In Tirol landen laut Greenpeace jährlich mehr als 100.000 Tonnen Lebensmittel im Müll. Ein Großteil dieser Produkte wäre noch einwandfrei genießbar. Molkereien in Norwegen formulieren nun das Mindesthaltbarkeitsdatum neu. Die "Krone" hat sich umgehört - und auch in Tirol stößt diese Idee auf Anklang.
Mehr als die Hälfte des Abfalls in Tirol, also mehr als 50.000 Tonnen, wären laut Greenpeace vermeidbar. Einer der Hauptgründe für die immensen Müllberge: Unzählige Lebensmittel, deren Haltbarkeitsdatum überschritten wurde, werden ungeprüft weggeworfen.In Norwegen steht deshalb seit Montag auf vielen Milchprodukten "mindestens haltbar bis, aber nicht schlecht nach". Damit soll ein Umdenken bei den Verbrauchern entstehen. Denn das Mindesthaltbarkeitsdatum ist kein Ablaufdatum, sondern lediglich eine Frischegarantie des Herstellers - die in der Regel eher kurz angesetzt ist. Ein Test von Greenpeace Österreich machte deutlich, dass ein Großteil der Lebensmittel aber noch lange danach einwandfrei genießbar ist.
Auch in Tirol denkbar?
"Mir gefällt die norwegische Lösung sehr gut und wir werden das mit Sicherheit intern besprechen", sagt Josef Braunshofer, Geschäftsführer der Bergland- und Tirol Milch auf Nachfrage der "Krone". Denn gerade Joghurt, Käse und Co. sind laut Greenpeace-Test noch lange nach der Haltbarkeitsempfehlung in ausgezeichnetem Zustand. "Wir werden auf dieses Thema künftig auch noch stärker auf unserer Website hinweisen", sagt Braunshofer, "denn um herauszufinden, ob ein Produkt noch gut ist, gibt es einen Test: schauen, riechen, kosten."
Die richtige Lagerung
Aber warum wird das Mindesthaltbarkeitsdatum dann so kurz angesetzt? Laut Greenpeace machen das Produzenten, um etwaigen Haftungsfragen zu entgehen. Braunshofer erklärt die Herangehensweise anders: "Wir führen Simulationstests durch und schauen, wie lange Produkte unter widrigsten Bedingungen halten und davon ausgehend, rechnen wir das Mindesthaltbarkeitsdatum aus. Dabei gehen wir aber immer an die Grenzen." Entscheidend ist grundsätzlich die richtige Lagerung des Produkts. "20 Minuten in einem 40 Grad warmen Auto setzen der Milch schon sehr zu", erklärt Braunshofer.
Zu bunt für den Markt
Aber nicht nur das Mindesthaltbarkeitsdatum führt dazu, dass gute Produkte im Müll landen. Vor allem bei Gemüse wird großzügig aussortiert: zu klein, zu groß, zu krumm - zu bunt. "Tomaten können tatsächlich zu rot für den Supermarkt sein", erklärt Claudia Sacher vom Verein "Feld". Der Verein sammelt dieses Gemüse ein und verarbeitet es weiter zu Marmeladen, Chutneys und Suppen. Die kann man sich im Raum Innsbruck Stadt ab sechs Portionen ins Büro liefern lassen. Bezahlen muss man dafür nichts, aber man kann einen so genannten Wertschätzungsbeitrag geben - dieser finanziert wiederum weitere Projekte ähnlicher Art. "Wir machen Schulprojekte, Workshops und Einkochschulungen", schildert Luzia Dieringer, die auch für "Feld" tätig ist. Auf EU-Ebene arbeiten aktuell fünf Staaten und acht Partner an dem Projekt "Strefowa", um weniger Lebensmittel zu verschwenden und Müll richtig zu verwerten. Auch Tirol ist daran beteiligt. In etwa zwei Monaten wird die heimische Abfallwirtschaft zwei Pilotprojekte für Tirol vorstellen.
Anna Haselwanter, Kronen Zeitung
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