mehrere Hundert Mitarbeiter - vor allem bis zu 200 fertig ausgebildete Piloten und rund 300 Flugbegleiter. Auch 50 bis 100 Techniker werden gesucht, in der Verwaltung sind rund 20 Stellen frei. Laut Kratky bietet die AUA für Piloten und Pilotinnen von Niki unter www.austrianpilots.at eine spezielle, auf diese erfahrene Personengruppe ausgerichtete sogenannte Fast Track Selection an.
Für Flugbegleiterinnen gibt es am 21. Dezember um 8.30 Uhr ein Casting im AUA-Trainingscenter. Das richtet sich speziell an Mitarbeiter von Niki. Laut AUA reicht es dafür, einen kurzen Lebenslauf mitzubringen. Ein zweiter Vorsprachetermin wird noch gesucht. Hinzugefügt wurde aber, dass nicht alle infrage kommenden Personen sofort aufgenommen werden können und dass auch der Bewerbungsprozess selbst Zeit in Anspruch nehmen wird.
"Fühlen uns kollegial verbunden"
Für die per Donnerstag stillgelegte Niki Luftfahrt gab es von der Konkurrenz Komplimente: "Niki ist ein respektabler Mitbewerber mit guten Mitarbeitern, die sich in den vergangenen Jahren einen guten Ruf im Ferienflugbereich erarbeitet haben", so AUA-Chef Kratky. "Wir bedauern die schwierige Situation und fühlen uns kollegial verbunden."
Rückholaktion für Passagiere angelaufen
Die Rückholaktion österreichischer Passagiere - knapp mehr als 5000 - nach der Niki-Pleite ist unterdessen angelaufen. Im ersten Schritt werde versucht, Niki-Passagiere auf bestehenden Flügen anderer Airlines unterzubringen, hieß es am Donnerstag vom Sprecher des Verkehrsministeriums, Andreas Strobl. Damit sei bereits begonnen worden. Sollten diese Kapazitäten nicht reichen, werde man zusätzliche Charterflüge bei der AUA in Auftrag geben. Die Airline holt dafür sogar eigens Flugzeuge aus den Hangars. "Wir stehen für Rückholaktionen so weit wie möglich parat", teilte AUA-Chef Kratky mit.
Für die weiteren der insgesamt rund 40.000 gestrandeten Niki-Reisenden organisieren Airlines eine Hilfsaktion. Nach der Insolvenz und mit Donnerstag bereits erfolgten Einstellung des Flugbetriebs der Fluglinie versucht der bestellte deutsche Masseverwalter Lucas Flöther einen Notverkauf.
Hunderttausende Tickets verloren Gültigkeit
Mit Einstellung des Flugbetriebs verloren nach Angaben des Masseverwalters rund 350.000 ausgestellte und bezahlte Einzeltickets ihre Gültigkeit. Dazu kommen 410.000 über Reisebüros und -veranstalter gebuchte - aber in der Regel noch nicht ausgestellte - Tickets. Dem Insolvenzverwalter zufolge hatten in den nächsten 14 Tagen knapp 40.000 Passagiere ihren Heimflug mit Niki geplant, von diesen hatten 15.500 selbst gebucht, die restlichen 25.500 über Reisebüros.
Aus für "Mallorca-Shuttle", Urlauber sitzen fest
Besonders viele Flüge hatte Niki nach Mallorca, seit die österreichische Airline im heurigen März für Air Berlin den gesamten Mallorca-Verkehr aus dem deutschsprachigen Raum übernahm - nicht nur aus Österreich, sondern vor allem auch aus Deutschland und der Schweiz. Von Österreich aus hatte Niki im Winterflugplan zwölf wöchentliche Verbindungen nach Mallorca, samt Abflügen aus deutschen und Schweizer Städten standen nicht weniger als 145 Flüge pro Woche auf dem Flugplan. Beworben wurde Niki auch den heurigen Sommer über schon als neuer Mallorca-Shuttle.
