Dass das sogenannte Syria Strategic Communication Advisory Team in den kommenden Tage im belgischen Innenministerium die Arbeit aufnimmt, hat nichts mit der jüngsten Antiterror-Razzia in dem Land zu tun, bei der zwei Verdächtige getötet wurden. Das Vorhaben war auch schon lange vor den islamistischen Anschlägen in Paris geplant und sollte ursprünglich im vergangenen Jahr starten.
Die EU fördert das Pilotprojekt für eineinhalb Jahre mit einer Million Euro. Die Anfänge sind klein: Die Gruppe umfasst fünf bis sechs Kommunikationsexperten. Sie kommen aus Großbritannien, das schon jahrelange Erfahrung mit dieser Art von "Gegenpropaganda" hat.
Das Projekt werde "im Laufe dieses Monats" starten, erläutert eine Sprecherin des belgischen Innenministeriums. "Gegenpropaganda" solle "eine Antwort" auf die massive Präsenz von Extremisten im Internet bieten und die Radikalisierung von Muslimen über das Netz verhindern. Das Vorhaben sei dabei "komplementär zur Überwachung sozialer Medien durch die Sicherheitsdienste und die Polizei".
Beratungsangebot an EU-Staaten
Die Gruppe sei ein Beratungsangebot an die 28 EU-Mitgliedstaaten, das bei Bedarf wahrgenommen werden könne, sagt EU-Antiterror-Koordinator De Kerchove der Nachrichtenagentur AFP. Das Team solle Wege aufzeigen, "wie man leistungsfähiger bei der Gegenbotschaft sein kann". So könnten die Kommunikationsexperten Tipps geben, welche Art von Medien und Verbreitungsformen im Internet eingesetzt werden sollten, um etwa gezielt junge Menschen anzusprechen.
Als Beispiel nennt De Kerchove Interviews mit enttäuschten Kämpfern, die aus dem Bürgerkrieg in Syrien zurückkehren. Sie könnten ins Netz gestellt werden, um Sympathisanten von IS und anderen Extremistengruppen abzuschrecken. Ein weiterer Ansatzpunkt sei die Einbindung der Zivilgesellschaft und gemäßigter Muslime. Auch die Sprecherin des belgischen Innenministeriums verweist auf die "Hilfe ziviler Partner, insbesondere der islamischen Gemeinschaft" bei dem Vorhaben.
Traum von Hollywood
De Kerchove hält das Pilotprojekt aber bei Weitem nicht für ausreichend. Angesichts der Professionalität der IS-Propaganda brauche es "etwas Enormes", um gegenzuhalten, sagt der Belgier. "Ich würde mich gerne mit Hollywood und großen PR-Agenturen an einen Tisch setzen, um eine massive Kampagne zu machen." Dies habe er Gesprächspartnern im vergangenen Jahr bei einem Besuch in den USA vorgeschlagen.
Aber auch beim Aufspüren der Online-Propaganda von IS und Co. sieht die EU noch Handlungsbedarf. Zwar gebe es bei der Polizeibehörde Europol ein solches Programm, sagt ein ranghoher EU-Sicherheitsexperte. "Es ist aber etwas veraltet und bezieht sich auf das Web 1.0" - also auf die Überwachung traditioneller Internetseiten und nicht auch auf soziale Netzwerke. Für den EU-Vertreter ist es nun höchste Zeit, dass Europol die Mittel bekommt, um sich auch an das "Web 2.0" zu machen.
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