"Es ist ein kühner Schritt in die Zukunft - ein Gewinn für die Mitarbeiter, die Aktionäre und die Kunden beider Unternehmen", erklärte Ballmer. Microsoft zahle rund 3,8 Milliarden Euro für das Geschäft mit Geräten und Diensten und gebe mehr als 1,6 Milliarden Euro für Patentlizenzen aus. Außerdem werde Microsoft auf Nokias Kartendienste zurückgreifen. Der Deal soll Anfang 2014 abgeschlossen werden, die Wettbewerbsbehörden müssen aber noch zustimmen.
Prestigeverlust für Finnlands Wirtschaft
Für die finnische Wirtschaft ist der Verkauf ein herber Prestigeverlust: Mit der Übernahme wird sich der Nokia-Umsatz in etwa halbieren. Vom einstigen Vorzeigekonzern bleiben nur noch das schwankungsanfällige Geschäft mit Netztechnik und die kleine Navigationssparte HERE.
Als Netzausrüster arbeitete Nokia sechs Jahre lang mit mäßigem Erfolg mit Siemens zusammen. Die Hälfte an der gemeinsamen Tochter NSN übernahmen die Finnen erst kürzlich. Das verbleibende Rumpfgeschäft leite Verwaltungsratschef Risto Siilasmaa, bis ein neuer CEO gefunden sei, hieß es. Als Kandidaten gelten bereits der amtierende NSN-Chef Rajevv Suri und der frühere SAP-Co-Chef Jim Hageman Snabe.
"Das Beste von Microsoft und Nokia vereint"
Ballmer und Elop schrieben in einem gemeinsamen Brief, mit dem Zusammengehen der beiden Unternehmen werde man das volle Potenzial des Windows-Ökosystems entfalten können. Es werde neue Telefone und Dienste geben, "die das Beste von Microsoft und das Beste von Nokia vereinen".
Ballmer hatte erst kürzlich nach über 13 Jahren an der Microsoft-Spitze seinen Rückzug binnen zwölf Monaten angekündigt, um Platz für einen langfristige Neuausrichtung zu machen. Das Unternehmen hatte zunächst keinen Nachfolger benannt. Elop gilt unter Branchenbeobachtern als einer der möglichen Kandidaten.
Partnerschaft bereits 2011 besiegelt
Über eine Nokia-Übernahme durch Microsoft war schon seit einiger Zeit spekuliert worden. Die Unternehmen waren bereits Anfang 2011 eine enge Partnerschaft eingegangen, als Nokia ankündigte, künftig bei seinen Smartphones auf Windows Phone zu setzen. Inzwischen gelten die Finnen mit ihren Lumia-Modellen als wichtigster Hersteller für Microsofts Mobil-Plattform.
Giganten machen Umbrüche zu schaffen
Mit der jetzigen Übernahme schließen sich zwei Giganten zusammen, denen massive Veränderungen in ihrem angestammten Geschäft zu schaffen machen. Der finnische Konzern war lange Zeit die dominierende Kraft im Handymarkt, verlor aber mit dem Vormarsch der Smartphones massiv an Boden.
Dank der starken Position bei günstigen Handys ist Nokia mit einem Marktanteil von 14 Prozent zwar immer noch der zweitgrößte Hersteller von Mobiltelefonen nach Samsung, der Marktanteil von Nokias Lumia-Modellen bei den lukrativen Smartphones liegt aber im niedrigen einstelligen Prozentbereich.
Auch Microsoft hat derzeit mit einem Wandel in seinem Kerngeschäft zu kämpfen. Das Betriebssystem Windows und die Bürosoftware Office sind immer noch die wichtigsten Geldbringer des Konzerns, inzwischen werden aber immer weniger PCs verkauft, weil die Nutzer lieber zu Smartphones und Tablets greifen.
Nun schlägt Microsoft offenbar einen ähnlichen Weg wie der Internetriese Google ein, der den kriselnden Handybauer Motorola übernahm, um mit der Konkurrenz Schritt zu halten, und versucht, mithilfe von Windows Phone und Nokia sowie seinen eigenen Surface-Tablets auf diesen Zug aufzuspringen, die Marktanteile steigen aber nur langsam.
Des einen Freud, des anderen Leid
Unter Börsianern sorgte der Schachzug des scheidenden Ballmer indes für gute Stimmung. "Das ist ein gewaltiges, aber notwendiges Wagnis für Microsoft. Nach Jahren der Fehlschläge mit Windows Mobile schwenkt der Konzern jetzt um und übernimmt die Kontrolle über die Software und die Hardware", sagte Analyst Geoff Blaber von CCS Insight. Diese Aktion werde das Geschäft von Microsoft dauerhaft verändern.
Bei den Stammkunden des US-Konzerns dürfte der Coup hingegen nicht gut ankommen. Computerhersteller wie Acer störten sich zuletzt daran, dass Microsoft mit seinen eigenen Tablets im angestammten Geschäft der Hardware-Ausrüster wildert, die traditionell große Mengen an Windows-Lizenzen für ihre Rechner kaufen.
"Microsoft sollte mit seinen strategischen Partnern zusammenarbeiten, nicht gegen sie", zürnte Acers Europachef Oliver Ahrens jüngst.
"Microsoft-Deal schmählich, aber unvermeidbar"
Der frühere Chef der Nokia-Handysparte, Anssi Vanjoki, bezeichnete die Übernahme als unvermeidliche Folge einer gescheiterten Unternehmensstrategie. Der Verkauf sei "schmählich, aber unvermeidbar gewesen", zitierte die Helsinkier Tageszeitung "Helsingin Sanomat" den Ex-Spitzenmanager. Die Strategie des finnischen Konzerns sei "vollkommen danebengegangen", so Vanjoki weiter. "Hoffen wir jetzt, dass die Kräfte von Microsoft reichen, weil bei Nokia haben sie nicht gereicht"
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