Noch vor der offiziellen Angelobung der türkis-blauen Regierung am Montag haben sich der künftige Bundeskanzler Sebastian Kurz und sein Vize Heinz-Christian Strache am Sonntag mit "Krone"-Redakteur Claus Pándi im Palais Epstein in Wien zum krone.tv-Interview getroffen. Im Mittelpunkt des Gesprächs stand natürlich das neue Regierungsprogramm, das vor allem eines in Österreich bewirken soll: Veränderung.
Über kurz oder lang soll vieles anders werden im Land, sind sich die beiden Regierungspartner einig. Dass bei einer solchen Richtungsänderung aber freilich auch mit jeder Menge Gegenwind zu rechnen ist, sei selbstverständlich, so Kurz: "Man kann natürlich gegen unser Regierungsprogramm sein. Das ist legitim, es ist anders als das zuvor." Der künftige Bundeskanzler sei sich daher zu 100 Prozent sicher, dass es zu Widerstand kommen werde, aber: "Wir tun das, was wir für richtig erachten."
Damit das "Wir" aber überhaupt zu einem Konsens in punkto Regierungsprogramm kommen konnte, waren harte Verhandlungen nötig, auch wenn bei den großen Themen wie Sicherheit und Migration laut Kurz schnell Einigkeit herrschte: "Da haben wir uns schnell gefunden."
"CETA war eine rote Linie für die ÖVP"
Bei den Themen Rauchen, Europa, direkte Demokratie und CETA habe man hingegen Kompromisse eingehen müssen. "Bei CETA konnten wir uns zum Beispiel nicht durchsetzen. Das schmerzt auch. Wir wollten eine Volksbefragung sicherstellen. Das ist uns nicht gelungen. Das war eine rote Linie für die ÖVP. Da muss man dann die Abwägung treffen. Bricht man da Verhandlungen ab und erlebt am Ende eine Fortsetzung mit den Sozialdemokraten?", gibt Strache zu bedenken. Wichtig sei aber: "Beide Seiten finden sich in dem Regierungsprogramm wieder. Das macht ja Partnerschaft aus. Wir gehen ja keine Ehe ein, aber wir haben eine gute inhaltliche Partnerschaft im Interesse der österreichischen Bevölkerung gefunden", so Strache.
"Familie ist natürliche Keimzelle für funktionierende Gesellschaft"
Apropos: Das Thema Ehe findet sich mehr oder weniger indirekt auch im aktuellen Regierungsprogramm wieder - wenn auch in Form einer durchaus altmodisch anmutenden Wortwahl. So ist darin zu lesen: "Die Familie als Gemeinschaft von Frau und Mann mit gemeinsamen Kindern ist die natürliche Keimzelle für eine funktionierende Gesellschaft." Passt diese Wortwahl zu einem jungen Kanzler wie Kurz? Auch wenn der 31-Jährige der Aussage inhaltlich voll zustimmt: "Mein Sprachgebrauch wäre vielleicht eher: Die Familie ist die Basis für eine funktionierende Gesellschaft."
"Man kann alles falsch interpretieren"
"Das, was es aussagen soll, ist, dass der Fortbestand einer Familie nur dadurch möglich wird, dass durch die Partnerschaft von einer Frau und einem Mann auch Kinder entstehen können und hoffentlich auch entstehen und damit auch unsere Gesellschaft Zukunft hat. Das ist etwas, das wir unterstützen wollen", erläutert Strache. Als Seitenhieb gegen die kürzlich vom Verfassungsgerichthof bewilligte Homoehe will Kurz diesen Punkt jedoch keinesfalls sehen: "Man kann alles falsch interpretieren."
Kinder seien für die Gesellschaft aber jedenfalls essenziell wichtig. Daher soll es künftig auch steuerliche Entlastungen für Eltern geben. "Weil das ohnehin diejenigen sind, die oftmals doppelt und dreifach belastet werden", so Kurz. Aber auch im Bildungsbereich hat sich die neue Regierung viel vorgenommen. So soll unter anderem sichergestellt werden, dass Kinder erst in die Schule starten, wenn "sie ausreichend Deutsch sprechen können, um dem Unterricht folgen zu können".
Ist Lockerung des Rauchverbots nicht rückschrittlich?
Für viel Diskussionsstoff hat bislang auch das Zurückrudern der künftigen Regierung in Sachen Rauchverbot gesorgt. Ist das Aus für das generelle Rauchverbot nicht als rückschrittlich zu erachten? "Ich glaube, es ist sind ganz, ganz wesentliche Bereiche, die in einer Demokratie zu schützen sind. Nämlich Selbstbestimmung, keine staatliche Bevormundung zu setzen und die Freiheit des Einzelnen. Und ja, wir wollen Nichtraucher schützen. Und dieser Nichtraucherschutz ist sichergestellt", so Strache.
"Es wird nicht alles am ersten Tag gehen"
Doch wie schnell soll das neue Regierungsprogramm jetzt überhaupt umgesetzt werden, wann ist die groß angekündigte Veränderung zu erwarten? Strache: "Es sind viele kleine Schritte notwendig. Es wurden von den Sozialdemokraten über die Jahre viele Fehler gemacht, die wir jetzt korrigieren müssen. Das geht nicht am ersten Tag, sondern schrittweise. Wir haben uns aber sehr wohl Dinge auch sehr rasch vorgenommen, wenn es zum Beispiel um die Entlastung der Familien geht. Aber eines ist wichtig: Es wird nicht alles am ersten Tag gehen. Wir werden nicht hier im ersten Jahr alles umsetzen können."
"Ich bin zum Teil an meine Grenzen gegangen"
Bevor es nun aber tatsächlich an die Umsetzung der angekündigten Punkte kommt, steht den beiden nun der wohlverdiente Weihnachtsurlaub bevor - diesen wollen sowohl Strache als auch Kurz im Kreise der Familie verbringen. Der berühmte Partyurlaub des künftigen Vizes wird es also nicht, denn die arbeitsintensive Zeit hat ihre Spuren hinterlassen: "Ich gebe zu, was meine physische und psychische Belastung betrifft, bin ich zum Teil über meine Grenzen gegangen. Ich freue mich jetzt auf den Heiligen Abend. Aber bis dorthin wird es noch sehr, sehr intensiv. Ich freue mich dann einfach, am 24. Dezember mich im Kreise meiner Familie ein bisschen fallen lassen zu können. Das ist notwendig. Aber sicher nicht auf Ibiza", sagt Strache.
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