Ja, der knuRRRRRt

VW Golf R: Kein Radkäppchen, aber böser Golf

Motor
03.11.2014 13:04
Es waren einmal Sportwagen, auch richtig sportliche Kompakte, sie waren einst räudige Räuber. Laut, hart, schnell. Heute erschaffen Ingenieure und Sounddesigner stattdessen perfekte Illusionen für höchste Erwartungen, sie erzählen benzindurchtränkte Märchen. Wie etwa das von Radkäppchen und dem bösen Golf.

Der böse Golf ist natürlich der VW Golf R, bis zum Erscheinen des R 400 das Schärfste, was der Wolfsburg je in Serie entsprungen ist. Böse ist er nicht nur wegen seiner kompromisslosen 300 PS, die er aus dem zwei Liter großen GTI-Vierzylinder presst, sondern weil er optisch das zarte Lamm mimt, in unschuldigem Weiß wie in einen perlmuttschimmernden Schafspelz gehüllt.

Großmutter, warum hast du so große Felgen?
Auf leisen Tatzen weit ausgreifend durchschneidet er den tief liegenden Nebel, haldexgesteuert verteilt er seine beeindruckende Kraft auf die vier in breiten Gummi gehüllten Pfoten, die sich in den feuchten Asphalt krallen, ohne ein Jota von der ihnen bestimmten Linie abzuweichen. Diese kann durchaus quer sein, denn das ESP lässt sich schärfen oder sogar ganz abschalten. Mit Gas und Progressivlenkung wird die Richtung bestimmt, mit der Fahrmodustaste der Charakter auf der Spanne zwischen Comfort und Race festgelegt.

Großmutter, warum hast du so große Auspuffrohre?
Im Inneren geht es weniger unauffällig zu. Im Race-Modus ist der Soundgenerator voll aktiv und bellt die schönsten, fein komponierten Klänge, die man zwar kennt und schätzt, aber eher anderen Motorkonzepten zuordnen würde. Folglich verfehlen sie ihre Wirkung nicht. Die Ohren sind gemeinhin unterschätzte erogene Zonen, und auch hier funktioniert der Lauscherangriff auf die Erregung. Zusätzlich erwächst erhöhter Pulsschlag aus dem Rücken, der beim Gastritt spontan in den Sportsitz gepresst wird. Antritt, Absprung, Gleitflug, Haken schlagen.

Großmutter, warum hast du so große Backen?
Jenseits des Race-Modus ist man in jeder Hinsicht unauffällig unterwegs. Das am Straßenrand aufgelesene Radkäppchen ahnt nicht, dass es sich im inneren eines bösen Golfs befindet. Nichts Wesentliches verrät den gespaltenen Charakter des heißen Wolfsburgers. Als ob er kein Wässerchen trüben könnte, gleitet er dahin, er braucht keine hohen Drehzahlen, um Kraft zu haben (380 Nm ab 1.800/min.). Nur am verspielt benummerten und dadurch schlecht abzulesenden Tacho schaut man immer schnell aus, 120 km/h liegen da, wo andere schon 200 fahren. Das Sechsgang-DSG schaltet sanft, die Seitenbacken umfangen den Körper fürsorglich. Relevant wird das, sobald sich der Wolfsburger richtig in die Kurve legt.

Dann kommt der andere Charakter durch. Der Golf wird wild, markiert schwarze Striche auf den Asphalt und geht auf die Jagd nach allem, was glaubt, schnell zu sein. 100 km/h sind in 4,9 Sekunden exekutiert. Die Drehzahlmessernadel tanzt ganz oben, darf sich aber nicht am Begrenzer verbeißen, denn das DSG schaltet auch im manuellen Modus selbsttätig rauf. In Kurven unterstützen der variable Allradantrieb und die XDS+-Differenzialsperre, die das kurveninnere Rad in vorausschauendem Gehorsam beim Einlenken sanft abbremst und so die Kurvenwilligkeit verbessert. Der VW Golf R ist fast schon gefährlich einfach zu fahren.

Großmutter, warum hast du so eine große Brieftasche?
Radkäppchen gibt es nur im Märchen, der Golf R läuft serienmäßig auf Alus (die auf den Fotos kosten aber extra). Eine Großmutter mit großer Brieftasche wäre aber hilfreich, wenn man sich auf den bösen Golf einlassen will. Der Viertürer mit DSG kostet nicht unter 48.280 Euro. Noch nicht eingerechnet sind Extras und ein hin und wieder fälliger Obulus, den der Jäger mit der roten Kelle am Straßenrand erhebt, während er ungläubig die Leuchtziffern auf seiner Laserpistole präsentiert. Dann fragt man ihn am besten ganz harmlos: "Großvater, warum machst du so große Augen?"

Warum?

  • Starke Motorcharakteristik
  • Voll alltagstauglich, ein echter Golf

Warum nicht?

  • Hat in seiner Perfektheit fast etwas Synthetisches

Oder vielleicht …

… Audi S3, Mercedes A45 AMG, BMW M135i, Subaru WRX STI, Seat Leon Cupra

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(Bild: KMM)



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