Wer heute ein Oberklasse-Smartphone sein Eigen nennen möchte, muss tief ins Geldbörsel greifen. Samsung und HTC liegen mit ihren aktuellen Top-Modellen ebenso wie Apple bei einem Preis von rund 700 Euro – für viele Handykäufer ist das zu teuer. Huawei versucht mit seinem P8, vergleichbare Power für 200 Euro weniger unters Volk zu bringen. Immer noch nicht günstig, aber zumindest eine Spur erschwinglicher.
Was das Smartphone des aufstrebenden chinesischen Herstellers für dieses Geld bietet, zeigt die Tabelle:
Huawei P8 | |
CPU | HiSilicon Kirin 930; 4 x 2 + 4 x 1,5 GHz |
RAM | 3 GB |
Diagonale | 5,2 Zoll |
Auflösung | 1.920 x 1.080 Pixel |
Speicher | 16 GB |
microSD-Slot | Bis 128 GB |
Hauptkamera | 13 Megapixel; Dual-LED-Blitz; Optische Bildstabilisierung; RGBW-Sensor; dezidierter Bildprozessor |
Frontkamera | 8 Megapixel |
Funk | LTE, N-WLAN, Bluetooth 4.1, NFC, GPS, GLONASS, BeiDou |
Maße | 145 x 72 x 6,4 Millimeter |
Akku | 2.680 mAh |
Extras | Alu-Gehäuse |
Software | Android 5 (EMUI) |
Preis | 500 Euro |
Der verbaute Chip der Huawei-Prozessortochter HiSilicon hinterließ im Test einen sehr vernünftigen Eindruck. Er reicht problemlos für ein flüssiges Android-Bedienerlebnis und öffnet Apps verzögerungsfrei. Selbst bei mehreren geöffneten Apps gibt sich das System keine Blöße, 3D-Games à la "Asphalt 8" oder "Beach Buggy Blitz" werden flüssig dargestellt.
Schwächer, aber auch kühler als Snapdragon 810
Für den Alltag reicht die Power des HiSilicon-Chips also problemlos, bei detaillierter Betrachtung muss er sich im direkten Vergleich mit aktuellen Konkurrenzchips aber knapp geschlagen geben. Im AnTuTu-Vergleichstest erzielt der Chip im P8 etwas geringere Ergebnisse als der Konkurrenzchip Qualcomm Snapdragon 810, der beispielsweise im HTC One M9 und im LG G Flex 2 verbaut wird. Dafür bleibt der HiSilicon-Chip unter Last aber auch etwas kühler.
Der CPU-Referenz Samsung Exynos 7, die im Galaxy S6 ihren Dienst verrichtet, unterliegt der Kirin 930 deutlich. Während der Samsung-Chip – auch dank des extraflotten RAMs, auf den er zugreift - im AnTuTu-Test Ergebnisse von bis zu 70.000 Punkten liefert, pendelt sich der Chip des P8 knapp unter 50.000 Punkten ein. Der Snapdragon 810 liefert knapp über 50.000 Punkte. Wohlgemerkt: Hierbei handelt es sich eher um Zahlenspielereien, in der Praxis liefern nämlich alle genannten Chips mehr als genug Leistung für den Alltag.
Gutes IPS-Display mit hoher Schärfe
Das Display des P8 hinterließ im Test einen guten Eindruck: Die hohe Auflösung trägt dafür Sorge, dass Text angenehm scharf dargestellt wird, Fotos und Videos wirken darauf detailreich. Die seitliche Ablesbarkeit ist gut, die Farbdarstellung natürlich, die Helligkeit reicht auch für den Außeneinsatz. Der Kontrast kann bauartbedingt zwar nicht mit AMOLED-Displays mithalten, generell ist die Darstellungsqualität aber sehr gut.
Lichtstarke Kamera mit vielen Finessen
Bei der – im Gegensatz zu vielen aktuellen Konkurrenzmodellen nicht aus dem Gehäuse hervorstehenden – Kamera des P8 haben sich Huaweis Ingenieure einiges einfallen lassen: Sie verfügt über optische Bildstabilisierung gegen Verwackler, ein spezieller RGBW-Bildsensor soll für kontrastreichere und rauschärmere Bilder bei schwierigen Lichtverhältnissen sorgen und ein dezidierter Bildprozessor soll eine natürliche Farbdarstellung gewährleisten.
