Die italienische Rechtspartei "Brüder Italiens" (Fratelli d'Italia - FLI) kritisiert die Entscheidung von ÖVP und FPÖ, die Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft für Südtiroler ins Regierungsprogramm aufzunehmen, scharf. "Hände weg von Südtirol!", schrieb FLI-Chefin Giorgia Meloni am Montag. In Südtirol selbst werden die Pläne der neuen Regierung in Wien größtenteils begrüßt.
"Nach den Milliarden, die Italien für die Südtiroler Autonomie gezahlt hat, pfeift Österreich auf die 1992 besiegelte Streitbeilegung und bietet Südtirolern den Doppelpass an. Dies erfolgt im totalen Schweigen der sozialdemokratischen Regierung in Rom", so Meloni in ihrem Schreiben.
"Österreich darf sich illegale Invasionen nicht erlauben"
"Österreich darf sich illegale Invasionen nicht erlauben. Es ist ein Wahnsinn, zu denken, dass ein Teil Italiens von einer Mehrheit österreichische Bürger bewohnt sein könnte. Das wäre eine verkappte Sezession. 'Brüder Italiens' wird dagegen in Südtirol, im Parlament sowie in jeder Institution auf die Barrikaden gehen", so Meloni. Sie forderte einen Eingriff von Staatschef Sergio Mattarella, um Österreichs Pläne zu stoppen.
EU-Parlamentspräsident: "Ära des Nationalismus ist abgeschlossen"
Kritik an der österreichischen Regierung übten auch der italienische Außenminister Angelino Alfano und der aus Italien stammende EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani. Alfano wolle mit der Regierung in Wien über deren Pläne diskutieren. Die Gespräche sollen im Einklang mit Italiens Geschichte und "mit dem Schutz unserer Bevölkerungen und unserer Mitbürger" erfolgen, deren Position in Sachen Staatsbürgerschaft "sehr klar" sei, argumentierte Alfano. Laut Tajani wäre es ein "willkürlicher Schritt", Italienern deutscher oder ladinischer Muttersprache den österreichischen Pass zu gewähren. Die Spannungen würden damit genährt werden. "Europa hat zwar viele Fehler, hat aber die Ära des Nationalismus abgeschlossen", sagte Tajani. Benedetto Della Vedoca, Politiker im italienischen Außenministerium, bezeichnete den Vorstoß als "ethno-nationalistisch".
Südtiroler Landeshauptmann zurückhaltend
Der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher erklärte am Montag, die FPÖ vertrete eine "nationalistische" Politik, die das Gegenteil der Südtiroler Vorstellungen sei. Die Südtiroler seien überzeugte Europäer, die weiterhin als Vermittler und "Brücke" agieren wollten.
Südtiroler Parteien erfreut über Doppelpass
Auf einer parteiübergreifenden Pressekonferenz in Bozen erklärten sich indes Vertreter der Süd-Tiroler Freiheit, der Freiheitlichen, der SVP-Altmandatare und des Südtiroler Heimatbundes erfreut über die Verankerung der Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler im türkis-blauen Koalitionsvertrag. Die Umsetzung soll laut FPÖ-Südtirolsprecher Werner Neubauer "bald angegangen werden". Das Gedenkjahr 2018 wäre dafür ein würdiger Anlass, so Neubauer, der aber gleichzeitig einräumte, dass er auch verstehen könne, wenn sich die Vorbereitungen etwas länger hinziehen würden. Arbeitsgruppen sollen offene Fragen klären, eine der Gruppen soll auch in Südtirol angesiedelt sein. Für diese könnte sich Neubauer Altlandeshauptmann Luis Durnwalder (SVP) als Vorsitzenden vorstellen.
70 Prozent sprechen deutsch
Südtirol gehört erst seit Ende des Ersten Weltkrieges zu Italien, wo es einen besonderen Status der Autonomie hat. Davor war es Teil von Österreich-Ungarn. Bei der letzten Volkszählung im Jahr 2011 gaben 70 Prozent der Bevölkerung an, deutschsprachig zu sein. Demnach sprachen 26 Prozent italienisch und vier Prozent ladinisch.
Hofer-Rede 2015: "Südtiroler, eure Heimat ist Österreich!"
Der neue Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) hatte sich 2015 in einer Rede für eine Wiedereingliederung Südtirols in den österreichischen Staat starkgemacht. "Südtiroler, eure Heimat ist Österreich! Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist durch die Autonomie auf keinen Fall enderledigt", sagte Hofer damals anlässlich der "Andreas-Hofer-Feier" des Südtiroler Schutzbundes.
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