Wahrscheinlich war es leichter, den ersten MX-5 damals, 1990, auf den Markt zu bringen. Die Welt hatte auf ihn gewartet, ohne es zu wissen und ohne ihn an einem Vorgänger messen zu können. Plötzlich war da ein offener Zweisitzer mit Heckantrieb, einem lieben Kulleraugen-G'schau und purer Emotion, der direttissima die Herzen eroberte.
Nachdem die beiden Folgegenerationen an Größe und Gewicht zugelegt hatten, hat sich MX-5-Manager Yamamoto San alter Qualitäten besonnen und den Neuen gewaltig gestrafft. Unter anderem viel Aluminium sorgt dafür, dass der Wagen rund 100 kg leichter ist als sein Vorgänger (der Leichteste wiegt jetzt 975 kg, so leicht war seit Generation eins keiner mehr), außerdem hat er 2 cm weniger Radstand sowie 10 cm weniger Außenlänge und ist damit der kürzeste MX-5 überhaupt. Das Verdeck wird heute wie früher einfach nach hinten geworfen.
Liebes G'schau?
Lieb schauen ist abgeschafft, der neue Mazda MX-5 blickt richtig böse aus seinen schmalen LED-Scheinwerfern. Diese ermöglichen trotz des extrem kurzen Überhangs eine sehr flache Schnauze, die geradezu über den Asphalt zu schnüffeln scheint. Ein wenig übertrieben wirken die Citroen-DS3-artigen LED-Tagfahrlichter. Die A-Säule setzt ein Stück weiter hinten an als früher, was die Front verlängert und zu perfekten Proportionen beiträgt. Über die Schultern schwingt eine herrliche Linie nach hinten, die Designer Jo Stenuit hier nachzeichnet. Das Heck des Kleinen ist einerseits kraftvoll, andererseits zierlich, weil es oben sehr schmal gehalten ist und die Heckleuchten so weit wie gesetzlich erlaubt nach innen gezogen wurden. Das wirkt alles sehr modern, vermittelt einen Hauch Jaguar F-Type und konterkariert den klassischen Ansatz des MX-5.
Innen und außen verschmelzen
In den MX-5 steigt man nicht ein, man zieht ihn sich geradezu an. Ab einer gewissen Größe wünscht man sich dazu einen Schuhlöffel, vor allem auf der Beifahrerseite, wo einem die Konsole sehr weit entgegenkommt und eine Wölbung im Boden, unter der sich der Katalysator befindet, zusätzlich den Beinraum einschränkt. Hat man sich aber erst einmal auf die straffen Sitze gefaltet (optional Recaros), ist man mit dem Auto verbunden wie kaum woanders. Optisch entsteht diese Einheit dadurch, dass die breite, in Wagenfarbe lackierte Türoberkante direkt in die Wölbung des vorderen Kotflügels läuft und damit die Trennung zischen Interieur und Exterieur auflöst.
Überhaupt ist der Blick über Motorhaube und Kotflügel ein Genuss, der nur vom Blick zur Seite übertroffen wird, sobald man eine der Bestimmungen des kleinen Japaners erfüllt: Querfahren, vulgo Driften. Weder die schmale A-Säule noch der ausreichend tief angeordnete Außenspiegel schränken die Sicht nennenswert ein, doch in Wahrheit sind es seine Fahreigenschaften, die den Roadster seit je her zum Spaßgerät par excellence, ja sogar zum Sportwagen mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis aller Zeiten machen.