Die optische Bildstabilisierung wirkt: Beim Testen produzierte das P8 so gut wie nie Verwackler, selbst unter schwierigen Lichtbedingungen. Die 13-Megapixel-Kamera liefert bei gutem Licht scharfe und detailreiche Fotos und Videos, im Zwielicht agiert sie rauscharm und lichtstark – wenngleich sie mit der aktuellen Referenzkamera im Android-Segment in Samsungs Galaxy S6 bei der Schlechtlicht-Performance trotzdem nicht ganz mithalten kann.
Das Fokussieren klappt recht flott, dauert aber ein bisschen länger als bei der Konkurrenz. Der Dual-LED-Blitz hat genug Power, damit auch bei Dunkelheit noch passable Fotos gelingen. Bei Selfies gibt sich das P8 dank seiner hochauflösenden Weitwinkel-Frontkamera ebenfalls keine Blöße und nimmt scharfe und detailreiche Bilder auf.
Übersichtliche Kamera-App mit vielen Extras
Die Kamera-App ist übersichtlich und reich an Funktionen. Sie bietet Spielereien wie einen Wimmerl-Entferner für Selfies, nützliche Features wie einen HDR-Modus und – erstmals in einem Smartphone – sogar eine Funktion, um "mit Licht zu malen" wie mit einer Spiegelreflexkamera. Das ermöglicht Bilder mit "seidigem" Wasser oder Autos, die Lichtspuren hinter sich herziehen.
In der Praxis ist das allerdings eher eine Spielerei: Für optimale Ergebnisse muss das Gerät lang ruhig gehalten werden, was mit bloßen Händen schwierig ist und eigentlich nach einem Stativ verlangt. Sei's drum: Alles in allem ist die Kamera des P8 gut genug, um die digitale Kompaktkamera weitgehend überflüssig zu machen, und ein mehr als tauglicher Hosentaschen-Knipser.
Solide Funkausstattung, erweiterbarer Speicher
Die Funkausstattung des P8 ist solide, offenbart bei genauerer Betrachtung allerdings eine kleine Schwäche. Dank LTE-Modem ist das Gerät – einen entsprechenden Tarif vorausgesetzt – draußen flott im Internet unterwegs, in den eigenen vier Wänden könnten sich Besitzer eines Gigabit-Routers allerdings darüber ärgern, dass das P8 "nur" nach 802.11n-Standard via WLAN funkt. Bluetooth ist hingegen in aktueller Variante an Bord, NFC steht zur raschen Kopplung mit Peripherie bereit.
Der 16 Gigabyte große interne Speicher kann dankenswerterweise mittels microSD-Karte um bis zu 128 Gigabyte erweitert werden – und zwar trotz des Metallgehäuses, das andere Hersteller immer wieder gerne als Gru der Speicherplatz dann auch problemlos für Musik-Junkies mit großen MP3-Sammlungen oder passionierte Smartphone-Filmer.
Nettes Extra: Der Speicherkarten-Slot kann statt einer microSD-Karte auch eine zweite SIM-Karte aufnehmen – allerdings nur im entsprechenden Dual-SIM-Modell des P8, das hierzulande erst im Sommer erscheint. Das Single-SIM-P8 kommt bereits Ende Mai.
Solides Metallgehäuse, dünner Displayrahmen
Das Gehäuse des P8 überzeugte im Test auf ganzer Linie. Das Gerät ist sauber verarbeitet, hat keine unerwünschten Spalten und gibt unter leichtem Druck nirgends nach. Das Alu-Gehäuse fühlt sich hochwertig an, Details wie der zwecks leichterem Erfühlen geriffelte Entsperrknopf tragen das ihre dazu bei. Die Rückseite ist nicht so anfällig für Fingerabdrücke wie jene von Konkurrenzgeräten, die auf Glas als Gehäusematerial setzen. Die an der Geräteunterkante angeordneten Lautsprecher sind ausreichend laut, können aber nicht mit Stereo-Frontlautsprechern wie im HTC One M9 oder im Google Nexus 6 mithalten und bei Nutzung im Querformat teilweise von der Hand des Users verdeckt werden.