Angaben der spanischen Flughafengesellschaft Aena zufolge sind es allein an den ersten vier Tagen nach der Pleite 72 Flüge von und nach Palma de Mallorca, die ausfallen. Vor allem am Wochenende hatte es starke Frequenz gegeben: Am Freitag hätten 18 Niki-Maschinen starten und landen sollen, am Samstag 32 und am Sonntag 16, hieß es. Die insgesamt 66 Flüge hätten rund 10.000 Passagiere befördern sollen.
Auch Flughäfen Salzburg und Graz betroffen
Auch die Flughäfen Salzburg und Graz sind von der Niki-Pleite betroffen. In Salzburg entfallen im laufenden Winterflugplan sechs Flüge zu fünf Zielen in Spanien und zwei wöchentliche Flüge nach Hurghada in Ägypten. "Wir haben mit tiefstem Bedauern das eingeleitete Insolvenzverfahren gegen Niki zur Kenntnis gekommen", sagte Flughafensprecher Alexander Klaus. "Die Luftfahrtbranche erarbeitet derzeit Lösungen, wie Niki-Passagiere wieder nach Hause zurückgebracht werden können. Für die Branche und die Mitarbeiter der Fluglinie ist die aktuelle Situation so kurz vor Weihnachten nur schwer zu verkraften."
Die wirtschaftlichen Folgen des Niki-Aus für den Flughafen Salzburg seien momentan noch nicht absehbar. "Wir müssen einmal bis Mitte Jänner abwarten, wie sich der Markt arrangiert", so Klaus. Möglicherweise könnten Lücken von anderen Fluglinien geschlossen werden. Beim Flughafen Graz ist ein Flug betroffen - jener am Samstag nach Teneriffa. Die Flughafenleitung wartete Donnerstagfrüh aber noch auf die offizielle Bestätigung, dass nicht geflogen wird.
Letzter Niki-Flug in der Nacht auf Donnerstag
Seit Mitternacht bleiben alle Niki-Maschinen am Boden. Der letzte Flug unter "HG"-Flugnummer landete um 23.18 Uhr aus Teneriffa kommend in Wien. "Der Flugverkehr der Niki Luftfahrt GmbH unter dem IATA-Airlinecode 'HG' wird ab dem 14. Dezember 2017 eingestellt", teilte Niki am Mittwoch via Twitter und auf der Homepage mit. Flüge sind nicht mehr buchbar.
Übernimmt nun Niki Lauda?
Nun wird versucht, den Geschäftsbetrieb von Niki durch einen Schnellverkauf, einen sogenannten Fire Sale, doch noch zu retten. Laut Masseverwalter Flöther habe man "noch ein paar Tage Zeit". Der Insolvenzverwalter kündigte an, umgehend Gespräche mit infrage kommenden Investoren aufzunehmen. GPA-Chef Wolfgang Katzian hofft auf eine Rettung. Er sagte im Ö1-"Morgenjournal", es gebe nach der Insolvenz drei bis vier potenzielle Interessenten für Niki. Niki Lauda erklärte, er sei bereit, die einst von ihm gegründete Airline zu übernehmen.
Auch Wirtschaftkammerpräsident Christoph Leitl hofft auf Niki Lauda für die Rettung von Niki. "Wenn er das in die Hand nimmt, bin ich zuversichtlich, dass auch eine gute Lösung folgen wird", sagte er am Donnerstag. Lauda kenne die Situation der von ihm gegründeten Airline und der Branche insgesamt. "Jetzt ist Herr Lauda am Zug", schließlich habe er in den Medien "eine Ansage gemacht". Kritik gibt es von Leitl an der Entscheidung der Wettbewerbshüter der EU, schärfere Bedingungen für eine Übernahme durch Lufthansa zu verlangen. Auf die Frage, ob es vernünftig gewesen wäre, Niki der Lufthansa zuzuschlagen, sagte Leitl: "Aus meiner Sicht ja."
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