So muss sich ein kleiner Roadster fahren
Die Hand liegt wie selbstverständlich auf dem Schaltknauf des knackigen Sechsganggetriebes, durch zieht die Kulisse mit 40 mm kurzen Schaltwegen. Unglaublich gefühlsecht und direkt geht die elektrische Servolenkung zu Werke und macht den Mazda zum King kurviger Bergstraßen. Dazu trägt der weitere fünf Zentimeter nach hinten gewanderte und 13 mm tiefer platzierte Frontmittelmotor seinen Teil bei, der einerseits für eine ausgeglichene Gewichtsverteilung zwischen vorne und hinten sorgt, andererseits den Schwerpunkt weiter absenkt. Vor allem bei Nässe kann man in Kurven gerne mal das Heck raushängen lassen. Auch das ist relativ leicht beherrschbar (trotzdem muss man dabei natürlich wissen, was man tut). Das ESP schafft Sicherheit, ist mit einem kurzen Knopfdruck aber abschaltbar und überlässt den Fahrer dann komplett seinem Schicksal - bzw. dem puren Fahrspaß. Eine Zwischenstufe, wie sonst üblich, gibt es nicht.
Das Fahrwerk ist gewohnt prägnant, aber nicht unkomfortabel. In der Topversion ist ein Bilstein-Sportfahrwerk Serie.
Zwei Saugmotoren zur Wahl
Die Leistungsbandbreite des neuen Mazda MX-5 entspricht der des Vorgängers, allerdings ist die Einstiegsmaschine ein neuer 1,5-Liter-Vierzylinder. Den kennt man prinzipiell aus den frontgetriebenen Mazdas, im Roadster leistet er aber 131 PS, stemmt bis zu 150 Nm bei 4.800/min. und darf bis 7.500 Touren drehen. Weil dieses Modell mit 975 kg das Leichtgewicht der Baureihe ist, wird einem auch mit dem Basismotor nicht fad, was sich auch im sensationellen 100er-Sprintwert von 8,3 Sekunden ausdrückt. Normverbrauch: 6,0 l/100 km.
Der Zweilitermotor legt natürlich schon noch was drauf: 160 PS und 200 Nm merkt man deutlich, auch wenn das Fahrzeug eine Tonne wiegt. Im Sprint nimmt er dem Kleinen eine Sekunde ab und wer driften will, hat es hier naturgemäß zumindest etwas leichter. Vor allem auch, weil man den stärkeren MX-5 mit Differenzialsperre bekommt. Verbrauch: gut ein halber Liter mehr.
Unterm Strich
Auch der neue Mazda MX-5 ist so ein gelungenes, sympathisches Spaßpaket, dass man ihm manches verzeiht. Etwa dass das Lenkrad auch in Generation vier nicht längsverstellbar und damit grundsätzlich zu weit vom Fahrer entfernt ist. Überhaupt die Enge. Egal, dass es weder ein Handschuhfach noch Türablagefächer gibt, stattdessen zwei im Sitzen unerreichbare direkt hinter den Sitzen sowie ein erreichbares dazwischen. Uninteressant, dass der Kofferraum mit 130 Liter Fassungsvermögen kleiner ist als früher, immerhin gehen sich locker zwei Handgepäckskoffer plus ein bissl was aus. Auch dass das aufgesetzte Display des Infotainments so gar nicht zum puristischen Innenraum passen will, nehmen wir hin.
Dieser Roadster ist einfach echt und besinnt sich auf das Wesentliche. Zugeständnis an die Neuzeit sind akustischer Spuwechselwarner, Totwinkelassistent, Fernlichtassistent und dynamisches Kurvenlicht, ansonsten nichts von dem ganzen modernen Elektronik-Klimbim.
Bei 26.000 Euro beginnt die Preisliste, wer kann, sollte aber zumindest die nächsthöhere Ausstattungsversion ordern, damit in dem aufgesetzten Kastl im Innenraum ein Display und kein Radio mit Lautstärkeregler steckt. Der starke Motor kostet 1.800 Euro mehr, ist aber nur mit Topausstattung zu haben und deshalb mindestens 32.600 Euro teurer. "Teuer" hat hier allerdings eher die Bedeutung "lieb und teuer" - denn eigentlich ist das richtig preiswert.
Warum?
Warum nicht?
Oder vielleicht …
… Audi TT, Mini Cabrio/Roadster, BMW Z4
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