Weil Huawei den Displayrahmen an der Vorderseite so schmal wie möglich gehalten hat, ist das Gerät trotz 5,2 Zoll Diagonale so kompakt, wie es ein Gerät mit dieser Diagonale sein kann. Die Gehäusekanten wurden so weit abgefräst, dass sie nicht unangenehm scharfkantig sind. Insgesamt kann man das Gerät mit einer durchschnittlich großen Männerhand problemlos halten, bei Nutzung der Bildschirmtastatur dürften die meisten Nutzer aber zwei Hände brauchen. Tipp: Wenn Sie unschlüssig sind, ob ein 5,2-Zoll-Smartphone das Richtige für Sie ist, nehmen Sie das Gerät vor dem Kauf unbedingt mal in die Hand. Geschmäcker sind bei Smartphone-Größen nämlich verschieden.
Akku reicht für einen Tag normale Nutzung
Der fix verbaute Akku mit einer Kapazität von 2.680 Milliamperestunden reichte im Test ohne Probleme für einen Tag normaler Nutzung aus, seine Leistung ist also konkurrenzfähig. Wer das Gerät sparsam nutzt, kann – bei Bedarf unter Zuhilfenahme des Ultra-Energiesparmodus – durchaus auch zwei Tage Betrieb herausschinden, die meisten Nutzer werden das P8 aber wohl ohnedies nachts Strom tanken lassen. Generell gilt beim P8 wie bei allen anderen aktuellen Smartphones: Tägliches Laden ist für Menschen Pflicht, die regen Gebrauch von ihrem Hosentaschencomputer machen.
Etwas gewöhnungsbedürftig: Android mit EMUI
Noch ein Wort zur Software des P8: Im Kern läuft auf dem Gerät Android 5, allerdings wurde das Google-Betriebssystem mit Huaweis hauseigener EMUI-Oberfläche versehen, wodurch sich das Nutzungserlebnis teilweise deutlich verändert. Besonders gewöhnungsbedürftig an der Huawei-Oberfläche ist unserer Ansicht nach der Verzicht auf eine App-Übersicht. Stattdessen liegen alle Apps auf den Homescreens, was bei vielen installierten Anwendungen unübersichtlich sein kann.
Ebenfalls ungewohnt: Die mitgelieferte Bildschirmtastatur, die mehr Tasten – etwa Umlaute – anbietet als die Tastaturen anderer Hersteller, wodurch die einzelnen Tasten kleiner und schwerer zu treffen sind. Freilich: Ordner, alternative Launcher und Dritthersteller-Tastatur-Apps schaffen hier Abhilfe, dramatisch ist die Sache also nicht.
Einige praktische Features bringt EMUI auch mit. Dazu zählen zum Beispiel die vielen hübschen Designs, mit denen sich das Gerät an die eigenen Wünsche anpassen lässt. Eine "App-Stromverbrauchs-Firewall" hat Huawei ebenfalls vorinstalliert. Sie soll verhindern, dass im Hintergrund ausgeführte Apps ungewollt den Akku leersaugen. Praktisch, aber für auf Privatsphäre bedachte User wohl nichts: Das P8 kann auf Wunsch permanent nach einem vordefinierten Sprachbefehl lauschen, den der Besitzer ruft, wenn er sein Handy verlegt hat. Hört es den Befehl, macht es sich bemerkbar. Und auch beim Bedienkonzept gibt's ungewöhnliche Herangehensweisen – etwa den neuen "Knöchel"-Touch, mit dem am P8 Inhalte rasch und unkompliziert geteilt werden können.
Fazit: Mit dem P8 hat Huawei ein hübsches und sauber verarbeitetes Oberklasse-Smartphone im Sortiment, das sich mit seiner flotten CPU, dem scharfen Display und der guten Kamera im Alltag der allermeisten Anwender keine Blöße gibt. Es kann zwar in manchen Punkten – etwa bei der WLAN-Ausstattung und der Autofokus-Geschwindigkeit – nicht ganz mit der etablierten Konkurrenz mithalten, schlägt sich aber nur unwesentlich schlechter und kostet gleichzeitig deutlich weniger. Freilich: Ein Schnäppchen ist bei einem Verkaufspreis von 500 Euro auch das Huawei P8 nicht.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.