Toyota bringt die vierte Generation des Hybrid-Pioniers Prius auf den Markt und hat ihn dafür von Grund auf neu aufgestellt: größer, spritziger, sparsamer denn je soll er sein (3 Liter Normverbrauch), und das perfekte Fluchtfahrzeug für Bankräuber - jedenfalls dem aktuellen Super-Bowl-Werbespot nach zu urteilen, wo das brandneue Hybridfahrzeug wie wild durch die Gegend driftet. Ist er wirklich von der grauen Umweltmaus zum flinken Wiesel geworden?
Sagen wir so: Das mit dem Driften geht als übertreibende Veranschaulichung durch, denn der Prius IV hat extrem an Dynamik und Geschmeidigkeit gewonnen. An der Lenkung haben die Japaner richtig gearbeitet, doch vor allem beim Fahrwerk ist ein Quantensprung gelungen: komfortabel und zugleich prägnant, selbst beim zügigen Überfahren aufbetonierter Tempobremsen. Das freut nicht nur künftige Besitzer, sondern auch Millionen Taxifahrgäste.
Im Super-Bowl-Spot wird der Prius zum Fluchtfahrzeug - und driftet:
Extra-Lob vom CVT-Gegner
Man möchte beim Fahren nicht glauben, dass die Systemleistung von 136 auf 122 PS gesunken ist, so gut fühlt sich das an. Der Elektromotor kommt nur noch auf 72 PS bzw. 163 Nm (früher 82 PS/207 Nm), der überarbeitete 1,8-Liter-Vierzylinder-Benziner leistet 98 PS und stemmt seine 142 Nm bereits bei 3600 statt 4000/min. Der Clou ist aber, dass die E-Power den Verbrenner schon bei geringeren Drehzahlen unterstützt und auch nach oben länger erhalten bleibt.
Natürlich wird die Kraft auch bei dieser Prius-Generation von einem stufenlosen CVT-Getriebe übertragen. Schon bei dem Gedanken stellen sich mir eigentlich die Haare auf - und trotzdem fühle ich mich wohl am Steuer des Toyota Prius IV. Klar, der Motor heult noch immer auf, wenn man viel Gas gibt, das ist jedoch durch das neue Kraftmanagement viel seltener notwendig, außerdem agiert das CVT direkter, was dazu führt, dass Motorgeräusch und Beschleunigung mehr miteinander zu tun haben als früher. Abgesehen davon ist der Motor akustisch auch sehr gut weggedämmt.
Lässt man es drauf ankommen, lässt sich der Prius mit seinen 1450 kg in 10,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h prügeln.
Warum sinkt der Verbrauch nur die ganze Zeit?
Man darf nicht vergessen: Ein Prius ist nicht zum sportlich-dynamischen Fahren gebaut, sondern zum Spritsparen (vor allem in der Stadt). Und was das betrifft, hat er mich tatsächlich überrascht. Bei Testfahrten in und um Valencia zeigte der Bordcomputer zwischen 4,8 und 5,5 l/100 km, bei einem Mix aus Stadtverkehr, Überlandfahrt und Autobahn mit maximal 130 km/h. Längere Vollgasstrecken auf der Autobahn (er schafft 180 km/h) würden den Verbrauch nach oben treiben.
Besonders bemerkenswert: Obwohl der Prius mit seiner Nickel-Metallhydrid-Batterie nur rund 2 km am Stück elektrisch fahren kann, wies mir das Display bei einer solchen Mix-Fahrt einen rein elektrischen Fahranteil von 37 Prozent aus - das Prinzip Rekuperation scheint hervorragend zu funktionieren.
Es wird grundsätzlich rekuperiert, wenn man vom Gas geht. Auch beim Tritt auf das Bremspedal wird das Fahrzeug zunächst nur durch Energierückgewinnung verlangsamt, bevor dann die eigentliche Bremse aktiv wird. Gut für den Energiehaushalt, schlecht fürs Bremsgefühl, vor allem bei langsamer Fahrt. Beim 330e von Kooperationspartner BMW könnten sich die Toyota-Ingenieure anschauen, wie das funktionieren kann.
Es gibt drei Fahrmodi, eco, normal und Sport, wobei der eco-Modus dem entspricht, was früher der Normalmodus war. "Sport" entspricht nicht ganz dem Charakter des Prius, der Normal-Modus ist ideal.
Spacige Optik, gereifter Innenraum
Das kantige Design des neuen Prius ist sicher das gelungenste aller Generationen. LED-Licht vorne und hinten, heftig gezackt. Etwas gewagt, aber man soll ja erkennen, dass das kein Auto wie jedes andere ist. Auch im Innenraum geht es modernistisch zu - und vor allem deutlich stimmiger und hochwertiger als bisher.
Die Armaturen befinden sich nach wie vor mittig unter der Windschutzscheibe, alles wird digital angezeigt. Vor allem die Energieflussanzeige gibt hier richtig was her. Das farbige Head-up-Display ist bei der besseren Ausstattung serienmäßig, allerdings ist nicht nachvollziehbar, warum es keine Navi-Hinweise anzeigt.
Missglückt sind die Türfächer, in die keine großen PET-Flaschen passen. Auch dass die Luftdüsen nicht regulierbar sind und es beim Fahren mit offenem Seitenfenster unerträglich wummert, müsste nicht sein. Dafür funktionieren die Fensterheber rundum one-touch-automatisch und schnell.
Man sitzt ungewöhnlich tief, sechs Zentimeter tiefer als im Prius III, sieht aber besser hinaus, weil die Frontscheibenkante neun Zentimeter tiefer liegt. Lediglich die langgezogene A-Säule stört bisweilen beim Blick in die Kurve. Hinten ist richtig viel Platz, auch im Kopfbereich.
Der Kofferraum fasst jetzt 501 Liter (also 56 Liter mehr), bzw. 1054/1633 bis Fensterkante/Dach, wenn man die geteilt umklappbaren Rücksitzlehnen flachlegt (es bleibt eine Kante).
The one and only für Taxifahrer?
Den Ruf als das Taxi schlechthin hat die Mercedes-E-Klasse mit Dieselmotor, jedoch sind schon jetzt unzählige Prius als Mietdroschken unterwegs. Man muss kein Prophet sein, wenn man eine Steigerung ihrer Zahl ankündigt. Bei reinem Stadtverkehr sticht nicht nur der Verbrauchsvorteil, sondern auch, dass es keinen Diesel-Partikelfilter gibt, der unter dieser Betriebsart leidet. Nicht zu vergessen der dank Rekuperation sehr geringe Bremsenverschleiß.
Unterm Strich
Dass ich einmal sagen würde, ein Prius hat mir Spaß gemacht, hätte ich nicht gedacht. Auch der Blick auf die Preisliste lässt keine grauen Haare wachsen: Zum Einstiegspreis von 29.990 Euro ist die Basis bereits deutlich besser ausgestattet als in der vorigen Generation, bis hin zum Adaptiv-Tempomaten samt Notbremsassistent. Um sich den Prius leisten zu können, braucht man also eines in der Regel nicht: einen Banküberfall.
Warum?
Warum nicht?
Keine Plug-in-Funktion (wird aber folgen)
Oder vielleicht …
… auf den Plug-in-Hybrid warten?
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