Ob das so ein gutes Omen ist, sei mal dahingestellt, denn die italienische Fiat-Tochter ist außerhalb des Stammlandes tot. Der SsangYong Tivoli soll dem Konzern hingegen durch seinen Auftritt im Boom-Segment zu neuem Leben verhelfen, nun, da nach bewegter Vergangenheit Mahindra die Mehrheit übernommen hat. Inder, die einen Autohersteller übernommen haben, da war doch was? Ja, zum Beispiel die Erfolgsgeschichte von Jaguar Land Rover mit Tata - aber da liegen dann doch Welten dazwischen.
Der Tivoli soll sich vor allem über den Preis verkaufen und das Billige merkt man ihm vor allem an, wenn man ihn fährt. Die völlig gefühllose Lenkung gehört sicherlich zu den schlechtesten am Markt überhaupt erhältlichen. Zwar ist sie dreistufig einstellbar (Comfort, Normal, Sport), allerdings bringt das nicht mehr Gefühl, sondern nur mehr synthetischen Widerstand, und zwar nicht nur beim Einlenken in die Kurve, sondern auch beim Geradeausstellen. Wenn jemand vor Ihnen in einem SsangYong Tivoli leichte Schlangenlinien fährt, liegt das wahrscheinlich nicht daran, dass er getrunken hat, sondern daran, dass er die Lenkung auf "Sport" gestellt hat.
Das Fahrwerk an sich geht in Ordnung, man will hier ja keine Rennen gewinnen. Es ist leidlich komfortabel, hohe Kurvengeschwindigkeiten werden mit frühem Untersteuern quittiert. Das manuelle Sechsganggetriebe ist etwas hakelig zu schalten und man hört und spürt jeden Schaltvorgang im Gebälk. Der Eindruck erinnert eher an einen Lieferwagen als an einen Pkw.
Mehr Freude bereitet hingegen der 115 PS starke Dieselmotor im Testwagen. Zwar ist er nicht der Leiseste seiner Zunft, aber mit 300 Nm ab 1.500/min. schiebt er ordentlich an - umso mehr, als die Gaskennlinie extrem steil ist. Leichtes Gasgeben wird also relativ kräftig in Vortrieb umgesetzt, weswegen der Tivoli eine Spur spritziger wirkt, als er ist. Lediglich das Anfahren braucht manchmal etwas Konzentration, weil man den Motor sonst gerne mal im Turboloch abwürgt. Positiv ist auch der Testverbrauch des frontgetriebenen 1,4-Tonners zu sehen: 5,5 l/100 km. Als Alternative ist ein ebenfalls zwei Liter großer 128-PS-Benziner erhältlich, ebenso ein elektronisch gesteuerter Allradantrieb sowie eine Sechsgangautomatik.
Das Platzangebot im Innenraum des 4,20 Meter langen Koreaners ist überzeugend, sowohl vorne als auch auf den Rücksitzen fühlen sich sogar groß gewachsene Menschen wohl, nicht zuletzt wegen 2,60 Meter Radstand. Dennoch findet der Fahrer in Ermangelung eines längsverstellbaren Lenkrads in der Regel keine ideale Sitzposition. Die Bedienung ist in ihrer Logik etwas gewöhnungsbedürftig, je nach Ausstattung ist aber alles Wesentliche da, was man braucht. Gegen Aufpreis gäbe es auch ein integriertes TomTom-Navi. Der 7-Zoll-Touchscreen gehört in dieser Klasse zum guten Ton. Die Materialien lassen keine Luxus-Emotionen aufkommen, aber das kann man in der Preisklasse auch nicht erwarten. Überraschend ist hingegen das satte Geräusch beim Zuschlagen der Türen. Lediglich wenn eine zweite Tür offen ist, klingt es ein wenig blechern.
Die Preisliste für den SsangYong Tivoli Diesel beginnt bei 17.500 Euro (Benziner 16.000 Euro), da sind sogar schon so essentielle Dinge wie Klimaanlage, Tempomat oder elektrische Fensterheber rundum enthalten, allerdings ist das Lenkrad erst ab der nächstbesseren Ausstattungsstufe ("Go") höhenverstellbar. Die mittlere Ausstattung "Be" stellt einen guten Kompromiss dar (da sind wir beim Diesel dann bei 22.500 Euro). Da mangelt es dann nur an Kleinigkeiten wie einer Fensterheberautomatik, aber die gibt es auch in der Topversion nur für die Fahrertür und das auch nur fürs Öffnen (da spart sich der Hersteller den Einklemmschutz). Für Verwöhnte sind sogar eine Lenkradheizung sowie eine Fahrersitzbelüftung erhältlich.
Unterm Strich
Der Tivoli ist der wohl schönste SsangYong, den ich je auf der Straße gesehen habe. Sein Äußeres polarisiert trotzdem, aber das ist sicher kein Fehler. Die große Schwäche des kessen Koreaners ist die Lenkung. Wer sich damit arrangieren kann, findet in der Preisliste viele Argumente für den Wagen mit dem großen Namen.
Warum?
Warum nicht?
Oder vielleicht …
… Dacia Duster, Opel Mokka, Skoda Yeti, Honda HR-V
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